Bauerneinkommen trotz Anstiegs erst auf Niveau von 2000

Für Österreichs Bauern war 2022 ein gutes Jahr, die Gewinne der Betriebe sind durchschnittlich um ein Drittel gestiegen. Dazu haben auch zahlreiche Unterstützungszahlungen vonseiten des Staates beigetragen. Damit habe man aber inflationsbereinigt erst das Niveau des Jahres 2000 erreicht, betont Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP). Höhere Tierwohl-Standards seien ein wichtiges Ziel, aber „höhere Standards muss man am Markt erst verdienen.“

„Insgesamt sind es 269 Mio. Euro, die wir letztes Jahr als Unterstützung für die Landwirtschaft beschließen konnten“, sagte Totschnig im Gespräch mit der APA. Diese Unterstützungen für die Jahre 2022 und 2023 würden sich in die großen Pakete der ökosozialen Steuerreform einreihen.

Im Detail verwies der Minister u.a. auf die temporäre Agrardiesel-Rückvergütung im Ausmaß von 30 Mio. Euro für den Zeitraum Mai 2022 bis Juni 2023. Im Herbst wurde ein Stromkosten-Zuschuss für die Landwirtschaft mit einem Volumen von 120 Mio. Euro beschlossen . „Die erste Auszahlung kommt noch im ersten Halbjahr 2023, eine zweite Auszahlung soll es im zweiten Halbjahr geben“, sagte Totschnig.

Im Rahmen der Steuerreform wurde darüber hinaus beschlossen, die Pauschalierungsgrenzen von 400.000 auf 600.000 Euro Umsatz anzupassen. Für die kleineren Betriebe, die Direktvermarkter, wurde die Zuerwerbsgrenze von 40.000 auf 45.000 Euro angehoben. „Das waren wichtige Maßnahmen zur Unterstützung des Sektors.“

Auch die Verhandlungen über die gemeinsame Agrarpolitik seien sowohl national wie auf europäischer Ebene erfolgreich abgeschlossen worden. „Wir haben eine Agrarreform, die mehr Geld vorsieht für die nächste Periode.“ Das bringe mehr Planungssicherheit und mehr Geld für die Betriebe „und damit mehr Stabilität in der Produktion, das ist auch wichtig für die Versorgungssicherheit“.

Als Erfolg wertet Totschnig auch „die größte Novelle im Bereich des Tierschutzes seit Bestehen des Bundestierschutzgesetzes“, also seit 2005. Dazu gehöre das Auslaufen des Vollspaltenbodens und der permanenten Anbindehaltung.

Darüber hinaus gebe es bei den Tiertransporten ein Verbot des Verbringens von Schlachttieren in Drittländer. Auch das Budget für die Siedlungswasserwirtschaft sei aufgestockt worden.

Zur Herkunftskennzeichnung sei im Bereich der Gemeinschaftsverpflegung eine Verordnung noch vor Weihnachten in die Begutachtung gegangen, die man Anfang des Jahres abschließen werde, „auch ein wichtiger Meilenstein, der da gelungen ist“, so Totschnig. Im Dezember sei auch eine Novelle des AMA-Gesetzes beschlossen worden, durch die das Agrarmarketing-Beitragssystem auf neue Beine gestellt werde. „Beispielsweise ist es jetzt in Zukunft so, dass die gesamte landwirtschaftliche Nutzfläche im Beitragssystem erfasst ist und damit die gesamte Landwirtschaft unterstützt werden“. Mit all diesen Maßnahmen sei die Lebensmittelversorgung in Österreich gesichert.

Die Valorisierung der Familienleistungen wie Familienbeihilfe, Kinderabsetzbetrag und Mehrkindzuschlag seien zwar keine Hilfen speziell für die Landwirtschaft, aber 55 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe seien im Nebenerwerb tätig, „das ist auch für unsere Bauern ein wichtiges Thema gewesen“.

Während die Netto-Unternehmensgewinne in der Landwirtschaft in Europa um durchschnittlich 25 Prozent gestiegen seien, habe es in Österreich einen Zuwachs um 32 Prozent gegeben, sagte Totschnig. Diese höheren Gewinne seien auch auf höhere Output-Preise zurückzuführen, die um 22 Prozent gestiegen seien. Gleichzeitig seien aber auch die Produktionsmittel um 24 Prozent teurer geworden.

Das alles habe unterm Strich zu einem Anstieg der Unternehmensgewinne um etwa ein Drittel von 2 Mrd. auf 2,7 Mrd. Euro geführt. „Damit ist man inflationsbereinigt auf dem Niveau des Jahres 2000.“ Wir haben seit damals ein Drittel der Betriebe verloren. Nach einer Dekade der Stagnation in der Landwirtschaft gibt es jetzt erstmals wieder ein besseres Ergebnis.„

Die Steigerung der Bauerneinkommen verbucht Totschnig als Erfolg seiner Arbeit, als oberster Lobbyist der Bauern sieht er sich dennoch nicht. “Ich bin als Bundesminister für alle Österreicher verantwortlich und in meinem Wirkungsbereich natürlich für eine funktionierende Land- und Forstwirtschaft, die die Versorgung im Land sichert.„

Auch angesichts der Kritik an der Tierhaltung – unlängst wurden etwa skandalöse Zustände in einem steirischen Hühnermastbetrieb aufgedeckt, 50 Betriebe wurden 2022 vom AMA-Gütesiegelprogramm ausgeschlossen – sieht der Minister Österreich, was das Tierwohl betrifft, als “ein Land, das sich weltweit an der Spitze einordnet”, gemeinsam etwa mit Schweden oder Finnland. Dass die Abschaffung der Vollspaltenböden bei der Schweine- und Rinderhaltung erst bis zum Jahr 2039 abgeschlossen werden soll, begründet der Minister mit der notwendigen Planungssicherheit für Investitionen für Ställe. „Ab 1.1.2023 gilt bei allen Um- und Neubauten der neue Standard.“

Jährlichen würden 120 Mio. Euro zur Verfügung gestellt für Betriebe, die in einen höheren Tierwohl-Standard investieren. Zusätzlich stünden 80 Mio. Euro im Agrar-Umweltbereich zur Verfügung. „Höhere Standards muss man am Markt erst verdienen.“

Biologische Lebensmittel seien ein „Premium-Segment“, erklärte Totschnig. „Im Verkauf macht der Anteil von biologischen Lebensmitteln 10 Prozent aus.“ Neben der biologischen Landwirtschaft brauche man für die Lebensmittelversorgung auch eine konventionelle Landwirtschaft. „Nicht jeder kann sich biologische Lebensmittel leisten.“ Beispielsweise bei Schweinefleisch mache der Bio-Anteil nur 2 Prozent aus. „Wir bewegen uns in einem freien Markt. Wenn wir die Standards nur einseitig nach oben schrauben, dann werden einfach die Produkte importiert, die benötigt werden.“

Ein Großteil der Landwirtschaft in Österreich erfolge in benachteiligten Gebieten, so Totschnig. „Wir haben 1,4 Mio. Hektar Grünland, 1,3 Mio. Hektar Acker.“ Ziel sei es, bis zum Ende der GAP-Periode 2027 auf einen flächenmäßigen Bio-Anteil von 30 Prozent zu kommen und bis 2030 auf 35 Prozent.

Ein besonderes Anliegen ist Totschnig der Schutz der Almwirtschaft vor Wölfen. Der Schutzstatus des Wolfes müsse evaluiert werden. Dieses Anliegen werde im Agrarministerrat von 16 Ländern unterstützt. „Wir werden dieses Thema auch in den nächsten Monaten weiter verfolgen.“

Bis Mitte November seien in Österreich vor allem in alpinen Regionen und auf beweideten Almen heuer 731 Tiere von Wölfen gerissen worden, 2020 seien es rund 330 gewesen. Über die Höhe der finanziellen Schäden gebe es keine Statistik. Es gehe aber nicht nur um die Summen, die zunehmenden Wolfsrisse würden dazu führen, dass immer mehr Almbauern überlegen, gar nicht erst aufzutreiben. „Wenn da keine Lösung kommt, dann endet diese Art der Bewirtschaftung“.

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