BWB beantragt Geldbuße gegen Brau Union

Brau Union soll ihre Marktstellung missbraucht haben © APA/THEMENBILD/FOTOKERSCHI.AT/KERSCHBAUMMAYR

Die BWB verlangt die Verhängung einer „angemessenen Geldbuße“ gegen die Brau Union. Hintergrund sind von den Wettbewerbshütern festgestellte Verstöße gegen das Missbrauchs- und Kartellverbot, teilte die BWB am Dienstag mit. Die Brau Union sprach gegenüber der APA von einem „grundlegenden Missverständnis“ wonach sie laut BWB ihre marktbeherrschende Stellung missbrauchte, um den Markteintritt konkurrierender Firmen zu beschränken und bestehende Getränkehändler zu verdrängen.

Dem Antrag an das Kartellgericht auf Verhängung einer Geldbuße seien umfangreiche Ermittlungen vorausgegangen, die den Verdacht auf „eine Reihe von unzulässigen Verhaltensweisen“ erhärtet hätten. „Aus unserer Sicht ist hier ein Bündel von Maßnahmen gesetzt worden, das darauf abzielt, letztlich die konkurrierenden Bierhersteller zu beschränken und bestehende Getränkehändler vom Markt zu verdrängen, um die eigene Marktmacht auszubauen“, sagte die Chefin der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB), Natalie Harsdorf im ORF. Ab Oktober 2021 seien vermehrt anonyme Beschwerden über das Verhalten der Brau Union eingegangen, im April 2022 habe es eine Hausdurchsuchung in der Zentrale in Linz gegeben.

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Wie lange das Verfahren vor dem Kartellgericht dauern werde, lasse sich noch nicht abschätzen, so Harsdorf. Allein der Antrag der Wettbewerbshüter umfasse 260 Seiten plus 145 Beilagen. Das Kartellgericht kann Geldbußen in Höhe von bis zu 10 Prozent des Konzernumsatzes des Vorjahres verhängen. Die Brau-Union-Mutter Heineken haftet für die Geldbuße mit, ist aber ausdrücklich nicht von den Ermittlungen betroffen und hat auch keine Verstöße begangen, so die BWB. Maßstab für die Geldbußenbemessung ist der gesamte Konzernumsatz von Heineken, der zuletzt bei über 36 Mrd. Euro lag.

Konkret soll die Brau Union ihre marktbeherrschende Stellung ausgenutzt und Getränkeabnehmern gedroht haben, ihnen kein Bier mehr zu verkaufen, wenn sie nicht auch andere Getränke von der Brau Union beziehen. Darüber hinaus soll die Brau Union Abnehmer verpflichtet haben, keine Getränke anderer Wettbewerber im Sortiment zu führen oder den überwiegenden Teil des Sortiments über die Brau Union abzudecken. Auch soll es zu Markt- und Kundenaufteilungen gekommen sein, die aber teilweise bereits abgestellt wurden. Weiters wirft die BWB dem Konzern vor, wettbewerbssensible Daten ausgetauscht zu haben, um etwa den Markt und den Markteintritt von Konkurrenzunternehmen zu überwachen.

Die Brau Union sprach in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der APA von „Bedenken der BWB“ und einem „grundlegendes Missverständnis“. Stets habe man sich im April 2022 angestoßenen Verfahren „in höchstem Maße kooperativ gezeigt“, was man auch weiterhin sein werde – und umfangreich schriftlich Stellung gegenüber der Behörde bezogen. „Wir sind überrascht, dass uns noch andauernde Verletzungen vorgeworfen werden, da wir – trotz mehrfacher Anfragen – von der BWB keine konkreten Hinweise für unmittelbar notwendige Maßnahmen erhalten haben“, so die Brau Union. „Wir vertreten unter anderem den Standpunkt, dass den Bedenken der BWB ein grundlegendes Missverständnis hinsichtlich der Organisation der Zusammenarbeit mit unseren Distributions- und Logistikpartnern zugrunde liegt.“

Verbraucher hätten rund um die erhobenen Vorwürfe nicht draufgezahlt, geht weiters aus der Stellungnahme hervor. Die „Bedenken der BWB“ würden sich „nicht auf Themen, die Auswirkungen auf die Preisgestaltung“ der Brau Union für Endverbraucher oder Kundinnen und Kunden in der Hotellerie und Gastronomie beziehen: „Bei den Bedenken der BWB geht es um die Zusammenarbeit der Brau Union (…) mit ihren Distributions- und Logistikpartnern.“

Schon nach der Hausdurchsuchung im April 2022 hatte eine Unternehmenssprecherin zwar „schwerwiegende Vorwürfen“ eingeräumt – diese nehme man aber „gelassen“. Schon damals wollte man mit der BWB kooperieren, da man an einer schnellen Aufklärung interessiert sei.

Die Konkurrenz zeigte sich von den Vorwürfen gegen das größte österreichische Brauereiunternehmen wenig überrascht. „Man hat es schon immer von Brauereiseite, gerade bei kleineren gehört, dass dieses Ungleichgewicht schon dazu führt, dass man den Eindruck hatte, da einen fast übermächtigen Wettbewerber zu haben“, sagte Hubert Stöhr, Obmann des Verbands der Privatbrauereien, im Ö1-Radio.

Kartellrechtsexpertin Victoria Robertson von der Wirtschaftsuniversität Wien sprach auf Ö1 von einem außergewöhnlichen Fall. So habe es sich um die erste Hausdurchsuchung der BWB wegen Marktmachtmissbrauchs gehandelt, auch die Häufung der vorgeworfenen Kartellrechtsverstöße sowie der 260 Seiten umfassende Antrag der BWB seien außergewöhnlich, so die Expertin. Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung wirke sich nicht nur negativ auf den Wettbewerb, sondern auch auf die Konsumentinnen und Konsumenten aus, erklärte Robertson. Er führe zu weniger Innovation, weniger Auswahl und höheren Preisen.

In der Vergangenheit hatte es immer wieder Kritik an der Marktmacht der Brau Union gegeben, vor allem von den konkurrierenden unabhängigen österreichischen Brauereien, etwa Stiegl und Ottakringer. Durch die Preisschlacht in der Corona-Pandemie ist der Marktanteil der Brau Union von zuvor rund 50 Prozent weiter gestiegen. Der österreichische Marktführer vereint laut eigenen Angaben vierzehn größere Biermarken mit über 100 Sorten unter seinem Dach. Dazu gehören etwa Gösser, Puntigamer, Zipfer, Villacher und Schladminger.

Die Brau Union war 1998 durch die Fusion von Österreichische Brau AG und Steirerbrau entstanden. Seit 2003 gehört das Unternehmen mit 2.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu Heineken, dem zweitgrößten Bierkonzern der Welt. Laut dem „WirtschaftsCompass“ erzielte die Brau Union 2022 einen Umsatz von 850,6 Mio. Euro.

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