Berglandmilch-Chef über eine alternativlose EU, die Mitarbeitersuche und Bürokratie

Josef Braunshofer ist überzeugt: „Wir finden die Mitarbeiter, die wir brauchen“ - Forderung nach mehr Englischunterricht in den Schulen

Berglandmilch-Geschäftsführer Josef Braunshofer: „Wir versuchen die Mitarbeiter so einzusetzen, dass sie bei der täglichen Arbeit Freude haben.“
Berglandmilch-Geschäftsführer Josef Braunshofer: „Wir versuchen die Mitarbeiter so einzusetzen, dass sie bei der täglichen Arbeit Freude haben.“ © Berglandmilch

Am Standort in Aschbach wird gerade gebaut. Was entsteht hier?

Wir vergrößern unseren Molkereimarkt. Auch, damit wir sehen wie unsere Produkte in Verkaufsregalen wirken. Das ist für uns sehr wichtig und immer interessant zu sehen, wie wir auch hier immer dazulernen können. Darüber hinaus entsteht hier ein großer Veranstaltungssaal, da wir hier auch sehr viele Besuchergruppen haben. Darüber hinaus entstehen hier auch eine Schauküche sowie Büroräumlichkeiten für gut 30 Mitarbeiter.

Wie lange ist die Bauzeit und wie hoch ist das Investitionsvolumen?

Wir haben vor gut einem halben Jahr mit dem Bau angefangen und sind in etwas weniger als einem halben Jahr fertig. Die Bauzeit beträgt also ein Jahr. Das Investitionsvolumen beträgt gut fünf Millionen Euro. Die wirklichen Investitionen tätigen wir bei den Werken. Die sind beträchtlich höher und betreffen die Produktion.

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Wo zum Beispiel dieses Jahr?

In Feldkirchen verdoppeln wir die Mozzarella-Kapazität. Das ist mit Ende März abgeschlossen. Darüber hinaus wird das Werk Geinberg sehr stark ausgebaut. Denn wir merken, dass es bei Käseprodukten Potenzial gibt. In Geinberg investieren wir in den kommenden zwei Jahren zwischen fünf und zehn Millionen Jahren. Wir denken mittlerweile in Zweijahres-Perioden, weil die Lieferzeiten für Maschinen deutlich länger sind als früher.

Warum ist das in Bezug auf die Lieferzeiten so? Das hängt wohl mit Corona und dem Ukrainekrieg zusammen.

Ja, diese Entwicklung gibt es seit ein paar Jahren. Das hat beispielsweise mit Verfügbarkeiten von elektronischen Bauteilen zu tun. Oder auch mit Kabelbäumen – das hat man eh in den Medien mitbekommen – die in der Ukraine gefertigt wurden. Das heißt für uns, andere Planungshorizonte zu haben. Man muss langfristiger planen, etwa bei der Entwicklung von neuen Produkten. Mit dem müssen wir leben.

Bei Käse gibt es Potenzial, sagen sie. Warum?

Ich glaube, dass Käse künftig bei der Ernährungsversorgung eine bedeutendere Rolle spielen wird. Käse bedeutet höchstwertiges Protein und der Fleischkonsum wird künftig nicht mehr die große Rolle spielen wie zuvor. Wir werden daher in dem Segment Convenience-Produkte forcieren. Beispielsweise Käsescheiben, Käsestücke oder geriebener Käse. Wir merken, dass das von den Kunden nachgefragt wird.

Auf welchen Märkten?

Generell fokussieren wir auf Österreich, darüber hinaus – in der Reihenfolge – auf Deutschland, Italien, Griechenland und Spanien. Wir sehen aber auch schönes Wachstum in Südamerika und können auch in China reüssieren, wo der Käsekonsum noch deutlich niedriger als bei uns ist. Allerdings: Wenn sich dort beim Konsum bei einer Kommastelle etwas nach oben bewegt, merkt das die ganze Welt.

Und was ist, wenn China über Handelsbeschränkungen nachdenkt und Sie dorthin nicht mehr exportieren können?

Das würde uns nicht in unseren Grundfesten erschüttern. China ist ein interessanter Markt, aber macht bei uns bis dato nur einen kleinen Teil des Umsatzes aus.

Es ist aber alles eine Frage der Wachstumsstrategie.

Natürlich. Ich will China auch keineswegs kleinreden. Es ist ein interessanter Markt für uns, den wir uns anschauen, wo wir versuchen, präsent zu sein. Aber es ist nicht existenzbedrohend. Unser Fokus liegt in Europa. Diese Märkte können wir mit unseren Produkten sehr gut bedienen und auf diesen Märkten können wir auch mit unseren Standards punkten.

Inwieweit?

Wir merken, dass wir mit unseren höchsten Standards bei Tierhaltung, Tierwohl und Tierfütterung punkten können. Es gibt kein Land in Europa, die bei der Fütterung von Kühen so strenge Vorgaben hat, wie Österreich. Unsere Bauern füttern gesamt gentechnikfrei und verfüttern keine Futtermittel aus Übersee. Nicht nur das Lebensmittel – also die Milch – ist heimisch, sondern sogar das Lebensmittel für unsere Kühe ist heimisch. Also: Wenn man Schärdinger oder Stainzer kauft, dann liefern wir ein zu hundert Prozent heimisches Lebensmittel.

Wie viele Produkte hat die Berglandmilch im Portfolio?

Rund tausend Einzelprodukte. Wir bringen jedes Jahr rund 50 Produkte auf den Markt, nehmen aber auch rund 50 wieder heraus. Wir schauen generell immer ein wenig nach links und ein wenig nach rechts, konzentrieren uns aber auf unsere Stärken.

Ein Schwenk in Richtung Arbeitsmarkt. Die Berglandmilch wirbt, beispielsweise in ihren Foldern, mit zahlreichen Incentives für Mitarbeiter. Beispielsweise Zuschuss für Lehrlinge für ein Smartphone, Gratisprodukte, E-Ladestationen, Weiterbildungsmöglichkeiten oder einen „Bring-a-friend“-Prämie. Anders geht es wohl nicht mehr, bei der Suche nach Arbeitskräften, oder?

Genauso ist es. Das ist der neue Standard. Punkt.

Und wie ist der Erfolg diesbezüglich?

Die Berglandmilch hat mit allen Tochtergesellschaften rund 1.600 Mitarbeiter. Wir suchen also ständig neue Leute, weil sich natürlich immer etwas tut. Mein Befund ist: Es war schon schwieriger, Mitarbeiter zu finden. Vielleicht suchen wir ab und zu ein wenig länger, aber wir finden sie. Und: Wir versuchen sie dann so einzusetzen, dass sie bei der täglichen Arbeit Freude haben. Denn wenn jemand Freude an der Arbeit hat, dann wechselt er nicht. Ein Incentive hilft vielleicht anfangs. Im täglichen Geschäft zählt vielmehr, dass das Umfeld passt.

Wann passt das Umfeld?

Wenn man als Mitarbeiter vernünftig gefordert wird. Wenn die Wertschätzung stimmt und wenn man in der Arbeit etwas Sinnstiftendes sieht. Da hilft uns unsere Branche, denn wir sind in der Lebensmittelproduktion tätig. Unsere Produkte sind gesund, schmecken gut und wir entwickeln ja ständig auch neue Produkte. Das zeigt auch, wie innovativ die Lebensmittelbranche an sich ist. Das sieht man übrigens auch an der Bezeichnung: Wer den klassischen Beruf in einer Molkerei erlernt, ist ein Milchtechnologe.

Wie hieß der Job früher?

Molker und Käser. Da merkt man, wie sich die Dinge in der Branche weiterentwickelt haben. Und eines muss ich auch sagen: Ich halte das österreichische System der dualen Ausbildung in Betrieb und Berufsschule für perfekt. Mit einer Ergänzung.

Welcher?

Wir brauchen einen viel stärkeren Fokus auf Englisch.

Das sagen Sie nicht das erste Mal.

Ja. Das wiederhole ich seit Jahren. Englisch ist die Fremdsprache schlechthin und müsste noch viel mehr an allen Schulen unterrichtet werden. Da sind uns andere Länder deutlich voraus.

Wenn wir schon bei Wünschen an die Politik sind. Welche haben Sie noch?

Hier braucht es eine deutliche Kraftanstrengung für weniger Bürokratie. Das ist vielleicht hauptsächlich in Richtung der EU gerichtet. Die Vorschriften sind überbordend, weil uns zu viele Vorschriften in der internationalen Wettbewerbsfähigkeit schwächen. Wir haben jetzt die Grenze an Regelungen erreicht, das spiegeln auch die Bauernproteste ein wenig wider. Die Landwirte wollen nicht vor dem Computer am Schreibtisch sitzen, Formulare ausfüllen, sondern auf den Feldern stehen oder bei den Tieren im Stall. Was ich aber auch ganz klar sage: Es gibt keine Alternative zur EU.

Interview: Oliver Koch

Info zu Berglandmilch

Der Umsatz der Berglandmilch lag im Jahr 2023 bei rund 1,2 Milliarden Euro Umsatz und damit auf dem Niveau von 2022. 1,3 Milliarden Liter Milch lieferten die Bauern im Vorjahr an. Der Gewinn war anno 2023 annähernd auf dem Jahr 2022 bei rund fünf Millionen Euro. Das Investitionsvolumen liegt üblicherweise zwischen 40 und 50 Millionen Euro. Bekannte Marken sind Schärdinger, Stainzer und Tirol Milch. Das Unternehmen ist eine eingetragene Genossenschaft mit rund 8.600 Genossenschaftern.

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