
Die lang angekündigte Reform der Arbeitslosenversicherung lässt zumindest bis in den Herbst auf sich warten. ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher zeigte sich gestern, als er die Verzögerung bekanntgab, immerhin zuversichtlich, dass es „uns gemeinsam mit dem Koalitionspartner nach dem Sommer gelingen wird, einen Gesetzesentwurf vorzulegen“. Auch von Grüner Seite hält man eine Einigung für möglich, „aber es braucht noch Zeit, zu verhandeln“, sagt einer ihrer Verhandler.
Die Parteien sind bei dem Thema ideologisch – sozialpolitisch – weit auseinander. Die Ansagen im Regierungsprogramm sind jedenfalls vage: „Weiterentwicklung des Arbeitslosengeldes mit Anreizen, damit arbeitslose Menschen wieder schneller ins Erwerbsleben zurückkehren können“, steht dort geschrieben. Und: „Überprüfung und Überarbeitung der Instrumente im Hinblick auf Effizienz, Beschäftigungsanreize und Reintegration in nachhaltige Beschäftigung.“
Die Grüne Rechnung: Wenn die Menschen in der Arbeitslosigkeit mehr zielgerichtete Qualifikationen erwerben, dann gelangen sie in bessere Jobs, in denen sie länger tätig – also nachhaltig beschäftigt sind. Das würde schlussendlich das ganze System entlasten, so Vertreter der kleinen Regierungspartei. Das momentane Modell wollen sie „nicht krank reden, aber die soziale Absicherung bei Langzeitarbeitslosigkeit und eine nachhaltige zielgerichtete Qualifizierung fehlen“, wie ein Grüner Verhandler am Mittwoch gegenüber der APA sagte. Offiziell äußern wollte man sich nicht. Grundsätzlich gehe es der kleinen Regierungspartei um Armutsbekämpfung und eine bessere soziale Absicherung.
Zwar ist eine Indizierung der Sozialleistungen im jüngsten Teuerungspaket angekündigt worden. Doch für den Bereich Notstandhilfe ist das nicht umgesetzt. „Das hätten wir natürlich auch gerne“, sagte der Grüne. Jene, die länger arbeitslos sind, verlieren ob der galoppierenden Inflation derzeit besonders.
Die Grünen sind auch für ein höheres Arbeitslosengeld. Hier ist die ÖVP kritisch, da sie sich sorgt, dass es zu wenig Anreiz geben könnte, (wieder) arbeiten zu gehen. Freunde eines degressiven Modells sind die Grünen eher nicht. Bei der Neugestaltung des Arbeitslosengeldes gibt es bisher keine Annäherung, war zu vernehmen.
Aber: „Es gibt auch Punkte, in denen man sich annähern kann“, sagte der Grüne heute. Beispiel ist die Bekämpfung des Facharbeitermangels – wo wieder der Grüne Wunsch nach mehr Qualifikation hineinspielt. Gleichzeitig ächzen auch die Unternehmen unter dem Mangel – und deren Vertreter gehören zur ÖVP-Kernklientel.