Gegen Aufweichung von EU-Schuldenregeln

Vor den in Kürze erwarteten Gesetzgebungsvorschlägen der EU-Kommission zur Reform der europäischen Schuldenregeln warnt der deutsche Finanzminister Christian Lindner erneut vor einer Aufweichung der Vorgaben. Solide Staatsfinanzen seien die Voraussetzung, um wieder mehr Wirtschaftswachstum in der EU hinzubekommen, schrieb der FDP-Vorsitzende in einem am Dienstag veröffentlichten Gastbeitrag für die „Financial Times“.

„Wir müssen sicherstellen, dass wir finanzielle Puffer für mögliche Krisen in der Zukunft haben“, sagte der FDP-Chef. In der Corona-Pandemie und wegen der Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine sind die Schulden weltweit sprunghaft gestiegen. Die bisherigen Vorgaben wirken deswegen für viele EU-Staaten nicht mehr zeitgemäß und kaum zu erreichen.

Die europäischen Finanzminister hatten sich deswegen zuletzt auf ein Grundgerüst für eine Reform verständigt. Wie von der EU-Kommission vorgeschlagen soll stärker auf die einzelnen Bedürfnisse der Mitgliedsstaaten eingegangen werden. Der Abbau von Schulden soll zudem mit Reformen und Investitionen verknüpft werden. In dieser Woche werden dazu Legislativvorschläge der Brüsseler Behörde erwartet, die im Jahresverlauf umgesetzt werden könnten.

Lindner betonte, es brauche klare Regeln. Auch die Durchsetzung der Regeln sei entscheidend, es dürfe kein Papiertiger werden. In der Vergangenheit gab es immer wieder Verstöße, ohne dass dies spürbare Konsequenzen hatte. Deutschland werde sich die Vorschläge der Kommission genau anschauen, ob sie Fortschritte bedeuteten. Gelinge dies nicht, seien Änderungen nicht ratsam.

Lindner bekräftigte, dass es gleiche Regeln für alle EU-Mitglieder brauche. Die bisherigen Obergrenzen von drei Prozent beim Budgetdefizit im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung und 60 Prozent beim Gesamtschuldenstand sollten nicht abgeschafft werden. Noch habe die Kommission keine genauen Vorgaben zur Reduzierung vorgelegt, wenn die Grenzen überschritten würden. Lindner hält auch die Schuldentragfähigkeitsanalysen, die in den Plänen der Kommission eine wichtige Rolle zum Aushandeln individueller Abbauziele spielen, für nicht optimal. Sie seien stark geprägt von Annahmen, die sich schnell ändern könnten. Am Ende gebe es dann zu starke politische Verhandlungen darüber.

Im Umfeld des Finanzministeriums in Berlin hieß es, Deutschland sei gesprächsbereit bei den Reformplänen. Es werde eine gewisse Individualisierung der Fälle akzeptiert, außerdem stünden die bisherigen Abbauvorgaben nicht mehr zur Debatte, weil diese einige Länder hätten überfordern können. Die Schuldenstände müssten aber verlässlich sinken. Deutschland will deswegen numerische Ausgabenziele festlegen. Im Notfall sollen Vorgaben greifen, wenn die Schuldenstände trotz Ausgabenzielen nicht sinken.

Zum Lager der Staaten, die sich gegen eine zu große Aufweichung der Schuldenregeln stemmen, wird auch Österreich gezählt. So sagte Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) im März, es sei wichtig, die beiden Maastricht-Kriterien von drei bzw. 60 Prozent des BIP „als Ziel, als Anker“ zu erhalten. Es brauche nachhaltige Budgetpfade und eine Reduktion der Schulden, „nicht als Selbstzweck, sondern um Spielraum zu schaffen für zukünftige Krisen, um gewappnet zu sein und schneller reagieren zu können“.

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