Gewerkschaft fordert leichteren Zugang zur Kurzarbeit

Großflächig ausgerollt wurde die Kurzarbeit in der Corona-Krise © APA/BARBARA GINDL

Die Gewerkschaft GPA pocht angesichts der schwierigen Wirtschaftslage auf einen leichteren Zugang zur Kurzarbeit in Österreich. „Man muss darüber nachdenken, wie man die Betriebe und die Beschäftigungsverhältnisse über diese Krise retten kann und da ist Kurzarbeit sicher ein Instrument“, sagte GPA-Bundesgeschäftsführer Karl Dürtscher am Mittwoch im Ö1-„Morgenjournal“. Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) sieht in der aktuellen Situation keinen Anlass für eine Änderung.

Vor allem in der Industrie sei eine Lockerung wegen der steigenden Arbeitslosigkeit dringend vonnöten, so Dürtscher. In Österreich wurde das Instrument zuletzt in der Corona-Krise großflächig ausgerollt, seit Herbst 2023 gelten mit einer Vereinbarung der Sozialpartner im Wesentlichen wieder die strengeren Bestimmungen von vor der Pandemie.

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Anders ist die Lage in Deutschland, wo die wirtschaftliche Situation zwar ebenso schwierig, der Zugang zur Kurzarbeit aber wesentlich offener ist. Dort nutzten im August 14,3 Prozent der Industriebetriebe das Instrument, wie jüngst aus einer Umfrage des Münchner Ifo-Instituts hervorging. Was es in Österreich laut Regierung aber ab heute geben wird: Eine Katastrophen-Kurzarbeit für Unternehmen, die wegen der jüngsten Unwetter von einer längeren Betriebsschließung betroffen sind.

Zur Frage einer Lockerung der Kurzarbeitsregeln aufgrund der Rezession verwies das Wirtschaftsministerium gegenüber der APA auf rezente Aussagen von Kocher, wonach für die breite Nutzung des Instruments momentan keine Veranlassung bestehe. Er sei sich der schwierigen Situation in vielen Branchen zwar bewusst, bei einer Ausweitung der Kurzarbeit bestehe aber die Gefahr, dass Mitarbeiter dort gebunden würden, wo die Auftragslage dünn sei. Diese würden dann möglicherweise suchenden Unternehmen mit volleren Auftragsbüchern nicht zur Verfügung stehen. Die Kurzarbeit sei außerdem ein Instrument für „unvorhergesehene, aber zeitlich absehbare Einbrüche bei Lieferungen oder Lieferwegen“, argumentierte er am vergangenen Freitag bei einer Pressekonferenz.

Auch das Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo kann der Idee der Gewerkschaft wenig abgewinnen. „Jetzt haben wir in vielen Bereichen der Wirtschaft strukturelle Probleme (…). Bei nachhaltigen Strukturproblemen ist die Kurzarbeit nicht das richtige Instrument“, sagte Wifo-Chef Gabriel Felbermayr im ORF-Radio.

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Die Wirtschaftskammer (WKÖ) hielt sich zum Vorschlag der Gewerkschaft bedeckt, signalisierte allerdings keine eindeutige Ablehnung. „Um nicht gegenüber dem Haupthandelspartner – aber auch Hauptkonkurrenten – Deutschland ins Hintertreffen zu geraten, müssen die heimischen Betriebe unterstützt werden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass dauerhaft Arbeitsplätze und Wirtschaftsstrukturen verloren gehen. Dafür braucht es praxistaugliche Lösungen, die durch die zuständigen Stellen ermöglicht werden, um Arbeitsplätze abzusichern“, hieß es aus der WKÖ gegenüber der APA.

Schon seit längerem befindet sich die österreichische Wirtschaft auf Talfahrt. Folgt man jüngsten Prognosen, wird die Flaute auch heuer andauern. Jüngst korrigierte die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) ihren Ausblick drastisch nach unten. Waren die Ökonomen der Nationalbank zuletzt noch von einem 0,3-prozentigen BIP-Plus für 2024 ausgegangen, rechnen sie nun mit einem Minus von 0,7 Prozent. Für 2025 senkten sie die Erwartung von plus 1,8 Prozent um 0,8 Prozentpunkte auf 1,0 Prozent.