Hypo-OÖ-Chef Klaus Kumpfmüller: „Vier Prozent nicht abnormal“

Klaus Kumpfmüller, Vorstandsvorsitzender der Hypo Oberösterreich, rechnet mit Zinssenkungen ab diesem Sommer

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Wie wichtig ist in Zeiten von Electronic Banking das Filialgeschäft?

Wichtig ist mir vor allem, dass wir unseren Kundinnen und Kunden den persönlichen Kontakt in der Filiale anbieten, wenn es ein Anliegen oder Problem gibt, das elektronisch nicht gelöst werden kann. Wir merken, dass wir viele Kunden in den vergangenen Monaten lukriert haben, weil andere Banken diese persönliche Beratung nicht mehr zur Verfügung stellen. Bei uns hat jeder Kunde einen zugewiesenen Berater und kann mit diesem auf vielfältige Art und Weise in Kontakt treten.

Das heißt, das eine schließt das andere nicht aus.

Genauso ist es. Wir haben rund 40.000 Privatkunden und wir sind mit unserem Filialnetz und unserem Vertrieb so aufgestellt, dass wir alle unsere Kunden sowohl analog als auch digital sehr gut beraten können.

Das Filialnetz wird also nicht angetastet.

Wir haben elf Filialen mit insgesamt rund hundert Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Zehn in Oberösterreich und eine in Wien. Das funktioniert sehr gut so.

Kommen wir zum Thema Zinsen. Wann werden die Zinsen wieder sinken?

Was wir ab Mitte 2022 erlebt haben, war ein Schock. Einen solch raschen Anstieg in der Dimension hat es seit dem Zweiten Weltkrieg nicht gegeben. Das hat auch zu Ungleichgewichten und Problemen geführt. Aber das Zinsniveau von vier oder viereinhalb Prozent ist prinzipiell nicht abnormal. Das hatten wir davor auch schon.

Aber zuvor gab es jahrelang null Prozent beziehungsweise für Banken negative Zinssätze.

Genau. Es haben dadurch auch viele Menschen verlernt, mit dem Thema Zinsen umzugehen oder Risiken einzuschätzen. Unsere Einschätzung ist, dass wir ab Sommer mit den ersten Zinsschritten nach unten rechnen müssen oder dürfen. Je nachdem, wie man es sieht.

Müssen oder dürfen?

Für die volkswirtschaftliche Entwicklung ist es wichtig, dass die Zinsen wieder sinken. Wobei die wirtschaftliche Unsicherheit ja nicht nur von den Zinsen herrührt. Wir hatten ja hohe Inflationsraten und die Nachwirkungen der jahrelangen Nullzins-Politik war ja auch, dass gewisse Asset-Kategorien – etwa Immobilien – zu hoch bewertet waren. Da ist einiges aus dem Gleichgewicht geraten. Jetzt ist aber die Phase, dass diese Dinge wieder ins Lot kommen.

Rechnen Sie damit, dass es in der Bau- und Immobilienbranche noch viele Konkurse geben wird?

Einigen Immobilienentwicklern wird meines Erachtens schon die Luft ausgehen. Das ist aber deswegen kein Krisenszenario, sondern eine normale Entwicklung in der Wirtschaft.

Wie stark werden die Zinsen sinken?

Wir rechnen mit 75 Basispunkten, die es heuer mit dem EZB-Leitzins nach unten gehen wird. Mir ist in der Angelegenheit aber noch etwas sehr wichtig.

Was?

Der Vorwurf, dass die Banken Zinssteigerungen bei Einlagen nur zögerlich weitergeben, ist so nicht richtig. Wir als Hypo OÖ sind beispielsweise im Vorjahr proaktiv auf unsere Kunden zugegangen und haben aufgezeigt, wie sie ihre Ersparnisse zu besseren Konditionen anlegen können. Da konnten wir übrigens auch viele neue Kunden gewinnen. Das ist auch in unserem Sinne in Hinsicht auf langfristige, vertrauensvolle Kundenbeziehungen.

Die hohe Inflation war in Österreich stärker ausgeprägt als in anderen Ländern. Warum?

Hier wurde bei den Maßnahmen zur Abfederung der Teuerung – wohlgemerkt, nicht gegen die Inflation – mit der Gießkanne vorgegangen. Das hat die Inflation getrieben und war sicherlich nicht der optimale Zugang. Aber aus sozialer Perspektive war es schon gerechtfertigt. Die Maßnahmen haben also diesbezüglich schon geholfen, die Kaufkraft zu erhalten. Aber hier gilt der Spruch: Hinterher ist man immer gescheiter. Auf EU-Ebene war es ein Fehler, dass bei der Energiepreisfindung nicht eingegriffen worden.

Wie merken Sie die strengen Vergabekriterien und hohen Zinsen bei der Vergabe von Wohnbaukrediten?

Generell muss man sagen, dass die Zinsen Hauptursache für den Rückgang sind und weniger die Vergaberichtlinien. Diese sind nur ein zusätzliches bürokratisches Hindernis. Wir merken im Haus schon einen Rückgang bei der Vergabe von Wohnbaukrediten an Private, der aber niedriger als der Branchenschnitt ist. Unser Minus beträgt 25 Prozent, das Minus in der Branche liegt bei 50 Prozent.

Warum schneidet die Hypo Oberösterreich da besser ab?

Wir haben uns im Vertrieb anders aufgestellt. Da arbeiten wir verstärkt mit Kreditvermittlern zusammen. Darüber hinaus kann sich wahrscheinlich unsere typische Kundenklientel höhere Zinsen vielleicht doch eine Spur leichter leisten.

Thema Nachhaltigkeit. Was macht die Hypo Oberösterreich diesbezüglich?

Wir sind hierbei Vorreiter unter den Banken. So haben wir beispielsweise bereits vor drei Jahren unseren ersten Green Bond emittiert. Voriges Jahr einen weiteren über 250 Millionen Euro. Bei der Wohnbaufinanzierung haben wir einen grünen Finanzierungspool von mehr als 600 Millionen Euro. Das sind also 600 Millionen Euro Wohnbaukredite, bei denen die Gebäude besonders klimafreundlich sind. Was man bei Green Bonds auch sagen kann: Man muss aus Anlegersicht nicht auf Rendite verzichten.

Es ist also eine Mär, dass Ökologie und Wirtschaft nicht zusammenpassen.

Genau. Wenn man in ein nachhaltig agierendes Unternehmen investiert, hat man langfristig höhere Renditen.

Stichwort Mitarbeiter. Wie bekommt man als Bank die besten Mitarbeiter?

Dazu bedarf es eines umfassenden Maßnahmenbündels. Es geht zuerst einmal darum, im Berufsalltag nutzen- und sinnstiftend zu arbeiten, also um den sogenannten „Purpose“. Gerade junge Bewerber interessieren sich beispielsweise stark dafür, was wir in Bezug auf Nachhaltigkeit machen und welchen Mehrwert wir für unsere Region Oberösterreich bringen. Dann sind weitere Themen Vereinbarkeit von Familie und Beruf, flexible Arbeitszeitmodelle, Home-Office und Gesundheit und Gesundheitsvorsorge.

Spielt das Gehalt eine Rolle?

Ja, schon. Und ich denke, wir zahlen nicht schlecht.

Wie ist es um die Wirtschafts- und Finanzbildung der Österreicher bestellt?

Leider nicht gut. Weil sich das viel zu wenig in den Lehrplänen findet. Dabei wäre es wichtig, dies zu vermitteln. Das gehört zur Teilhabe an der Gesellschaft dazu, dass man weiß, was ein Girokonto, was ein Kredit, was Soll und Haben oder was Kreditzinsen sind. Das ist aber keine reine Bringschuld, sondern auch eine Holschuld. Es gibt genügend Möglichkeiten, sich darüber – beispielsweise auf den Homepages von Banken – zu erkundigen.

Wo wendet die Hypo Oberösterreich KI an?

Wir haben vor gut einem Jahr begonnen, uns damit näher auseinanderzusetzen. Es gibt mittlerweile einige Anwendungen, die in der Pipeline, die in der Umsetzung sind. Das betrifft hauptsächlich das interne Wissensmanagement und den Umgang mit großen Datenmengen. Wir achten aber diesbezüglich natürlich peinlichst genau darauf, dass unsere Kundendaten geschützt sind.

Wie läuft es geschäftlich?

Gut. Wir sind zufrieden.

Von Oliver Koch

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