Meinung

von Markus Ebert

Im Erfolg macht es sich Präsident Stangl ein wenig zu leicht

Kommentar über die abermals gesunkene Wahlbeteiligung bei der Arbeiterkammerwahl

Keine Frage: Wenn eine Fraktion oder Partei bei einer Wahl auf 66 Prozent kommt, dann muss sie aus der Sicht der Wähler viel richtig gemacht haben.

Demgemäß sind die 66 Prozent, die die Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG) mit ihrem Spitzenkandidaten Andreas Stangl bei der AK-Wahl in Oberösterreich erreicht hat, ein großer Erfolg.

Doch dieser Erfolg dürfte auch ausschlaggebend dafür sein, dass es sich Stangl in einer Sache zu einfach macht: Er meinte nämlich, dass die wieder — auf nunmehr 35,25 Prozent — gesunkene Wahlbeteiligung „aus der allgemeinen Politikverdrossenheit resultiert, was bei der schlechten Arbeit dieser Bundesregierung aber kein Wunder ist“.

Ein Blick zurück zeigt freilich, dass FSG-Stangl hier versucht, sich über ein generelles Probleme der Arbeiterkammer hinweg zu turnen.

Denn: Von 2009 auf 2014 sank die Wahlbeteiligung von 44,11 auf 42,26 Prozent, 2019 betrug sie 41 Prozent und nun also 35,2 Prozent. Mit der Zufriedenheit mit einer Bundesregierung kann das nur mittelbar zu tun haben, denn 2009 und 2014 gab es eine SPÖ-ÖVP Koalition, 2019 eine ÖVP-FPÖ-Koalition und nun also eine Regierung von ÖVP und Grünen.

Mit anderen Worten: Egal, wer in Wien am Ruder ist, das Interesse an der AK-Wahl geht kontinuierlich zurück. Seit 2009 hat die Interessenvertretung in OÖ ein Fünftel der Wähler verloren — und das sollte tatsächlich zu denken geben.

Vielleicht erwarten sich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer doch eine weniger parteipolitische Ausrichtung der AK, sprich weniger Klassenkampf im Sinne der SPÖ. Der Vielfalt der Arbeitswelt kann nicht mehr mit Parolen von Gestern begegnet werden — was auch gar nicht die Aufgabe einer Interessenvertretung ist. Die guten Noten für den AK-Service belegen ja, wo die „Kundschaft“ ihren Nutzen sieht.

Fakt ist: Gemessen am Werbeaufwand, der für die AK-Wahl betrieben wurde, ist die Wahlbeteiligung mager. Dass mit dem enormen Werbeaufwand im Wesentlichen nur der amtierende Präsident Stangl propagiert wurde, mag im Übrigen auch eine Erklärung für die 66 Prozent der FSG sein. Völlig zu Recht wird wieder einmal die Forderung erhoben, das Wahlprozedere zu überdenken — was allerdings auch in der Vergangenheit nach jeder Wahl verlangt wurde.

Bleiben Reformen aus, weiß man, was in fünf Jahren passiert: Die gesunkene Wahlbeteiligung wird bedauert und ein „außerhäuslicher“ Sündenbock wird gesucht.

Vielleicht sollte man sich aber heute schon darüber Gedanken machen, warum bei den Salzburger Kommunalwahlen vor zwei Wochen die Wahlbeteiligung wieder gestiegen ist. Eine Antwort: Dort sind die Kandidaten für Gemeinderat und Bürgermeisteramt tatsächlich ganz nahe am Wähler.

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