Inflation in Deutschland dürfte im Mai auf 6,5 Prozent fallen

Leichte Entspannung für die inflationsgeplagten deutschen Verbraucher: Die Teuerungsrate dürfte Ökonomen zufolge im Mai auf den niedrigsten Stand seit mehr als einem Jahr fallen – auch wegen der Einführung des 49-Euro-Tickets im Öffentlichen Personennahverkehr. Die von der Nachrichtenagentur Reuters befragten Volkswirte von 15 Banken rechnen mit einem durchschnittlich Anstieg der Verbraucherpreise von 6,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, nach 7,2 Prozent im April.

Das wäre die niedrigste Teuerungsrate seit April 2022. Das Statistische Bundesamt veröffentlicht am Mittwoch seine erste Schätzung dazu.

„Im Mai fällt der starke Anstieg der Energie- und Nahrungsmittelpreise vom Mai 2022 aus dem Vorjahresvergleich heraus“, sagte der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Holger Schmieding, zu diesem sogenannten Basiseffekt, der zum erwarteten Rückgang beitragen dürfte. „Auch das 49-Euro-Ticket könnte die Inflationsrate leicht dämpfen.“ Es wurde im Mai eingeführt und dürfte die Teuerungsrate allein um etwa 0,2 oder 0,3 Prozentpunkte drücken, sagte Schmieding. Das schätzt ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski ganz ähnlich ein. „Vom 9-Euro-Ticket und dem Tankrabatt aus dem letzten Jahr wissen wir, dass die Inflation damit deutlich gedrückt werden kann“, sagte der Experte. Das 49-Euro-Ticket dürfte daher beim erwarteten Rückgang des Preisdrucks eine Rolle spielen.

Wie sich die Inflation danach entwickelt, ist offen. „In den kommenden Monaten wird es dann komplizierter“, sagte Brzeski. „Denn dann bekommen wir Basiseffekte vom 9-Euro-Ticket und Tankrabatt, wodurch der Inflationsdruck wieder zunimmt.“ Gleichzeitig seien die Gaspreise extrem niedrig, während der Preisdruck in der Industrie erheblich nachlasse. „Dort könnte es so langsam eher Preisnachlässe geben“, sagte der ING-Chefökonom. „Allerdings zeigt sich der Dienstleistungssektor noch sehr inflationsfreudig.“ Daher könne sich die Teuerungsrate im Sommer noch einmal in Richtung sieben Prozent bewegen, ehe sie bis Winter auf gut vier Prozent fallen dürfte.

Der erwartete Inflationsrückgang im Mai dürfte die Europäische Zentralbank (EZB) nicht davon abbringen, ihren Leitzins weiter zu erhöhen. „Das wird die EZB nicht überraschen und sie nicht davon abhalten, ihre Leitzinsen im Juni und Juli jeweils um 25 Basispunkte anzuheben“, sagte Schmieding. „Wenn sich der Trend in den kommenden Monaten fortsetzt, könnte es aber die Diskussion beeinflussen, ob sie nach der Sommerpause noch einmal nachlegen sollte.“

Ähnlich schätzt das Brzeski ein. „Die EZB könnte ihre Entscheidung sich in der jetzigen Phase eher auf aktuelle Inflation und weniger auf Prognosen zu richten noch bereuen“, sagte er. „Es gibt in den kommenden Monaten so viele unterschiedliche (Stör-)Signale, dass der wirkliche Trend nicht einfach zu identifizieren sein wird.“

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