Der oberösterreichische Motorradhersteller KTM ist mit Milliardenschulden in die Insolvenz geschlittert. Das Unternehmen beantragte am Freitag beim Landesgericht Ried ein Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung. Laut Creditreform und KSV1870 hat die KTM AG Schulden von 1,8 Mrd. Euro angehäuft. Insolvenz meldeten auch die Töchter KTM Components GmbH und KTM F&E GmbH an. Der AKV schätzt die Gesamtverbindlichkeiten auf fast 3 Mrd. Euro. Betroffen sind über 3.600 Beschäftigte.
Bereits im ersten Monat nach dem am Freitag eröffneten Sanierungsverfahren sollen laut AKV bei der KTM AG 200, bei der KTM Forschungs & Entwicklungs GmbH 250 sowie bei KTM Components GmbH 50 Stellen gestrichen werden.
Als Ursache für die Insolvenz wurde unter anderem auf gestiegene Standortkosten und auf die Rezession verwiesen. Konsumflaute und ein Nachfrageeinbruch hätten zu einem extremen Lagerbestand von rund 1 Mrd. Euro geführt. Der Motorrad-Überbestand liege aktuell bei rund 130.000 Stück, ergänzte der Kreditschutzverband KSV1870. Daher ist auch schon eine Verkleinerung der Produktion – Umstellung von Zwei- auf Ein-Schichtbetrieb – sowie ein Produktionsstopp für Jänner und Februar mitgeteilt worden.
Laut ORF Bankschulden von 1,3 Mrd. Euro
Im Worst Case, der Liquidierung, betragen laut Creditreform und KSV1870 die Verbindlichkeiten 2,1 Mrd. Euro. Gelingt die Sanierung, sind es 1,8 Mrd. Euro an Passiva, wovon laut ORF 1,3 Mrd. Euro auf Bankschulden entfallen. Den Gläubigern wird im Sanierungsplan ein Quote von 30 Prozent zahlbar innerhalb von zwei Jahren angeboten.
Die erste Gläubigerversammlung und Berichtstagsatzung sowie die allgemeine Prüfungstagsatzung wurden für den 24. Jänner, die Abstimmung über den Sanierungsplan für 25. Februar anberaumt, meldete Creditreform. Laut Landesgericht Ried müssen Gläubiger ihre Forderungen bis spätestens 16. Jänner anmelden. Als Sanierungsverwalter wurden die Rechtsanwälte Peter Vogl für die KTM AG, Robert Tremel für die KTM Components GmbH und Franz Mitterbauer für die KTM Forschungs & Entwicklungs GmbH bestellt.
Kritisch äußerte sich der AKV zu dem in Finanznöte geratenen Unternehmen des Industriellen Stefan Pierer. So seien die letzten Jahre noch von Zukäufen und Investitionen geprägt, sodass man im Jahr 2023 noch Rekordumsätze verzeichnete. Vor diesem Hintergrund werden auch die nunmehrigen Insolvenz- und das Restrukturierungsverfahren zu hinterfragen sein. Konkret war etwa bei der KTM AG 2023 bei einem Umsatz von knapp 2 Mrd. Euro noch ein Nettogewinn von 109 Mio. Euro erzielt worden. Einfluss auf das am 25. November eingeleitete Europäische Restrukturierungsverfahren der KTM Mutter Pierer Industrie AG sehen die Kreditschützer nicht.
Schwere Situation für Mattighofen
„Für Mattighofen ist natürlich so eine große Insolvenz eines so großen Unternehmens ein riesengroßer Schlag“, sagte die Leiterin des Arbeitsmarktservice Oberösterreich, Iris Schmidt, im Ö1-„Morgenjournal“. Dadurch dürften auch Arbeitsplätze in anderen Betrieben der Region gefährdet sein. „Grundsätzlich sagt man, auf einen Industriemitarbeitenden fallen zwei weitere Arbeitsplätze. Ich hoffe nicht, dass das in dieser Dimension eintreten wird.“
Derzeit versuche man, Stiftungsmodelle für die Region und generell für Oberösterreich auszuloten, sagte Schmidt. Oberösterreich sei das Industriebundesland schlechthin und man sehe schon seit Monaten, dass die Unternehmen redimensionieren. Ein industrieorientiertes Land mit hohem Exportanteil sei von der Rezession besonders stark betroffen.
Harsche Kritik an Pierer von SPÖ und FPÖ
SPÖ-Chef Andreas Babler kritisierte, dass KTM trotz steigenden Schuldenstands „Dividenden in Millionenhöhe an die Aktionäre – allen voran an Pierer selbst – ausgeschüttet“ habe. Pierer habe zudem „über 10 Mio. Euro an Corona-Hilfen in Form von Kurzarbeitsgeldern bekommen“, während die Mitarbeitenden „nicht einmal die Löhne und Gehälter, die ihnen zustehen“ erhalten würden.
Ähnlich äußerte sich FPÖ-Wirtschaftssprecher Axel Kassegger, der darüber hinaus kritisierte, dass KTM-Vorstand Pierer im Wahlkampf 2017 alle an die ÖVP ergangenen Parteispenden verdoppelt habe. „Die KTM-Pleite ist ein Multiorganversagen im ÖVP-Universum auf Kosten der Mitarbeiter“, so Kassegger.