Klimaministerin legte Netzausbauplan vor – Verbände erfreut

Viele Wind- und Solaranlagen sowie stabile Stromnetze nötig © APA/dpa-Zentralbild/Patrick Pleul

Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) hat am Montag die finale Ausgestaltung des „integrierten“ österreichischen Netzinfrastrukturplans (ÖNIP) vorgestellt. Für die Energiewende „brauchen wir nicht nur viele Wind- und Solaranlagen, sondern auch stabile Stromnetze und Wasserstoff für die Industrie“, sagte Gwessler. Der Plan regelt den notwendigen Ausbau der österreichischen Energienetze bis 2030 und soll so den Weg zum klimaneutralen Energiesystem bis 2040 ebnen.

Der ÖNIP stellt Szenarien zum zukünftigen Energieverbrauch und die entsprechend notwendige nationale Erzeugung aus erneuerbaren Energien dar und leitet daraus den Bedarf an Strom- und Gasleitungen ab. Vorgesehen ist auch der Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur parallel zum bestehenden Erdgasnetz. Wesentlich für den Ausbauplan ist die zunehmende Elektrifizierung des Energiesystems, die Integration der schwankungsanfälligen Erneuerbaren und erneuerbarer Gase. Der vorgelegte Plan regelt den Ausbau bis 2030, gesetzlich verpflichtend ist eine Überarbeitung alle fünf Jahre.

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Der Entwurf des ÖNIP wurde im Herbst 2023 vorgestellt und in Begutachtung geschickt. In die Erstellung des finalen Plans seien zahlreiche Stakeholder aus Energiewirtschaft, Umweltorganisationen, Sozialpartnern, Politik, Verwaltung und Bundesländern einbezogen worden, sagte Gewessler.

„Mit der Veröffentlichung des ÖNIP ist ein Meilenstein für die energiewirtschaftliche Gesamtplanung Österreichs erfolgt“, sagte der Vorstand des Übertragungsnetzbetreibers Austrian Power Grid (APG), Gerhard Christiner, auf der Pressekonferenz. Der ÖNIP ermögliche eine besser koordinierte Umsetzung der Energiewende in Zukunft. Im Osten Österreichs werde dieser Tage viel Wind- und Sonnenstrom produziert, oft würden aber die Netzkapazitäten nicht ausreichen um Überschüssen zu den großen Speicheranlagen im Westen Österreichs zu transportieren. Überschüsse gingen somit verloren. „Das ist bitter, das tut weh und das kostet auch Geld“, sagte Christiner. Hier sei der ÖNIP ein zentraler Schritt.

Außerdem schaffe der Netzinfrastrukturplan dringend notwendige Investitionssicherheit für den Ausbau der Netze, weil der Plan bereits einer strategischen Umweltprüfung unterzogen worden sei, was nachgelagerte Genehmigungsverfahren für neue Anlagen beschleunigen werde.

Auch der Vorstand der Austrian Gas Grid Management, Bernhard Painz, zeigte sich vor Journalistinnen und Journalisten erfreut über die Veröffentlichung des Plans, der sektorübergreifend sowohl den notwendigen Aus- und Umbau des Strom- als auch des Gasnetzes berücksichtige. „Der ÖNIP hebt die Notwendigkeit einer parallelen Infrastruktur von Wasserstoff und Methan hervor, damit die Integration von Biomethan und Wasserstoff in das Energiesystem vorankommen kann“, sagte Painz. Das geplante Wasserstoffnetz soll dabei in erster Linie Industriestandorte mit einer erneuerbaren Alternative zu Erdgas versorgen, die Versorgung von Haushalten ist im aktuellen ÖNIP nicht vorgesehen.

Von Seiten der APG sind bis 2034 Investitionen in Höhe von 9 Mrd. Euro in die Stromnetze vorgesehen, das bestehende Gasnetz soll bis 2050 um 2 Mrd. Euro für Wasserstoff ertüchtigt werden. Der Auftrag zur Erstellung des ÖNIP stamme aus dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, dort wurde beschlossen, dass die österreichische Stromversorgung bis 2030 über das Jahr (national bilanziell) zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien gedeckt werden soll, erklärte Gewessler.

Positive Reaktionen zum Netzausbauplan kamen von den Branchenverbänden Erneuerbare Energien Österreich (EEÖ), IG Windkraft und PV Austria. Der Netzinfrastrukturplan liefere das notwendige Gerüst für den Ausbau der Erneuerbaren Energien, sagte EEÖ-Geschäftsführerin Martina Prechtl-Grundnig laut Aussendung. Auch sie hofft auf raschere Genehmigungsverfahren. „Ein strukturierter Umbau des Stromnetzes ist wesentlich für das Gelingen der Energiewende“, sagte IG-Windkraft-Geschäftsführer Stefan Moidl laut einer Aussendung. Ausständig für den Umbau des Energiesystems sei allerdings noch der Beschluss des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes (ElWG). Dieser Ansicht ist auch PV Austria. Weiters notwendig sei eine Anpassung der Ziele im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) und das Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz.

Die Freiheitlichen stieß sich unter anderem an den Kosten der Energiewende, der dafür „notwendige Ausbau wird den österreichischen Steuerzahlern zweistellige Milliarden Eurobeträge abverlangen, die den Netzausbau letztendlich über Netzgebühren finanzieren werden müssen“, sagte FPÖ-Energiesprecher Axel Kassegger laut Aussendung. „Gut, dass es jetzt endlich – viel zu spät – einen Plan gibt“, sagte NEOS-Energiesprecherin Karin Doppelbauer laut Aussendung und forderte von der Ministerin, sich Mehrheiten für die notwendigen Gesetzesbeschlüsse im Nationalrat zu suchen. „Reden allein ist zu wenig, damit ist noch keine einzige notwendige Maßnahme in Arbeit.“

„Man kann auch jetzt schon Leitungen bauen“, sagte Gewessler zum noch nicht beschlossenen ElWG. Aktuell würden die Stellungnahmen aus der Begutachtung eingearbeitet, parallel würden Gespräche mit allen Parteiklubs geführt. Die Ministerin will diesen Schritt vor der Sommerpause des Parlaments abschließen. Danach ist noch eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Nationalrat notwendig, neben den Stimmen der Regierungsparteien ÖVP und Grüne braucht es also auch jene der SPÖ oder der FPÖ. Die Zeit drängt, das Gesetz müsste wohl vor den Wahlen im Herbst beschlossen werden.

Zum ebenfalls schon seit Langem ausständigen Klimaschutzgesetz sagte Gewessler: „Ich habe in dieser Legislatur noch eine große To-Do-Liste“. Dort stünden neben dem ElWG und dem Klimaschutzgesetz auch andere Themen im Bereich Erneuerbaren-Ausbau, Verkehr und Umweltschutz. „Wenn ich es alleine beschließen könnte, hätten wir schon eines“, so die Ministerin. Sie werde weiter „dran bleiben“.

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