Kocher will bis 2027 mehr Fachkräfte-Zuzug

Überstunden sollen steuerlich begünstigt werden © APA/GEORG HOCHMUTH

Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) will via Rot-Weiß-Rot-Karte bis 2027 pro Jahr mindestens 15.000 Fachkräfte aus Staaten von außerhalb der EU nach Österreich locken. Das teilte das Ministerium am Dienstag nach einer Gesprächsrunde mit Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) sowie Vertreterinnen und Vertretern der Sozialpartner per Aussendung mit. Ziel sei es, gemeinsam „umfassende“ Fachkräftestrategien zu erarbeiten, um den Personalmangel zu bekämpfen.

In Österreich lag die Zahl der offenen Stellen im Juni laut AMS bei 118.566, wobei zahlreiche Betriebe in verschiedenen Branchen seit längerer Zeit über akute Personalknappheit klagen. Entspannung ist aktuell keine in Sicht: Allein im Pflegesektor rechnet das Sozialministerium bis 2030 laut Mitteilung mit einem Mehrbedarf von rund 76.000 Beschäftigten.

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Gefragt seien daher weiterhin Arbeitskräfte aus den EU-Mitgliedstaaten, die nicht über die Rot-Weiß-Rot-Karte angeworben werden. Dazu wolle man verstärkt auf Vermittlungen durch das europäische Jobnetzwerk EURES setzen, so Kocher. Das auf diesem Wege rekrutierte Personal soll sich schrittweise auf 2.000 Personen pro Jahr erhöhen. Zur Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte, die im Oktober 2022 in Kraft getreten ist, zog der Arbeitsminister via Twitter am Montagabend eine positive Bilanz. Im ersten Halbjahr seien rund 3.800 Karten ausgestellt worden, ein Plus von 47 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode.

Zentral für die zukünftige Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland sei eine effizientere Gestaltung der Antragsverfahren. „Beispielsweise sollen die Verfahren, unter anderem bei der Bewilligung der Rot-Weiß-Rot-Karte, aber auch die Anerkennung von bereits erworbenen Qualifikationen im Ausland, beschleunigt werden“, hieß es in der Mitteilung. Zudem fasse man entsprechende Unterstützungsmaßnahmen für Betriebe und qualifiziertes Personal aus dem Ausland ins Auge.

Die Reaktionen fielen gemischt aus. Während die Oppositionsparteien sowie Gewerkschaftsbund (ÖGB) und Arbeiterkammer (AK) den Vorstoß kritisierten, kam Zuspruch von Wirtschaftskammer (WKÖ), Industriellenvereinigung (IV) sowie aus dem Tourismusstaatssekretariat. SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch etwa findet, dass Kocher sich mehr auf die Verbesserung der Arbeitsbedingungen konzentrieren sollte. Ähnlich beurteilt das AK-Präsidentin Renate Anderl, die heimische Unternehmen im Sinne besserer Arbeitsbedingungen als Maßnahme gegen den Fachkräftemangel gefordert sieht.

Aus Sicht von FPÖ-Sozial- und Arbeitssprecherin Dagmar Belakowitsch ist die geplante Erhöhung bei den Rot-Weiß-Rot-Karten ein „Zuwanderungs-Schmäh“, der „rein auf Kosten des Sozialsystems und somit zulasten der Österreicher“ gehe. NEOS-Wirtschafts- und Sozialsprecher Gerald Loacker wiederum stößt sich an „hohen Steuern auf Arbeit“ in Österreich, an „überbordender“ Bürokratie und langen Wartezeiten für die Rot-Weiß-Rot-Karte.

WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf sowie IV-Generalsekretär Christoph Neumayer hingegen begrüßten die Pläne und forderten eine rasche Umsetzung von Maßnahmen. Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler (ÖVP) hob die Bedeutung der Rot-Weiß-Rot-Karte für den Tourismus hervor.

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