Konkurrenz aus China stellt Handel auf den Kopf

Heimische Branchenverteter: „Handel muss sich neu erfinden“ © APA/AFP/CHRISTOPHE ARCHAMBAULT

Mit Sorge verfolgt der Handel die neue Konkurrenz durch riesige und vor allem billige Onlinehändler wie Temu und Shein aus China. „Diese chinesischen Anbieter bedeuten für den Handel die größte Veränderung in seiner Geschichte“, sagte Otto-Österreich-Chef und Handelsverband-Vizepräsident Harald Gutschi im APA-Gespräch. Viele Händler hätten diese Entwicklung noch nicht auf dem Radar, sie werde den Handel aber „in den nächsten zwei Jahren auf den Kopf stellen“, warnte Gutschi.

Shein habe sich in kürzester Zeit zum größten Modehändler der Welt entwickelt und Temu zur weltweit meist heruntergeladenen App, auch in Österreich – dank Lockangeboten oder Rabatten, die beim Herunterladen der App winken. Zwar hätten Temu und Shein derzeit noch viel „Schrottware“, was sich in steigenden Retouren bemerkbar mache, aber das werde sich in wenigen Jahren ändern, wenn die Anbieter ihre Ware an den europäischen Markt anpassen, sagte Gutschi. Fest stehe: Die chinesischen Anbieter sind „gekommen, um zu bleiben und sie verändern den Handel ohne Ende“.

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Der Erfolg der chinesischen Konkurrenz liege im Geschäftsmodell „factory to consumer“, also von der Fabrik direkt zum Kunden, was auch ein Grund für die niedrigen Preise sei. Zudem hätten chinesische Onlinehändler Zugang zu Lieferanten, die es schafften, innerhalb von vier Wochen nach der Entwicklung eines Styles diesen als Paket an den Kunden weltweit zu schicken. Der Handel werde sich teilweise neu erfinden müssen, so Gutschi, und sich beispielsweise auf Produkte konzentrieren, die es aus China nicht gibt, in das Premiumsegment gehen und die sogenannten After-Sales-Services verbessern.

Es brauche aber auch dringend Maßnahmen, um unfaire Praktiken ausländischer Anbieter einzudämmen, sagte Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will im Gespräch mit der APA. „Wir wehren uns nicht gegen China-Pakete, wir wehren uns gegen unfaire Handelspraktiken.“ Die Zollfreigrenze müsse so rasch wie möglich von 150 auf null Euro gesenkt werden und nicht erst 2028, wie derzeit von der EU geplant. Zwei Milliarden Pakete würden jährlich zollfrei nach Europa kommen. Zwei Drittel davon seien falsch deklariert.

Der Internethandel in Österreich ist zuletzt wieder leicht gewachsen, wie eine Studie im Auftrag des Handelsverbandes zeigt. Das Wachstum im Onlinehandel sei vor allem auf chinesische Anbieter zurückzuführen. Bis Ende April 2024 gaben die heimischen Konsumentinnen und Konsumenten in Onlineshops rund 10,6 Mrd. Euro aus, um 5 Prozent mehr als im Vorjahr. Inflationsbereinigt blieb ein leichtes Plus von 0,2 Prozent. Knapp 6 Mrd. Euro entfielen auf ausländische Anbieter wie Amazon und Zalando. Eine Milliarde Euro wurde in Onlineshops aus China ausgegeben, obwohl diese erst seit Frühjahr 2023 in Österreich aktiv sind. Immer mehr Menschen kaufen laut Studie über das Smartphone ein.

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