Leistbarkeit von Wohnraum seit 2004 fast halbiert

Dass die Leistbarkeit von Wohnraum im langfristigen Vergleich stark gesunken ist, zeigt nun auch eine Analyse der Bank Austria. 2023 gab es aber erstmals seit 2004 einen leichten Rückgang der Immobilienpreise – wegen der EZB-Geldpolitik und Verschärfung der Immo-Kreditvergabe. Doch seit 2004 hat sich den Angaben zufolge die Leistbarkeit von Wohnraum beinahe halbiert. Sie brach um 45 Prozent ein.

Zu einem Einbruch bei den Preisen kam es wegen des weiter großen Wohnraumbedarfs und der steigenden Bevölkerung nicht. Zudem seien Immobilien weiterhin ein attraktives Veranlagungsobjekt, schreibt die UniCredit-Tochter.

„Die Immobilienpreise sanken 2023 im Durchschnitt in Österreich um rund 1,5 Prozent gegenüber 2022“, so UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer am Freitag in einer Aussendung. „Die Nettoeinkommen in Österreich stiegen dagegen um fast acht Prozent, sodass sich der reale Wert eines durchschnittlichen österreichischen Nettoeinkommens bezogen auf die Immobilienpreise innerhalb des vergangenen Jahres um etwa 10 Prozent erhöht hat“, rechnet Bruckbauer vor. Von der Statistik Austria hieß es am Freitag, dass die verfügbaren Einkommen der Haushalte 2023 preisbereinigt um 0,5 Prozent gesunken sind.

Trotz der Mini-Entspannung im Vorjahr ist die Leistbarkeit von Wohnraum im langfristigen Vergleich stark gesunken. Mit Beginn der Immobilienpreisrallye vor knapp 20 Jahren stiegen bis inklusive 2022 die Preise für Wohnimmobilien deutlich stärker als die Einkommen. Die Leistbarkeit von Wohnimmobilien hat sich seitdem trotz der Entwicklung im Vorjahr deutlich reduziert. Das durchschnittliche Nettoeinkommen erhöhte sich seit 2004 um mehr als 64 Prozent. Die Preise für Wohnimmobilien sind in diesem Zeitraum aber um weit mehr als 100 Prozent gestiegen.

Der Wert des durchschnittlichen Nettoeinkommens von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Österreich habe sich bezogen auf die Immobilienpreise seit Beginn der Immobilienrallye vor rund 20 Jahren um über 45 Prozent verringert. Statt für rund 14 Quadratmeter im Jahr 2004 reichte ein Jahreseinkommen 2023 trotz der leichten Verbesserung im vorigen Jahr nur noch zur Finanzierung von etwa 7,5 Quadratmetern Wohnraum aus. Neben dem sich auf lange Sicht verschlechterten Verhältnis von Immobilienpreisen zum Einkommen haben jüngst die angehobenen Zinsen, strenge Kreditvergaberichtlinien und stark gestiegene Baupreise die individuelle Leistbarkeit von Wohnraum in Österreich verringert.

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„Da der Rückgang der Immobilienpreise von einem weiteren Anstieg der Einkommen in Österreich begleitet werden wird, ist von einer erneuten Verringerung der langfristig aufgegangenen Schere zwischen Immobilienpreis- und Einkommensdynamik auszugehen“, so Bank-Austria-Ökonom Walter Pudschedl. „Die Leistbarkeit von Wohnraum wird sich im Durchschnitt damit 2024 erneut etwas verbessern.“ Zudem sollte die Aussicht auf den Beginn eines Leitzinssenkungszyklus der EZB sowie die Wohnbauoffensive der Regierung potenziellen Häuslbauern in Österreich Schritt für Schritt wieder etwas Rückenwind verleihen.

Nach Schätzung der Ökonomen der UniCredit Bank Austria ist der durchschnittliche Quadratmeterpreis für Eigentumswohnungen in Österreich 2023 auf knapp über 4.350 Euro und für Einfamilienhäuser auf rund 2.850 Euro gesunken. Das entspricht einem Rückgang um jeweils weniger als 100 Euro gegenüber dem Jahr davor, wenn auch nicht für neue Wohnungen und Einfamilienhäuser.

Mit einem österreichischen Jahresdurchschnittsnettoeinkommen von knapp über 28.000 Euro konnte eine unselbstständig Beschäftigte im Jahr 2023 somit rechnerisch etwa 6,5 Quadratmeter einer Eigentumswohnung bzw. 10 Quadratmeter eines Einfamilienhauses kaufen, so die Bank Austria. Das ist vor allem dank der hohen Lohndynamik innerhalb eines Jahres ein Zugewinn von einem halben Quadratmeter bei Wohnungen und sogar fast einem Quadratmeter bei Einfamilienhäusern.

Anders aufgerollt: Für eine Eigentumswohnung mit 100 Quadratmeter musste ein heimischer Arbeitnehmer 2023 im Durchschnitt über 15 Jahresgehälter einsetzen, für ein Haus gleicher Größe rund 10 Jahresgehälter. Im Jahr 2022 waren es noch ein Jahresgehalt mehr für eine Eigentumswohnung und sogar fast 1,5 Jahresgehälter mehr für ein Einfamilienhaus gewesen.

Infolge der raschen Erhöhung der Leitzinsen durch die EZB kam es zu einem Anstieg der Zinsen für Wohnimmobilienkredite, sodass sich die Kosten einer Kreditfinanzierung von Immobilien spürbar erhöhten. Die gestiegenen Zinsen führten in Kombination mit den restriktiven gesetzlichen Kreditvergaberegelungen zu einem starken Rückgang der Kreditfinanzierungen in Österreich. Das durchschnittliche monatliche Vergabevolumen ging von fast 2,5 Mrd. Euro in der ersten Jahreshälfte 2022 auf nur noch rund 900 Mio. Euro im Jahresdurchschnitt 2023 zurück. Im Jahresdurchschnitt 2023 sank das Neugeschäft bei Wohnbaufinanzierungen in Österreich um rund 55 Prozent.

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