
Die Wirtschaft bedauert den heute angekündigten bundesweiten Corona-Lockdown zwar, akzeptiert ihn aber – und ruft nach finanziellen Hilfen. Sie bekommt diese wohl auch, denn bisher in der Krise angewendete Rezepte werden verlängert. Finanzminister Gernot Blümel und Arbeitsminister Martin Kocher (beide ÖVP) kündigten an, dass es Hilfen vom Ausfallsbonus und Verlustersatz bis zum Härtefallfonds bis März 2022 geben wird. Corona-Kurzarbeit gilt ohnehin noch bis Jahresende.
Das Arbeitsministerium rechnet mit Kurzarbeit annähernd wie im letzten Winter. Im November vor einem Jahr waren im damaligen Lockdown 360.000 Menschen in Kurzarbeit. Die Sozialpartner haben jedenfalls heute an Unternehmen und Beschäftigte appelliert, die Möglichkeit der Kurzarbeit zu nutzen. Damit könnten Unternehmen nach Ende des Lockdowns gleich wieder durchstarten. Kocher versprach, Kurzarbeit weiter zur Verfügung zu stellen, allerdings muss erst vereinbart werden, wie die Kurzarbeit ab Jänner 2022 geregelt wird.
„Wir nutzen den bewährten Instrumentenkoffer. Dadurch sind wir schnell startklar und die Unternehmer kommen schneller zu ihrem Geld“, so Blümel. „Wenn Fehler passiert sind, dann tut uns das leid“, so der Finanzminister darauf angesprochen, dass viele Fachleute ein zögerliches Handeln der Regierung kritisierten.
„Ich empfehle allen Unternehmen nachhaltig, Homeoffice zu nutzen“, rief Kocher Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf, Kontakte zu reduzieren. Auch will Kocher die Möglichkeit, sich mit einem Risiko-Attest freistellen zu lassen, wieder in Kraft setzen.
Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer und Generalsekretär Karlheinz Kopf hatten von einer „Vollbremsung vor Weihnachten“ gesprochen und „rasch wirkende Wirtschaftshilfen“ gefordert. Die einzelnen Branchen sind von der Maßnahme hart getroffen. Ab 22. November dürfen bis Montag 13. Dezember nur Geschäfte des täglichen Bedarfs wie Supermärkte, Drogerien und Apotheken, Postämter und Telekom-Shops komplett offen halten. Bei den anderen Händlern ist nur „Click & Collect“ sowie Abholung nach Vorbestellung möglich.
Gläubigerschützer sehen die Maßnahme allerdings vorerst gelassen. „Einen Lockdown von 20 Tagen sollten die Unternehmen gut verkraften“, sagte Gerhard Weinhofer, Geschäftsführer des Gläubigerschutzverbands Creditreform. Dass Wirtschaftshilfen wie der Verlustersatz und Ausfallsbonus ausgeweitet werden, begrüßt er.
Für WKÖ-Handelsobmann Rainer Trefelik ist es hingegen „eine historische Katastrophe“. „Es trifft uns zum zweiten Mal beim Weihnachtsgeschäft.“ Es gebe außerdem wieder das Problem der Sortimentsabgrenzung. Er fürchtet, dass Lebensmittelhändler und Drogeriemärkte vermehrt Spielwaren verkaufen, während Spielwarengeschäfte im Lockdown geschlossen seien. Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will rechnet mit Umsatzverluste von rund 2,7 Mrd. Euro im Handel.
Die Wintersaison hänge nun neuerlich „an einem seidenen Faden“, sagte Susanne Kraus-Winkler, Obfrau des Fachverbandes Hotellerie in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). Die Beschäftigten drohten angesichts der großen Unsicherheit endgültig aus der Branche abzuwandern. „Unverständnis, Frustration und auch Wut beschreiben wohl am besten die Emotionen, die aktuell in der Branche vorherrschen“, so Kraus-Winkler.
„Der generelle Lockdown trifft Tourismus und Freizeitwirtschaft genau zum Start von Wintersaison und Weihnachtsgeschäft ungebremst und in voller Härte. Er ist aber angesichts der drohenden Überlastung des Gesundheitssystems sowie zur Rettung der Wintersaison wohl unausweichlich“, hat Robert Seeber, Tourismus-Spartenobmann in der Wirtschaftskammer (WKÖ), bei aller Kritik auch Verständnis für den Lockdown.
Die Reisebüros sehen in den heute angekündigten Maßnahmen einen „wirtschaftlich kaum zu verkraftenden Schlag“, sagt Gregor Kadanka, WKÖ-Obmann der Reisebüros. Schon im Sommer hätten sich die Erwartungen leider nicht erfüllt. Für den Winter habe man vorsichtig mit 2G geplant, selbst dies treffe nun nicht mehr zu. „Mitten in der normalerweise buchungsstarken Zeit sind unsere Betriebe mit einer Stornowelle konfrontiert. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind derzeit deshalb leider wieder am Limit“.
Mit viel Frustration reagiert der Gastronomie-Obmann in der Wirtschaftskammer, Mario Pulker, auf den nun verhängten Lockdown. „Leider ist nun das eingetreten, was viele Experten bereits seit langem prophezeit haben. Wir alle müssen nun den Preis für die Versäumnisse der letzten Monate zahlen“, so Pulker.
Die Impfpflicht wird von der Wirtschaft im wesentlichen unterstützt. „Die Wirtschaft begrüßt jede Maßnahme, die wirksam zur Erhöhung der Impfquote beiträgt“, sagte die WKÖ-Spitze. „Ich begrüße ausdrücklich, dass sich die Bundesregierung nun doch zu einer allgemeinen Impfpflicht durchgerungen hat“, so Mario Pulker, Gastronomie-Obmann in der Wirtschaftskammer. Die Impfpflicht sei ein Ansatz, um endlich dauerhaft aus dem „Stop-and-Go-Betrieb“ auszubrechen, schreibt Robert Seeber, Tourismus-Spartenobmann in der Wirtschaftskammer (WKÖ). Betreffend der angekündigten Impfpflicht gebe es jetzt zumindest Klarheit. Unverständlich sei es, dass kein größerer Fortschritt beim Impfen erzielt wurde, sagte Susanne Kraus-Winkler, Obfrau des Fachverbandes Hotellerie in der Wirtschaftskammer.