ÖGB: 2023 fast 47 Mio. Überstunden ohne Geld-/Zeitausgleich

ÖGB-Reischl fordert strengeres Vorgehen gegen schwarze Schafe © APA/HANS KLAUS TECHT

Im Vorjahr wurden wieder einmal Millionen an Überstunden geleistet, ohne dass die Beschäftigten eine Gegenleistung dafür gesehen haben, kritisiert der ÖGB mit Blick auf Zahlen der Statistik Austria. Insgesamt soll es sich um fast 47 Millionen Überstunden ohne Geld- oder Zeitausgleich gehandelt haben. „Jede vierte Überstunde ist unbezahlte Gratisarbeit, den Beschäftigten entgehen damit insgesamt 1,45 Mrd. Euro Bruttoentgelt“, rechnete ÖGB-Geschäftsführerin Ingrid Reischl vor.

Dies entspreche 28.000 Vollzeitarbeitsplätzen. Bei den Männern würden rund 25 Prozent nicht ausgeglichen, bei den Frauen, die zu einem deutlich höheren Anteil teilzeitbeschäftigt sind, seien es 28 Prozent. Reischl fordert eine bessere und fairere Verteilung der Arbeit und Strafen für „schwarze Schafe“. „Das ist nichts anderes als systematischer Lohnbetrug“, ärgert sich die Gewerkschafterin. Zudem würden dem Staat dadurch 430 Mio. Euro an Sozialversicherungsabgaben entgehen.

Es ist unverständlich, dass auf der einen Seite Menschen so viel arbeiten, dass ihre Gesundheit darunter leide – während andere keine Arbeit hätten. Um unlauteren Vorgehensweisen der Unternehmen entgegen zu wirken solle bei vorenthaltenen Überstundenbezahlung für die betroffenen Stunden das doppelte Entgelt fällig werden.

Ihr Tipp für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die keine Überstunden bezahlt bekommen: Nicht zu lange abwarten und auf Besserung hoffen. Denn Überstunden können sehr schnell verfallen. Viele Arbeitsverträge sehen zum Beispiel vor, dass Überstunden bereits nach drei Monaten nicht mehr eingefordert werden können, so Reischl.

Von einem „Lohnraub“ sprach heute das arbeitnehmernahe Momentum Institut. „Deutlich erkennbar ist bei unbezahlten Überstunden ein Gender Gap: Während Frauen mehr als 28 Prozent ihrer Überstunden nicht vergütet werden, bleibt bei Männern etwas weniger als ein Viertel unbezahlt“, so Jakob Sturn, Ökonom am Momentum Institut.

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„Hier muss der Gesetzgeber eingreifen“, betonte SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch. Er fordert, dass alle geleisteten Mehr- und Überstunden gemeldet werden müssen, Mehrstunden sollen wie Überstunden mit 50-Prozent-Aufschlag bezahlt werden, bei Lohnvorenthaltung sollen ein 100-Prozent-Zuschlag zum geschuldeten Lohn fällig werden. „Die Zeit der Ausreden muss für die Regierungsparteien vorbei sein“, so Muchitsch.

Von der Arbeiterkammer kam ebenfalls Kritik an dem „Lohnraub“ – und das in Zeiten einer weiterhin immensen Teuerung, so Ines Stilling, AK Bereichleiterin Soziales. Überstunden seien immer noch zu billig und systematisches Lohndumping werde nicht ausreichend sanktioniert. Die AK fordert, dass der Mehrarbeitszuschlag nicht nur auf 50 Prozent angehoben wird, sondern auch Teilzeitbeschäftigten ab der ersten Stunde zustehen muss. Der Zeitausgleichszeitraum von derzeit drei Monaten solle ebenfalls entfallen.

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