Österreich in einem Standort-Ranking schon wieder im Aufwind

Finanzminister Magnus Brunner über die wirtschaftliche Lage, die Inflation, die Zinsentwicklung, die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit, das Förderwesen in Österreich, die KIM-Verordnung und seine Zukunftspläne

Finanzminister Magnus Brunner (l.) mit Raiffeisen-Generaldirektor Heinrich Schaller © Maringer/RLB OÖ

„Minister im Dialog“, lautete das Motto am Dienstag in der Zentrale der Raiffeisenlandesbank in Linz: Mehr als 500 Gäste kamen, um den Ausführungen von Finanzminister Magnus Brunner zu lauschen.

Davor nahm sich der Vorarlberger gemeinsam mit Generaldirektor Heinrich Schaller  Zeit für eine kleine Presserunde und bezog dabei Stellung zu vielen aktuellen Themen aus der Finanzwelt. Magnus Brunner über …

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… allgemeine Lage: „Es sind extrem herausfordernde Zeiten, die wirtschaftliche Situation in Europa hat sich geändert. Wir sind dabei, gegenüber anderen Regionen wie die USA oder China zurückzufallen. Als kleine, offene Volkswirtschaft sind wir von den internationalen Entwicklungen enorm abhängig und stärker beeinflusst von den weltweiten Entwicklungen. Und dazu kommt, dass unser wichtigster Handelspartner Deutschland schwächelt. Das spüren wir, auch wenn es uns in den letzten Jahren geschafft haben, uns etwas abzukoppeln.“

… die Wirtschaftsprognosen: „Unsere Zahlen sind besser als in Deutschland. Wir gehen von einem bescheidenen Wachstum von 0,3 Prozent aus, nächstes Jahr werden wir laut den Prognosen unsere Wirtschaftsleistung um 1,6 Prozent steigern.“

… die Inflation: „Die beschäftigt uns natürlich immer noch trotz besserer Werte. 3,5 Prozent sind immer noch zu hoch, keine Frage. Aber wir haben es geschafft, von weit über zehn Prozent auf 3,5 zu kommen und die Differenz zu anderen Ländern ist geringer geworden. Der harmonisierte Verbraucherpreisindex über ganz Europa weist mit 3,4 Prozent denselben Wert auf wie Spanien, mit denen wir am Anfang immer verglichen wurden. Dabei ist unsere Kaufkraft aber wesentlich höher als die in Spanien, wo stark in  den Markt eingegriffen wurde. Gründe für die höhere Inflation in Österreich waren eine andere Zusammensetzung des Warenkorbs und hohe Lohnabschlüsse.

… die Zinsentwicklung: „Die EZB steht jetzt vor der Herausforderung, wie schnell sie mit den Zinsen zurückgehen kann und wie stark sich das wieder auf die Inflation auswirkt.“ Anmerkung dazu: Gastgeber Heinrich Schaller rechnet damit, dass die Zinsen demnächst in einem ersten Schritt um 0,25 Prozent gesenkt werden.

… die Situation des Finanzmarktes in Österreich: „Ist positiv. Der Finanzmarkt ist in Österreich erfreulicherweise sehr stabil, das liegt an der verbesserten Kapitalisierung der österreichischen Banken, weil diese ihre Hausaufgaben nach der Finanzkrise gemacht haben.“

… die aktuellen Herausforderungen: „Um nicht weiter zurückzufallen, sind wir gefordert, in Österreich und vor allem auf europäischer Ebene die Wettbewerbsfähigkeit voranzutreiben, um nicht weiter zurückzufallen gegenüber anderen Regionen. Die Konkurrenz für unsere Firmen sitzt nicht in Bayern oder Baden-Württemberg, sondern in China oder den USA.“

… Maßnahmen für die Wettbewerbsfähigkeit auf EU-Ebene: „Neben Abbau von Bürokratie und Verfahrensbeschleunigungen, wo wir als EU Aufholbedarf haben, ist es vor allem eine Vertiefung der Kapitalmarktunion. Das ist ganz ein wesentlicher Schlüssel für die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, weil sie den Standort Europa sowie Innovation unterstützt und Arbeitsplätze schafft. Die Kapitalmarktunion ist auch deshalb so entscheidend, weil wir dringend privates Kapital mobilisieren müssen, um die Transformation auf digitaler und ökologischer Ebene vorantreiben zu können.

… Maßnahmen in Österreich: „Auch in Österreich sollten wir den Kapitalmarkt vorantreiben und zudem den Weg der Entlastung für Menschen und Betriebe weitergehen. Wir haben in den letzten drei Jahren mit der Steuerreform einiges auf den Weg gebracht – Stichwort Abschaffung der kalten Progression oder Abschaffung der Körperschaftssteuer.“

… positive Auswirkungen der Steuerreform: „Schlägt sich schon in Standort-Ratings nieder. Zum Beispiel in einem europäischen Ranking zur Standort-Attraktivität des IFO-Instituts in München, in dem Österreich mit 72,4 Punkten an dritter Stelle liegt, nur ganz knapp hinter der Schweiz (72,6), aber klar vor Deutschland (61,3).“

… das Förderwesen in Österreich: „Das Motto ‚Koste es, was es wolle‘ hat natürlich zur Inflation beigetragen und besser wäre gewesen ‚Alles, was notwendig ist‘ – aber natürlich ging es damals um Treffsicherheit auf der einen und Geschwindigkeit auf der anderen Seite. Aber deshalb müssen wir jetzt die Maßnahmen, die nicht inflationshemmend wie die Energiepreisreduktionen wirken, auch auslaufen lassen. Und wir müssen auf jeden Fall wegkommen vom Anspruchsdenken an den Staat, das durch großzügige Unterstützungsmaßnahmen, stark gestiegen ist.“

… den Arbeitskräftemangel: „Wir müssen, wie im Österreich-Plan von Bundeskanzler Nehmammer vorgesehen, Anreize setzten, damit sich Leistung lohnt, damit Überstunden weniger besteuert werden, damit wir mehr Leute in Vollzeit bringen und damit sich länger Arbeiten in der Pension auch auszahlt.„

… die KIM-Verordung (die den Wohnbau hemmt): „Wird grundsätzlich von der Unabhängigen Finanzmarktaufsicht umgesetzt. Gott sei Dank ist es in zwei Schritten zu Erleichterungen gekommen – 2025 läuft sie aus, da wird man sich die Frage stellen müssen, ob es eine Verlängerung braucht oder nicht.“

… die Rückkehr zum Nulldefizit: „Ist in den nächsten Jahren nicht realistisch, es muss aber ein Ziel bleiben.“

… seine Zukunft nach der Nationalratswahl: „Die Frage stellt sich jetzt nicht. Ich mache jetzt meinen Job, den mache ich sehr gerne. Alles andere wird sich weisen, vielleicht werde ich auch Platzwart beim Tennisclub in Bregenz.“

Von Roland Korntner