ÖVP lehnt grünes Diversifizierungspflicht-Gesetz ab

Im Februar stammten 87 Prozent der Gasimporte Österreichs aus Russland © APA/dpa/Marijan Murat

Die ÖVP-Energiesprecherin Tanja Graf hat das vom grünen Koalitionspartner vorgelegte Gesetzespaket zur Diversifizierungsverpflichtung für Gasversorger abgelehnt. „Wir brauchen eine verlässliche und eine ehrliche Energiepolitik und Herkunftsnachweise (für Gas) gibt es derzeit in Europa nicht“, kritisierte Graf in einem Pressegespräch am Freitag in Wien. „Österreich sollte hier keinen Alleingang machen, sondern das gemeinsam mit Europa angehen“, fügte sie hinzu.

Mit den von Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) vorgeschlagenen Gesetzesänderungen, die der ÖVP seit vergangener Woche vorliegen, soll der Russland-Anteil an den heimischen Gasimporten von zuletzt rund 90 Prozent auf 0 Prozent im Gaswirtschaftsjahr 2027/28 sinken. Alle EU-Staaten haben sich darauf verständigt, bis 2027 aus russischem Gas auszusteigen. Im Dezember 2023 stammten 98 Prozent der Gasimporte Österreichs aus Russland, im Jänner 2024 waren es 97 Prozent und im Februar waren es 87 Prozent.

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„Wir brauchen hier eine Versorgungssicherheit und angemessene Preise“, warnte Graf vor etwaigen Erhöhungen der Energiepreise durch solch ein Gesetz. Man sei für Gespräche mit Gewessler bereit, so die ÖVP-Energiesprecherin. Für eine Einigung auf ein Gesetz hätten ÖVP und Grüne angesichts der Nationalratswahlen im Herbst nur wenig Zeit; dann bräuchte es zudem eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Nationalrat, weil Energie-Themen in Österreich eine Ländermaterie sind.

„Wir sollten in die Umsetzung mit den Möglichkeiten gehen, die wir haben“, betonte Graf weiter. Sie forderte unter anderem ein Schnellverfahren für den Ausbau der West-Austria-Gasleitung (WAG-Loop), die Umsetzung der Wasserstoffstrategie sowie des Erneuerbares-Gas-Gesetzes und mehr Engagement des Klimaministeriums auf EU-Ebene gegen die deutsche Gasumlage.

Lukas Hammer, Klima- und Energiesprecher der Grünen, zeigte sich in einer Aussendung „fassungslos“ angesichts der Aussagen Grafs. Die ÖVP-Energiesprecherin, „deren Partei uns mit in die Abhängigkeit von Putins Gas getrieben hat“, erzähle „immer noch das Märchen vom billigen russischen Gas“, so Hammer. Sollte sich der russische Präsident Wladimir „Putin entscheiden, den Gashahn zuzudrehen, wird das noch dramatischere Auswirkungen auf unsere Gaspreise haben“, ergänzte er. Die Gasversorger seien jetzt „gefordert, endlich alternative Versorgungsquellen zu nutzen“.

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„Die Regierung stellt damit die Versorgungssicherheit der österreichischen Bevölkerung aufs Spiel“, kritisiert SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll in einer Aussendung die „Showpolitik“. Er fordert von der Regierung, einen „echten Plan vorzulegen, um aus russischem Gas auszusteigen“. Wirtschaftskammer-Generalsekretär Karlheinz Kopf wie auch Kurt Egger, Generalsekretär der ÖVP-Teilorganisation Wirtschaftsbund, kritisierten in Aussendungen die gesetzliche Verpflichtung zur Diversifizierung. Kopf forderte einen „Genehmigungsturbo für wichtige Versorgungssicherheitsprojekte“.

Die Industriellenvereinigung forderte „eine Lösung für das drohende Ende des Gastransits durch die Ukraine“ und den raschen Bau der Pipelineanbindung Richtung Deutschland (WAG-Loop). Die Verantwortung für die Versorgungssicherheit dürfe nicht von der Politik auf die Gasversorger abgewälzt werden, wenn die Rahmenbedingungen nicht stimmen.

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