Dass der amtierende ÖVP-Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher Gouverneur der Oesterreichsichen Nationalbank (OeNB) wird, stößt bei der Opposition auf harte „Postenschacher“-Kritik. Noch dazu geschieht der Wechsel ohne einer sogenannten Cooling-off-Phase, also nach einer Pause von der vorherigen Tätigkeit. Eine solche solle es künftig geben, forderten am Mittwoch etwa SPÖ und NEOS.
Grundsätzlich ist es in Österreich nichts Neues, dass ehemalige (Finanz)Minister später auch Notenbank-Chef wurden. Das letzte Mal ist nun aber doch schon einige Jahrzehnte her. ÖVP-, SPÖ- oder FPÖ-nahe wie der derzeitige Gouverneur Robert Holzmann waren alle bisherigen Gouverneurinnen und Gouverneure. Mit Maria Schaumayer von 1990-1995 hatte es auch einmal eine – in diesem Fall ÖVP-nahe – Frau auf den Spitzenposten geschafft.
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Die SPÖ fordert einmal mehr grundsätzliche „Cooling-Off-Phasen“. Das Bild, direkt aus der Regierung heraus seinen eigenen künftigen Posten mitzubeschließen, sei „höchst problematisch“, befand SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Sandra Breiteneder am Mittwoch am Rande einer Pressekonferenz. Dies gelte unabhängig davon, ob man qualifiziert sei oder nicht.
„Einen derart ungenierten Postenschacher wie bei den ÖVP-Ministern Brunner und Kocher hat diese Republik noch nicht gesehen“, schimpfte FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz in einer Aussendung auch mit Blick auf Finanzminister Magnus Brunner, der vom Finanzminister zum EU-Kommissar wird. Die politischen Abtauschgeschäfte, die die Volkspartei für diese Personalia mit ihrem kleinen Regierungspartner Grüne eingegangen sei, geißelte der Freiheitliche. Er mutmaßt, dass deswegen der Ausstieg aus russischem Gas bis 2027 erfolge und die Zustimmung zur hierzulande teils umstrittenen und von den Freiheitlichen vehement abgelehnten EU-Renaturierungsverordnung erfolgen werde.
NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger wollte Kocher zwar die ausbildungsgemäße Qualifikation nicht absprechen, ortet in dieser und den weiteren von der Bundesregierung fixierten Postenbesetzungen aber eine schiefe Optik. Unbedingt brauche es bei Regierungsmitgliedern Abkühlungsphasen, wenn sie auf wichtige Posten wie etwa jenen bei der Nationalbank wechseln. Zudem solle bei Kocher auch nicht vergessen werden, dass er Teil jener Bundesregierung sei, unter der es derzeit „wirtschaftlich maximal eine Stagnation und in der Industrie eine Rezession“ und überbordende Schuldenanhäufung gebe.