
Zuletzt sind vor allem Security-Bereich und in der Gastronomie zahlreiche Fälle von Schwarzarbeit aufgeflogen. Das wollen die zuständige Gewerkschaft vida und die SPÖ nicht auf sich sitzen lassen. Sie orten ein „betrügerisches Geschäftsmodell mit System“ mancher Firmen. Dieses schade Arbeitnehmenden, Steuerzahlern und ehrlichen Firmen gleichermaßen. Die Regierung müsse strengere Regeln einführen. Die Wirtschaftskammer kritisierte „polemische Pauschalverurteilungen“.
Die Hotellerie/Gastronomie sowie der Security-Bereich seien durch die öffentliche Hand über die Corona-Krise gebracht worden, erinnerte vida-Chef Roman Hebenstreit bei einer Pressekonferenz am Mittwoch in Wien. Und gerade in diesen Wirtschaftsbereichen habe es zuletzt die „tragischen Fälle“ auffallend hoher Schwarzarbeit gegeben. Beim Festival, sei die versuchte Flucht im Laufschritt von Schwarzarbeitenden in SMS-Gruppen organisiert worden. In Kärnten versuchten indes Wirte während der Kontrolle der Finanzpolizei noch rasch illegal Beschäftigte zu legalen zu machen, gab sich Hebenstreit schockiert.
Beim Festival in Niederösterreich hatte es 66 Anzeigen gehagelt. 48 betrafen alleine zwei Firmen. In der Kärntner Gastronomie waren bei 40 Kontrollen 44 Verstöße festgestellt worden. Bei den Paketzustellern gibt es laut Gewerkschaft grundsätzlich ähnliche Probleme.
„Das ist alles ist fast nicht mehr in Worte zu fassen“, sagte der Gewerkschafter. „Das alles passiert niemandem bloß so.“ Der entstehende Schaden sei enorm. Würden alle ihre Abgaben ordentlich entrichten, müssten alle weniger bezahlen, gab Hebenstreit zu bedenke. Doch die SPÖ beiße immer wieder mit ihren Anträgen für strengere Regeln auf Granit, bedauerte die sozialdemokratische Tourismussprecherin, Melanie Erasim. „Dabei würden durch solche sowohl die Unternehmen als auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschützt.“ Zudem gelte, dass man nicht auf Kosten von ausgebeuteten Mitarbeitern Urlaub oder einen Restaurantbesuch genießen könne und wolle.
Robert Seeber, WKÖ-Spartenobmann für Tourismus- und Freizeitwirtschaft, kritisierte den „Rundumschlag der Gewerkschaft vida aufgrund einzelner, bedauerlicher und klar zu verurteilender Vorfälle“. „Leider gibt es immer wieder einige wenige, die sich nicht an die Regeln halten, damit den Wettbewerb verzerren, den Arbeitnehmer:innen schaden und das Image der Branche beeinträchtigen“, bedauerte der Unternehmensvertreter. „Dafür haben wir nicht das geringste Verständnis.“ Als touristische Interessenvertretung schütze man keine schwarzen Schafe und distanziere sich von wettbewerbsverzerrendem und unfairem Verhalten sowie Betrieben, die sich nicht an die rechtlichen Vorgaben halten.
Hebenstreit fragte auf die ÖVP-„Normalitätsdebatte“ anspielend: „Seid ihr in Eurer Verantwortung eigentlich noch normal?“. Steuerbetrug und -hinterziehung werde aus seiner Sicht von den ÖVP-Finanz- bzw. Arbeitsministern (Magnus Brunner bzw. Martin Kocher) nämlich „ignoriert“. Das sei eine „Provokation für den Steuerzahler“.
Die Gewerkschaft und die SPÖ fordern einige Maßnahmen, begonnen bei mehr Kontrollen und einer Aufstockung der Arbeitsinspektion. Es fehlten zumindest 35 Inspektorinnen um den Richtwert der Internationalen Arbeitsinspektion (ILO) für industrielle Marktwirtschaften zu schaffen. Vorausschauend brauche es aber 50 mehr.
Auch eine Erstauftraggeberhaftung sei einzuführen. So sollen Auftraggeber und Veranstalter für ihre Subunternehmen – an denen sie manchmal auch beteiligt sind – haften, wenn diesen Vergehen nachgewiesen werden. Hebenstreit fordert auch eine verstärkte Anwendung des Straf- anstatt des Verwaltungsrechts, wenn es offensichtlich um Betrug mit System gehe. Die Strafen für Lohn- und Sozialdumping müssten ebenso auf ein abschreckendes Maß erhöht werden.
Zudem gehöre insofern zur Vernunft zurückgekehrt, als dass man die Abschaffung des Kumulationsprinzip bei Strafen wieder rückgängig mache. Das sei nämlich „ein Freibrief wiederholt gegen das Sozialrecht zu verstoßen“. Man zahle nur einmal, „der Rest ist gratis“, beklagte Hebenstreit. 2021 war das Kumulationsprinzip unter Türkis-Grün abgeschafft worden.
Wirtschaftskämmerer Seeber verwies in seiner Aussendung darauf, dass Lohn- und Sozialdumping strafbar sind, ohne auf geforderte strengere Regeln und höhere Strafen konkret einzugehen. Betroffene Betriebe müssten die Verantwortung für ihr Handeln tragen. Die WKÖ informiere über Regeln und Folgen bei Nicht-Einhaltung. „Wichtig sind hier transparente und unbürokratische Regelungen, um Unsicherheiten bei der praktischen Handhabung zu vermeiden“, betont Seeber. „Mit den (derzeitigen, Anm.) Kontrollen werden die redlichen Unternehmen gestärkt und faire Wettbewerbsbedingungen gewährleistet.“