Steyr soll Zentrum für „Future Mobility“ werden

Am Weg zur Energie- und Mobilitätswende setzt Oberösterreich auch auf Kooperation mit Deutschland

Die beiden Landesräte Markus Achleitner (Wirtschaft und Energie, r.) und Günther Steinkellner (Mobilität und Infrastruktur) knüpften in Berlin Kontakte und informierten sich über die Fortschritte im Bereich der Energie- und Mobilitätswende im Nachbarland.
Die beiden Landesräte Markus Achleitner (Wirtschaft und Energie, r.) und Günther Steinkellner (Mobilität und Infrastruktur) knüpften in Berlin Kontakte und informierten sich über die Fortschritte im Bereich der Energie- und Mobilitätswende im Nachbarland. © Land OÖ/Grilnberger

Auch wenn sie im Endausbau ein Zukunftsthema ist, ist aktuell kaum etwas so gegenwärtig wie die nötige Wende im Energie- und Mobilitätsbereich. „Diese ist Herausforderung und Chance zugleich“, so Wirtschafts- und Energielandesrat Markus Achleitner bei einem Besuch in Berlin.

Heimische Schlüsselbranche

Vor allem im Bereich der in Oberösterreich so starken Automobil(zulieferer)branche müsse auf einen erfolgreichen Wandel gesetzt werden, spricht der Landesrat dabei eine wichtige Branche an. Dass hier die Voraussetzungen gegeben sind, davon ist Achleitner überzeugt. In einem Radius von 50 Kilometern finde man nahezu alle Kompetenzen und die Infrastruktur zur Entwicklung und Fertigung nachhaltiger Fahrzeugkonzepte für Nutz- und Sonderfahrzeuge, betont er. Insgesamt sind in der Branche in Oberösterreich 280 Unternehmen und Forschungseinrichtungen tätig, die mit 16,1 Mrd. Euro Umsatz und 55.000 Mitarbeitern eine Schlüsselrolle in der heimischen Wirtschaft einnehmen.

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Steyr als Epizentrum

Wird hierzulande etwa auch mit EU-geförderten Projekten in St. Valentin bei der DigiTrans GmbH aktuell an autonomem Fahren im Güterverkehr geforscht und gefeilt, so ist Steyr bereits die Wiege der Automobilindustrie. Gerade auch hier ist der Umbau bereits im Gang, LR Achleitner sieht die Stadt daher auch als künftiges „Zentrum für Future Mobility“ in Österreich. Die Grundsteine dafür wurden bereits gelegt. So konnte vor kurzem nach zweijährigen Verhandlungen bekannt gegeben werden, dass BMW bis 2030 eine Milliarde Euro in neue Elektromotoren-Werke in Steyr investiert. Achleitner betont die Bedeutung: „Wir waren hier in Konkurrenz mit allen deutschen Standorten sowie dem Favoriten Mexiko. Nun werden rund die Hälfte der aktuell 4400 Beschäftigten im Bereich der Elektromobilität künftig in Steyr sein.“ Zudem verweist er etwa auf die AVL LIST oder den MAN-Nachfolger Steyr Automotive in der Region. „Es geht in einem unserer Stärkebereiche in die richtige Richtung“, ist der Landesrat überzeugt.

Austausch mit Berlin

Um sich in diesem Bereich auch international besser zu vernetzen, besuchte Achleitner gemeinsam mit Mobilitäts- und Infrastruktur-Landerat Günther Steinkellner und einer Wirtschaftsdelegation Berlin, wo man sich zum Ziel gesetzt hat, bis 2045 klimaneutral zu werden.

In der deutschen Bundeshauptstadt forschen zahlreiche Berliner Forschungseinrichtungen, Start-ups und Industriebetriebe an möglichen Zukunftsszenarien.

Dass Berlin bzw. das Bundesland Brandenburg Veränderung kann, dass haben sie etwa schon bei der Entwicklung der Arbeitslosigkeit bewiesen. Hier sank die Arbeitslosenquote von rund 18 Prozent rund um das Jahr 2005 auf mittlerweile unter 6 Prozent. Auch in der Bundeshauptstadt ist wie in Oberösterreich die Automotivebranche ein Schlüsselbereich mit mehr als 200 Unternehmen. Als eines der größten aktuellen Projekte gilt natürlich die GigaFactory von E-Autopionier Tesla. Aber auch im Ullsteinhaus, dem ehemaligen höchsten Gebäude Deutschlands, haben sich mittlerweile 130 Start-ups eingemietet. Unter anderem die Elo Mobility, die starke Verbindungen nach Oberösterreich bzw. Steyr besitzt, und Autohersteller beim Technologiewandel hin zu emissionsfreien Mobilitätslösungen unterstützt. Dort ist man aktuell der Überzeugung, dass Wasserstoff im Moment vor allem für Nutzfahrzeuge wie Busse und Lkw Sinn macht. „Daher ist Steyr Automotive auch sehr interessant für uns“, so Geschäftsführer Henning Heppner. Große Ziele setzt man sich auch am Zentrum für Erlebbare KI und Digitalisierung (ZEKI) an der TU Berlin. „Wir wollen Fahrzeuge mit Software so ausstatten, dass sie so intelligent wie Menschen fahren“, heißt es dort.

Wasserstoffstrategie

Insgesamt unterstützt auch die deutsche Bundesregierung die Vorhaben für die Mobilitäts- und Energiewende intensiv. 2020 wurde die Nationale Wasserstoffstrategie beschlossen. Hier wurden 38 konkrete Maßnahmen definiert, die zum Erfolg führen sollen. Der Fokus liegt auf grünem Wasserstoff — insgesamt stehen 9 Mrd. Euro zur Verfügung. Wie des öfteren an diesen Tagen in Berlin wurde aber auch hier betont, dass man technologieoffen forschen will. Ein Ansatz, den auch LR Steinkellner klar unterstützt. „Technologieoffenheit ist absolut wichtig, es darf keine Denkverbote geben“, betont er. Vor allem da er davon ausgeht, dass bis 2040 der Strombedarf im Straßenverkehr in Oberösterreich um das Zwölffache angestiegen sein wird.

Stärkere Kooperation

Am Energiesektor wollen OÖ und Deutschland künftig stärker zusammenarbeiten. In Berlin konnte eine engere Kooperation der Deutschen Energieagentur DENA und dem Energieinstitut der Johannes Kepler Universität beschlossen werden. Beide sollen jeweils vom Know-how und den Vorzeigeprojekten des anderen profitieren.

St. Marien im Fokus

Anregungen für innovative Lösungen holte man sich schließlich auch noch auf der Smart Country Convention, die sich vor allem mit digitaler Verwaltung beschäftigt und wo Österreich Partnerland ist. Und auch die oö. 5000-Seelen-Gemeinde St. Marien (Bezirk Linz-Land) auf der Hauptbühne eine Rede über ihre vorbildliche digitale Verwaltung halten durfte. „Eine große Überraschung und Ehre für uns“, so Bürgermeister Walter Lazelsberger.

Auch die Linzer Softwareberatung Reqpool konnte sich auf der Messe präsentieren. Will man doch an einer Zeitenwende mitwirken. Dort erwartet man, dass Ende des kommenden Jahrzehnts behördliche Entscheidungen weitgehend autonom und gleichzeitig voll transparent von Künstlicher Intelligenz (KI) getroffen werden.

Von Christoph Steiner aus Berlin

Der Autor nahm auf Einladung der oö. Standortagentur Business Upper Austria an der Reise nach Berlin teil.

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