Unicredit-Chef Andrea Orcel hat ein öffentliches Übernahmeangebot für die Commerzbank ausgeschlossen. Das wäre ein zu aggressiver Schritt, sagte er in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview mit der italienischen Zeitung „Il Messaggero“. Die Bank-Austria-Mutter habe keine Eile, den Anteil an der Commerzbank auf mehr als die bereits erworbenen neun Prozent auszubauen.
Der deutsche Bund habe die Commerzbank-Aktien an die italienische Bank verkauft, weil er sie für eine verlässliche und geeignete Investorin halte. Man werde die übrigen vom Bund gehaltenen Commerzbank-Aktien kaufen, wenn sich die deutsche Bundesregierung zu einem Verkauf entschließe und wenn Unicredit willkommen sei.
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In einem Gespräch mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ sagte Orcel zudem, man könne die Commerzbank-Aktien auch wieder abstoßen. Die Bank sei in diesem Jahr in einem kontinuierlichen Dialog mit verschiedenen Interessengruppen, inklusive der Bundesregierung, gestanden. „Wenn wir der Meinung gewesen wären, dass wir nicht willkommen sind – ob es heute so ist, bleibt abzuwarten – dann hätten wir diesen Ansatz nicht verfolgt. Denn bei solchen Transaktionen müssen sich die Hauptakteure einig sein“, sagte der Bankchef. Die deutsche Bundesregierung habe vom Interesse der Unicredit gewusst. „In den letzten zwei bis drei Jahren haben wir der deutschen Regierung und einer Reihe von anderen Beteiligten wiederholt unser Interesse an der Commerzbank signalisiert.“ Er wünsche sich zu gegebener Zeit einen konstruktiven Dialog mit dem Commerzbank-Management und der deutschen Bundesregierung.
In einer Auktion vergangene Woche war ein Paket von 4,5 Prozent des deutschen Bundes an der Commerzbank ausschließlich an die Unicredit gegangen, weitere 4,5 Prozent erwarben die Italiener über den Markt. Das Frankfurter Geldhaus hat bisher zurückhaltend auf Avancen der Unicredit reagiert und den Bund gebeten, seine restliche Beteiligung von zwölf Prozent an der Bank zu halten. Die Commerzbank wünscht sich wieder mehr Ruhe. Nächste Woche will sie bei einer Strategiesitzung ihre Optionen ausloten.
Die deutsche Bundesregierung hatte zuletzt mitgeteilt, die neue Lage noch zu sondieren. Reuters hatte vergangene Woche berichtet, formal stehe zwar der Beschluss noch, die Beteiligung des Bundes schrittweise abbauen zu wollen. Der plötzliche Einstieg der Italiener habe die Lage aber verändert, weswegen zunächst keine Verkäufe zu erwarten seien. Es solle vorerst abgewartet werden.
Mit der Angelegenheit vertraute Personen sagten Reuters, die Regierung in Rom sehe positive Effekte durch einen Zusammenschluss von Unicredit und Commerzbank, solange der Firmensitz in Italien bleibe. Die Mailänder würden sich um die Erlaubnis der Aufsichtsbehörden bemühen, potenziell bis zu 30 Prozent an der Commerzbank erwerben zu können, sagten andere Insider. Ein früherer Annäherungsversuch an die Commerzbank noch unter Ex-Unicredit-Chef Jean Pierre Mustier war in Italien auf politischen Widerstand gestoßen. Hauptgrund dafür waren Pläne für eine Holdinggesellschaft in Deutschland. Grenzüberschreitende Fusionen wurden in der Vergangenheit in Rom oft kritisch gesehen. Denn italienische Banken spielen eine wichtige Rolle für die dortige Regierung, den ungewöhnlich hohen Schuldenberg zu refinanzieren.
Orcel sagte der „FAZ“, dass er die Beteiligung erhöhen, auf dem jetzigen Niveau belassen oder sie wieder verkaufen könne. Ein Rückzug sei dabei nicht seine Präferenz. „Im Moment sind wir nur ein Finanzinvestor bei der Commerzbank. Wir könnten die Beteiligung auch wieder verkaufen und einen bedeutenden Gewinn machen, denn der Aktienkurs der Commerzbank ist schön gestiegen.“ Deutschland brauche mehr Wettbewerb im Bankenmarkt, warb er für seinen Vorstoß. „Eine zweite starke und profitable Bank könnte dabei helfen.“ Die Commerzbank und die bereits zur Unicredit gehörende Münchner HVB ergänzten sich sehr gut. Deswegen gebe es relativ positive Reaktionen von Unternehmen, besonders aus dem Mittelstand.
Orcel sagte, die deutsche Bundesregierung habe auf jeden Fall von dem Interesse gewusst. Dies sei in den vergangenen Jahren immer wieder deutlich gemacht worden. In der jüngsten Auktion sei seine Bank nicht unerwünscht gewesen. Der deutsche Bund hätte sich einem Insider zufolge eine Verteilung auf viele Investoren gewünscht. Laut Orcel ist dies aber kein Heranschleichen mit feindlichen Absichten. Neun Prozent sei eine bedeutende Beteiligung, aber nicht mehr. „Wir hätten ein vollständiges Übernahmeangebot abgeben können, aber das haben wir nicht getan.“