Verkehr, Energie, Hafen: Auf Innovationsreise durch Antwerpen

V. l.: Markus Achleitner und Günther Steinkellner: „Wasserstoff spielt bei der Energiewende eine zentrale Rolle. Das zeigt sich auch in Antwerpen.“
V. l.: Markus Achleitner und Günther Steinkellner: „Wasserstoff spielt bei der Energiewende eine zentrale Rolle. Das zeigt sich auch in Antwerpen.“ © Land OÖ/Grilnberger

Mit rund 500.000 Einwohnern ist Antwerpen die zweitgrößte Stadt Belgiens. Die Stadt an der Schelde beherbergt eine Universität, ist die Diamantenmetropole schlechthin, der Barockmaler Anthonis van Dyck erblickte hier das Licht der Welt und ebenso Fußball-Superstar Romelu Lukaku.

Der 123 Meter hohe filigrane gotische Turm der Liebfrauenkirche ist UNESCO-Weltkulturerbe und im Inneren der katholischen Kathedrale befinden sich vier Werke des Malergenies Peter Paul Rubens, der in der Stadt am 30. Mai 1640 verstarb. Darum ist Antwerpen auch ein beliebtes Ziel bei Touristen.

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Doch das alles wird überstrahlt vom Hafenareal, das 152 Quadratkilometer groß ist – und somit rund eineinhalb Mal so groß wie das Stadtgebiet von Linz. Darüber hinaus ist der Hafen nach Umschlag und Umsatz der zweitgrößte Europas; nebenbei gesagt knapp hundert Kilometer landeinwärts der Scheldemündung in die Nordsee.

Multimodaler Hafen auf 152 Quadratkilometern

Im Hafengebiet sind insgesamt 1.400 Unternehmen angesiedelt, 164.000 Arbeitsplätze hängen direkt oder indirekt von dieser Logistikdrehscheibe – jeder Hafenterminal verfügt über einen direkten Bahnanschluss – ab. Und um dem die Krone aufzusetzen: Antwerpen ist Europas größter Autohafen: 3,5 Millionen Autos werden hier pro Jahr abgefertigt; und in dieser Logistikkette findet sich auch das Schwertberger Logistikunternehmen Hödlmayr, das mittlerweile seit Jahrzehnten in Belgien eine Niederlassung betreibt.

Diese Zahlen und Fakten bekam bei mehreren Stationen in Belgien eine oberösterreichische Delegation, angeführt von den Landesräten Markus Achleitner (Energie, Wirtschaft) und Günther Steinkellner (Infrastruktur) präsentiert.

Drittwichtigster Hafen für Österreichs Exportwirtschaft

Der Hafen ist übrigens ein wesentlicher Faktor für Oberösterreichs Exportwirtschaft. Der Hafen an der Schelde positionierte sich mittlerweile nach Koper und Hamburg in der österreichischen Seehafenbilanz an dritter Stelle. Derzeit fahren sieben Züge pro Woche mit Waren und Gütern aus Österreich gen Antwerpen – und die Aussichten stehen gut, dass dies künftig zunehmen wird.

Belgien ist darüber hinaus seit dem Vorjahr fünftgrößter Exportmarkt für Österreichs Wirtschaft. Besonders geboomt haben dabei chemische Erzeugnisse mit einer Steigerung von 150 Prozent im Jahresvergleich zu 2022. Dazu muss man auch wissen: In Antwerpen befindet sich der größte Chemiecluster Europas, nach Houstin in Texas (USA) der zweitgrößte der Welt. 15 Prozent des EU-Gasmarkts laufen über Antwerpen, an der belgischen Chemieindustrie hängen 100.000 Arbeitsplätze im westeuropäischen Königreich.

Ganz dem Zug der Zeit entsprechend sind Antwerpens Hafenverantwortlichen erpicht, die Transformation von Mobilität und Energie voranzutreiben. Projekte umfassen zum Beispiel ein mit Wasserstoff angetriebenes Schiff, die Etablierung und den Ausbau eine Nahwärmenetzes sowie den Ausbau der Kreislaufwirtschaft. Immer mit dem Ziel, die CO2-Emissionen zu senken.

Technologieoffenheit als wesentliche Voraussetzung

Die Technologieoffenheit spielt dabei eine große Rolle. Forschungen und Projekte gibt es in Antwerpen diesbezüglich zuhauf; bei der Firma D-CRBN geht es in einem Pilotprojekt um CO2-Reduktion mittels Plasma. Die am Hafen ansässige Firma CMB.TECH baut Fortbewegungsmittel aller Art (Traktoren, Lkw, Kräne, etc.) um, damit diese mit Wasserstoff betrieben werden können, der Hafen arbeitet mit BASF an einem Projekt, CO2 auf alte Schiffe zu verladen und in aufgelassenen Öl- und Gasfeldern zu deponieren und gleichzeitig sind Offshore-Windparks ebenfalls ein großes Thema.

Die Verantwortlichen der Stadt Antwerpen wollen diesbezüglich auch ein entsprechendes Umfeld schaffen, nehmen Unternehmen auf eine „Innovationsreise“ mit. Dazu tragen beispielsweise Inkubatoren für Start-ups oder Accelleratoren für Forschungsunternehmen bei. Der Fokus liege dabei klar darauf, „eine nachhaltigere Chemieindustrie zu etablieren“, wie es heißt.

Wenige Kilometer vom Hafen entfernt ist auch der Lkw-Hersteller DAF Trucks bemüht, sich für die Mobilität der Zukunft im Schwerverkehr zu rüsten – in Bezug auf Assistenzsysteme und in Bezug auf die Antriebsart. „Wir haben hier einen 360-Grad-Ansatz“, so Verkaufsdirektor Michiel Kuijs. Daher fokussiert DAF Trucks bei den Antriebsarten auf Diesel, Plug-in, Batterieelektrizität und Wasserstoff gleichermaßen.

Transformation muss sozial verträglich sein

Für Wirtschafts- und Energielandesrat Markus Achleitner ist klar: „Die Energiewirtschaft und die Mobilität in Richtung erneuerbare Energie zu transformieren, ist eine historische Aufgabe. Das zeigen die mannigfaltigen Bemühungen in Belgien, aber auch wir in Oberösterreich haben diesbezüglich etliche Projekte in der Pipeline.“ Infrastrukturlandesrat Günther Steinkellner ergänzt: „Man darf sich nicht auf eine einzige Technologie kaprizieren, das ist jedenfalls auch klar.“

Laut Achleitner und Steinkellner sei es notwendig, in Österreich das Gasnetz zu ertüchtigen, das Stromnetz auszubauen sowie den Stromverbrauch zu reduzieren. Eine Prämisse nennt Achleitner auch: „Die Transformation muss jedenfalls wirtschaftlich und sozial verträglich geschehen, denn der Wirtschaftsstandort Oberösterreich darf dadurch nicht seine Wettbewerbsfähigkeit verlieren.“ Er ist aber überzeugt, dass – einen technologieoffenen Ansatz vorausgesetzt – der Umbau der Mobilität und der Energieversorgung dank Forschung und Entwicklung ökonomisch und ökologisch sinnvoll ist.

Von Oliver Koch aus Antwerpen

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