Kanzler sieht Infrastruktur als Schlüssel für Standort

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat am Montag die Bedeutung der Infrastruktur für die Wirtschaft und die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs hervorgehoben. Der Ausbau von Straße, Schiene und Energienetzen sei der „Schlüssel“ für den Standort und somit die Zukunft, sagte er bei einem Pressetermin in Wien. Kritik äußerte er in Richtung des grünen Koalitionspartners, der „aufgrund einer dogmatisch gesteuerten Politik“ in diesem Bereich wichtige „Lückenschlüsse“ verhindert habe.

Nehammer ortete eine „Vielzahl“ von Projekten, die wegen einer „nicht mehr zukunftsgemäßen Verzögerungstaktik“ des grün-geführten Verkehrsministeriums hintangehalten worden seien. So seien viele Vorhaben zwar im Gesetz vorgesehen, das Ministerium unter Leonore Gewessler (Grüne) prüfe aber in vielen Fällen zu lange und ohne Ergebnis, bemängelte der ÖVP-Chef. Für die wirtschaftliche Weiterentwicklung des Landes sowie die Sicherung von Arbeitsplätzen seien diese Projekte – konkret nannte er etwa den Lobautunnel in Wien – allerdings von zentraler Bedeutung.

Es sei auch eine „Illusion zu glauben, dass es in Zukunft keine Pendlerinnen und Pendler mehr gibt“. Individualverkehr werde weiter eine Rolle spielen, selbst wenn Schiene und öffentlicher Verkehr ausgebaut werden. Außerdem gebe es technische Fortschritte im Verkehrsbereich, der in Zukunft eine CO2-neutrale Fortbewegung erlaube. „Deswegen ist das Argument gegen die Straße ein Argument gegen die Zukunft, gegen die Entwicklung, gegen den Wirtschaftsstandort und gegen den Arbeitsplatzstandort Österreich.“ Er selbst werde den Ausbau der Infrastruktur forcieren, sollte er nach der Wahl im Herbst erneut in Regierungsverantwortung kommen, versprach Nehammer, der in den vergangenen Jahren im Verkehrssektor aber auch Erfolge mit dem grünen Koalitionspartner sieht.

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) plädierte wie der Kanzler dafür, Verkehr, Schiene und den Energiebereich „gesamtheitlich“ zu denken. Ziel müsse es sein, einen „Wirtschaftsstandort zu haben, der klimafit ist, der aber auch innovativ ist“. Brunner verwies auf Investitionen der Bundesregierung, etwa für den Ausbau der Erneuerbaren Energie. So stelle der Bund mehrere Milliarden für die Wärmewende zur Verfügung, außerdem sei zuletzt die Wasserstoffförderung aufgestockt worden.

Insgesamt brauche es einen Zubau von 85 Kilometern, um „das Optimum für die Österreicher was die Straßeninfrastruktur betrifft zu erhalten“, rechnete ÖVP-Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger vor. Er verwies auf Projekte wie die S18 in Vorarlberg, die eine wichtige Entlastung der Anrainer sowie eine Anbindung an das Nachbarland Schweiz bringe. Ottenschläger hob zudem das auf Eis gelegte Projekt rund um den Lobautunnel hervor, wo es um die „Entlastung von zigtausenden Menschen“ gehe.

Verkehrsministerin Gewessler wurde bei einer anderen Pressekonferenz auf den Nehammer-Termin angesprochen. Sie kenne die Inhalte noch nicht, betonte sie – fügte jedoch hinzu: „Ein weiter wie bisher geht sich nicht aus, wenn man Umwelt und Klima schützen will.“ Jahrzehnte lang sei zubetoniert worden, darunter oft auch wichtige landwirtschaftliche Flächen. Dies alles für „noch eine Straße und noch mehr Verkehr“. Man wisse aber: „Mehr Straßen heißt auch, auf noch mehr Straßen im Stau zu stehen.“

„Und dieses Paradigma habe ich geändert, weil wir bauen jetzt die Infrastruktur, die wir für die Zukunft brauchen“, erklärte Gewessler. Darum gebe es etwa Rekordinvestitionen in die Schiene. „Immer mehr Menschen fahren mit dem Zug“, gab sie zu bedenken.

Kritik an Nehammer kam von der Opposition: „Je näher die Nationalratswahl rückt, desto abenteuerlicher werden die Versprechen des ÖVP-Kanzlers (…). Der Schwäche der ÖVP ist es geschuldet, dass diese Projekte bis heute auf Eis liegen“, so FPÖ-Verkehrssprecher Christian Hafenecker in einer Aussendung. Ähnlich die NEOS: „Anstatt die wichtigen und dringenden Reformen Österreichs endlich umzusetzen, hält Nehammer ein Plädoyer für den Straßenbau und präsentiert wieder einmal allerhand Regierungsvorhaben, die er selbst in den letzten Jahren nicht umgesetzt hat“, wurde Generalsekretär Douglas Hoyos in einer Aussendung zitiert. Der ARBÖ wiederum begrüßte die Forderung Nehammers nach mehr Straßeninfrastruktur, auch wenn „diese Entscheidung reichlich spät“ komme.

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