Wirtshaus-Perspektiven und andere Abgründe

Begeisterte beim Schlosspark Open Air: Karl Markovics
Begeisterte beim Schlosspark Open Air: Karl Markovics © APA/Hochmuth

„Wochenend‘ und Sonnenschein?“ Reimt sich auf „Glücklichsein“ im gleichnamigen Gassenhauer. Im Schlosspark begeisterte am Mittwoch Karl Markovics.

Er hinterfragt, widerlegt, relativiert Männer auf Reisen, beim Heurigen, im Prater oder einfach am freien Wochenende. Der Schauspieler, Regisseur und Autor personifiziert die Gedanken von Literaten, die um die Jahrhundertwende österreichische Seelen obduzierten, zitiert den scharfen Beobachter Bernhard oder den Zeitgenossen Ransmayr.

Eugen Roths „Schweigen schärfer als ein Fluch“ flutet den Schlosspark. Opernhaft eröffnet Markovic Texte, donnert Fortissimi, setzt Pausen, wird sachlich, schwelgt, schweigt, sein Körper bewegt sich im Rhythmus der Sprache.

Mit Alfred Polgar zerlegt er jene „sentimentalen, verduselten, gutmütigen Weisen“, die zusammen mit Alkohol Gehirne umprogrammieren, nach dem letzten „Jetzt trink ma nu a Flascherl…“ zum weltbewegenden Prinzip, im Vollrausch gar als „Geburt der Tragödie aus dem Geist der Musik“ erklärt.

Thomas Bernhards „Samstag“ aus „Der Keller“ konfrontiert den Zuseher mit seiner möglichen Nichtsnutzigkeit. Matthias Bartolomey am Cello und Helmut Deutsch am Klavier neutralisieren nach verbalen Eruptionen, besänftigen mit Liedern von Brahms, Schubert oder Schumann. Wenn sich ob der stillen Schönheit eine Träne ins Auge stiehlt, gehört sie der holden Kunst und ihren Meistern.

Da stimmt jedes Detail

Markovics verwandelt jede direkte Rede unverzüglich in einen lebendigen Menschen, wechselt nach dem Beistrich zum sachlichen Kommentator oder leidenschaftlich Widersprechenden, schwimmt an ignoranten Oberflächen, legt zugleich frei, was darunterliegt.

Ein Schmankerl stammt aus Alfred Polgars „Anfang vom Ende“. Die subtile Bosheit eines Praterkellners, an dem im „Leben unendlich viel Besoffenheit vorüberzog“ gegenüber dem „im Wollen gebrochenen Gast“ mündet als ewiger Fluss im ¾ Takt von Fritz Kreislers „Liebesfreud“.

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