„Wollen Putins Bomben nicht zahlen“

Umwelt-Landesrat Kaineder (Grüne) drängt auf Windräder-Bau, um Gas- und Ölimport zu reduzieren

Laut Landesrat Stefan Kaineder wird Österreich niemals Waffen an ein kriegsführendes Land liefern.
Laut Landesrat Stefan Kaineder wird Österreich niemals Waffen an ein kriegsführendes Land liefern. © Land OÖ

VOLKSBLATT: Hätten Sie sich vor einem Jahr vorstellen können, dass eine Grüne Ministerin die Wiederaufnahme eines Kohlekraftwerks befürwortet oder Tempo 100 km/h auf allen heimischen Autobahnen ablehnt?

KAINEDER: Die liebste Maßnahme ist es für Leonore Gewessler mit Sicherheit nicht, dass sie die Versorgungssicherheit Österreichs mit Kohle und auch die Umrüstung auf Öl in manchen Bereichen sicherstellt. Aber wir haben in den vergangenen zweieinhalb Jahren gelernt, dass es in krisenhaften Situationen eine Priorisierung braucht. Wir haben es momentan mit der vom Ukraine-Krieg ausgelösten Energiekrise und gleichzeitig mit der Klimakrise, die sich an der Trockenheit und an Bränden zeigt, zu tun. Um unsere Gesellschaftsform aufrechtzuerhalten, brauchen wir Energie, und wenn wir diese nicht aus Russland importieren können, weil wir die Bomben von Putin nicht bezahlen wollen, dann müssen wir das anderwärtig sicherstellen.

Leidet darunter nicht die Glaubwürdigkeit beim Klimaschutz?

Für die Produktion unserer Windräder, mit denen wir in Zukunft unsere Energieversorgung decken wollen, brauchen wir Energie. Und wenn das nicht Gas ist, muss es eine andere Energieform sein. Kohle ist kurzfristig verfügbar.

Auch die Zustimmung zu Waffenlieferungen durch die deutschen Grünen an die Ukraine hat viele verblüfft. Sind die Grünen endgültig von Fundis zu Realos geworden?

Mein Ziel in der Politik war es immer, nicht zu träumen, sondern die Wirklichkeit zu verändern, damit unsere Kinder und Enkel von uns einen bewohnbaren Planeten übergeben bekommen. Mir geht es darum, realistische politische Wege zu gehen. Die Waffengewalt von Putin gegen den Westen richtet sich gegen unsere Grundwerte. Das müssen wir mit Wirtschaftssanktionen beantworten, was aber Auswirkungen auf unser Leben hat und nicht einfach ist. Am Ende sind aber alle Maßnahmen und die Folgewirkungen daraus ein Kampf für unsere Gesellschaftsform und unsere Werte. Österreich ist ein neutrales Land und wird niemals Waffen in ein Kriegsgebiet liefern.

Fällt es Ihnen manchmal schwer, Entscheidungen der Grünen auf Bundesebene mitzutragen, die aus einem Kompromiss mit dem Koalitionspartner entstanden sind?

Nein, weil Kompromisse an sich das Handwerk einer funktionierenden demokratischen Politik sind. Wenn man keine absolute Mehrheit hat, muss man Kompromisse machen. Ich bin sehr zufrieden damit, dass die Grünen jetzt in Verantwortung sind. Es tut weh, dass wir genau das in Oberösterreich nicht haben.

Sie machen sich für den Ausbau von Windrädern stark und haben eine Umfrage präsentiert, wonach die Oberösterreicher Eingriffe in das Landschaftsbild befürworten. In der Vergangenheit hat sich aber gezeigt, dass es sofort regional Widerstände gibt, wenn ein konkretes Projekt am Tisch liegt.

Für mich zeigt die Umfrage ganz deutlich, dass viele Menschen verstanden haben, dass unsere Energie nicht von irgendwo herkommen und wir die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern und damit von kriegstreiberischen Regimen reduzieren müssen. Das geht nur, wenn man die Energie selbst produziert. Windräder sind eine gute Möglichkeit, die ,dunklen‘ Zeiten bei der Photovoltaik im Winter auszugleichen. Wo es konkrete Projekte gibt, muss man mit den Menschen vor Ort reden.

100 zusätzliche Windräder bis zum Jahr 2030 sind aber wohl unrealistisch?

Diese Zahl ist realistisch. Allerdings gibt es noch keine politische Einigkeit über den Bau der Windräder, was für Oberösterreich als Industriebundesland fahrlässig ist.

Stichwort umweltfreundliche Energie: Der Umstieg von Öl- oder Gas- auf Pelletsheizungen wird stark gefordert, gleichzeitig ist der Preis für Pellets durch die Decke geschossen. Verstehen Sie, dass da viele verärgert sind?

Wer in eine Pelletsheizung investiert hat, bezahlt nicht mehr Bomben und Raketen. Ich habe viele Menschen getroffen, denen dies der wichtigste Grund für den Umstieg war. Gleiches gilt für jene, die eine Photovoltaikanlage bestellt haben.

Im Fall der Grundwasserverseuchung von Ohlsdorf bleiben das Land OÖ und die betroffenen Gemeinden auf hohen Kosten sitzen, weil die Justiz keinen Beschuldigten festmachen konnte. Wie kann man verhindern, dass sich so ein Fall wiederholt?

Das kann man leider nicht ausschließen, weil hier sehr viel kriminelle Energie im Spiel war. Ich nehme das Gerichtsurteil zur Kenntnis, allerdings frustriert es mich, weil für uns die Verantwortung und damit die Kostentragung klar ersichtlich ist.

In Europa gibt es vor allem wegen der Energiekrise eine Renaissance der Atomenergie. Was bedeutet das für den Anti-Atom-Kurs Oberösterreichs, bei dem über alle Parteigrenzen hinweg Einigkeit herrscht?

Wir werden die Anti-Atom-Politik umso intensiver fortsetzen, denn diese Energieform ist zu gefährlich. Zudem sind wir beim Uranimport als Grundstoff für die Atomenergie abhängig von Russland und seinen Vasallenstaaten. Die Kernenergie ist keine Alternative und viel zu teuer.

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