Wüst a Konzert, griagst an Regn

Attwenger: Linzer Punk-Legenden lasen und musizierten im Musikpavillon

Publikum kuschelt sich um die lesenden Hans-Peter Falkner und Markus Binder von Attwenger. Da hielt das Wetter noch. Aber dann.
Publikum kuschelt sich um die lesenden Hans-Peter Falkner und Markus Binder von Attwenger. Da hielt das Wetter noch. Aber dann. © Stefan Köglberger/Stifterhaus

Punk ist tot? Punk atmet noch. In Linz. Kommt verkleidet im Gstanzl-G´wandl, fizzelt für edle Studioalben auch an der Elektronik herum. Experimente, alles fließt, aber die musikalische Grundausstattung des Linzer Duos Attwenger seit drei Jahrzehnten unverändert: Sänger Markus Binder am Schlagzeug, Hans-Peter Falkner der Magier an der Quetschn. Rotzig, witzig, schlau die mundartlichen Songtexte.

Und wenn der Bob (Dylan) zurecht den Nobelpreis für seine Songtexte einheimste, so gilt auch für Attwengers gefinkelte Textkompositionen: Das ist Literatur. Oder Poesie, such´s dir aus.

Das Stifterhaus, ehrenwertes Linzer Literaturhaus, lud also am Dienstag Attwenger in den Musikpavillon an der Donaulände zu Lesung und Konzert. Dunkle Wolken, waberndes Wetter, gute Voraussetzungen für einen interessanten Abend. Binder hatte in einem anarchistischen Anflug einen temporären Leerstand im Visier, das nahe Brucknerhaus: „Gemma eini, dort is eh a Konzerthalle.“

Kollege Falkner hat die realistischere Idee: „Drah´ ma´s um!“ Alter Philosophentrick, den Menschen von den Beinen auf den Kopf zu stellen, in diesem Fall das Publikum vom Freiraum auf die überdachte Bühne zu holen. Ein Teil des Auditoriums knotzt sich also auf die Bühne zur Band, gesittetes und freundliches Chaos im Pavillon.

Nur Verrückte planen

Binder liest über automatische Türen und überhaupt gerne darüber, was im Leben schief gehen kann. Lebe vernünftig, mach keine Pläne! Binder äußert Zweifel an der allein selig machenden Kraft des Internet („olles is dead/ oba´s internet geht“), zieht über ein Lieblingsfeindbild her, die Chauvinisten („söba si supa findn/ do sans profis“). Falkner beschränkte sich im Leseteil auf den Vortrag des Liedtextes zu „wüst“ (für Auswärtige: willst du), in der „extended version“ mindestens acht A4-Seiten lang. Höherer Unsinn, der einiges an Lebensweisheit birgt: „Wüst an anzug – griagst an hodern/ Gest du waundan – griagst a blodan/ Wüst an schnaps – griagst a bia/ Wüst a hüftn – griagst a knia“.

Sollten wir braven Zuhörerleins nach der Lesung wieder von der Bühne verschwinden? Binder war auch unschlüssig („Tat´s, wos´ woits!“). Zufall oder nicht, Attwenger eröffneten den Konzertteil mit „hintn umi“, als es richtig zu schütten begann. Die letzten Ausharrenden wanderten auf der Flucht neben und hinter die Musikanten (Liedtext: „ged mi scho so au/ geh ned oiwei hintn umi“). Binder singt noch „Frog i mi“, die Maultrommel ein schamanistisches Instrument, aber gegen grantige Regengötter auch machtlos. Für einige Minuten irre Stimmung, hier tut sich was, so muss Kunst!

Der Auftritt dauerte keine Stunde, Punk manchmal kurz und schmerzensreich. Als es stürmte und waschelte und blitzte eine Weile noch prächtige Stimmung auf der Bühne und Gespräche. Selige Erinnerung, als Linz noch, jo mei, punkiger war. Attwenger haben den Spirit würdig und frisch ins Heute getragen. Zum Nachhören auf dem aktuellen Tonträger „drum“. Riesen-Trumm Musik!

Von Christian Pichler

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