„Zeiten des stabilen Systems sind vorbei“

Energie-AG-Boss warnt vor falschen Gesetzen und schwindender Versorgungssicherheit

Energie-AG-Generaldirektor Werner Steinecker warnt auch vor falschen gesetzlichen Vorgaben und spricht von einem Imagewandel von Strom vom Problem zur Lösung.
Energie-AG-Generaldirektor Werner Steinecker warnt auch vor falschen gesetzlichen Vorgaben und spricht von einem Imagewandel von Strom vom Problem zur Lösung. © Energie AG

Energie-AG-Generaldirektor Werner Steinecker spricht im VOLKSBLATT-Interview über die Herausforderungen durch die Energiewende, gegenläufige Gesetzesvorhaben und künftige Synergien beim Breitbandausbau in OÖ.

VOLKSBLATT: Die Energie AG feiert kommendes Jahr ihr 130-jähriges Jubiläum. Angesichts der geforderten Energiewende steht man wohl vor einer der größten Herausforderungen in der Geschichte des Unternehmens?

STEINECKER: Energiewirtschaft heißt immer in sehr spannenden Zeiten zu leben. Das war schon beim Beginn 1892 so mit der Elektrifizierung des Schafberghotels, als dort zu Ehren des Kaisers ein Dampfkraftwerk errichtet wurde.

Dann kam der Wasserkraftausbau, um die beginnende Industrialisierung elektrisch zu machen. Die Stromnutzung in den Zeiten der Weltkriege wurde ein großes Thema, dann der Wiederaufbau und nun die Energiewende. Es war also immer schon spannend.

Wo stehen wir aktuell?

Bis vor 20 Jahren wurde Strom als Problem gesehen, da wurden Pelletsheizungen und andere Alternativen hochgejubelt. Nun ist der Strom nicht mehr das Problem, sondern ist zur Lösung geworden. Das ist eine der bedeutendsten Erkenntnisse in Europa und der Welt. Durch immer mehr Strom gelingt es weniger umweltfreundliche Energieträger wie Kohle oder Öl zurückzudrängen oder zu substituieren. Das bringt aber auch Probleme.

Inwiefern?

Durch diese unglaubliche Bereitschaft Energie zu sparen, also Energie in Form von Antriebsenergie, von Gas, Öl und Kohle wird immer mehr Strom als Ersatz gebraucht. Da stellt sich die Frage: Woher kommt der ganze Strom? Nicht umsonst wird etwa in China permanent der Strom abgeschaltet, stehen Fabriken mal eine Woche still, um Strom zu sparen. Diese Stromarmut führt zu einem riesigen sozialpolitischen Problem. Gleichzeitig geht damit aber auch die Lieferfähigkeit Chinas für viele im Westen benötigte Produkte verloren.

Droht durch den Umbau des Energiesystems eine Energiearmut auch in Europa?

Die Gefahr ist hochlatent. Europa hat sich in einer Art Selbstgefälligkeit eingeredet, dass wir die angenehmen Sachen wie Tourismus und Kultur machen und die ungeliebten Sachen wie Produktion die anderen.

Aber kann die Wende gelingen?

Man braucht 27 Terawattstunden alternativen Strom mehr. Es ist eine Steilvorgabe und es adressiert nur an die Produktion und nicht an das Verteilsystem. Dass die Energiewirtschaft 43 Milliarden Euro in die Ertüchtigung der Netze investieren muss hört man außer in der Branche nirgends.

Drohen Stromausfälle?

Die Zeiten der ruhigen Stromversorgung mit approbierten großen Einheiten auf thermischer Basis, auf Wasserkraftbasis, in denen der Kunde kaum Unterbrechungen hatte, die Zeiten dieses stabilen Systems sind vorbei.

Die gewohnte Versorgungssicherheit ist also Vergangenheit?

Wir werden mehr Aufwendungen machen müssen, mehr Geld einsetzen müssen, um die traditionelle Versorgungssicherheit zu erhalten. Es ist nicht gottgewollt, dass der Kühlschrank 8760 Stunden im Jahr kalt ist und drinnen das Licht brennt wenn man ihn öffnet. Dieser Glaube muss Vergangenheit sein. Wir werden mehr in die Verfügbarkeit von Elektrizität investieren müssen.

Mehr Investitionen wird auch der Kunde spüren?

Der Strom wird teurer werden, ja.

Aktuell gibt es viele Anbieter, die nur den Strom zukaufen, aber nicht selbst produzieren. Wenn der Strom nun teurer wird, werden diese dann weiter liefern können?

Wir sehen in Europa schon jetzt ein großes Anbieter-Sterben. Es wird noch mehrere Konkurse geben.

Die Politik und damit der Gesetzgeber verschreibt sich nicht nur der Energiewende sondern auch der Biodiversität. Ist das vereinbar?

Es sind Gegensätze: Im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz werden 5 Terawattstunden an Wasserkraft festgeschrieben, also das ausgebaut werden soll. Und dann kommt das Biodiversitätsgesetz und sagt das geht nicht, denn da gibt es ja schützenswerte Pflanzen und Tiere. Das wird noch sehr spannend werden, wie das umgesetzt werden soll. Das gleiche gilt für die Photovoltaik und Windenergie.

Das Biodiversitätsgesetz gibt es aber noch nicht.

Aber es wird durch die Umsetzung einer EU-Richtlinie nötig. Aktuell gibt es einen Begutachtungsprozess, in dem Stakeholder sich einbringen sollen. In Österreich wurden großteils NGOs eingeladen. Also jene, die vorher mehr Wasserkraft gefordert haben, erklären nun was alles nicht passieren darf. Jene, die die Wasserkraft ausbauen soll, die Energiewirtschaft, wurde zu diesem Prozess gar nicht eingeladen. Das ist der Zeitgeist und der österreichische Weg.

Schon einmal hat die Umsetzung einer Richtlinie in Österreich für Ärger gesorgt.

Die nationale Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie hat wieder einmal über die Strenge geschlagen. Grundsätzlich wurde bei der Richtlinie an die toten Gewässer in Italien gedacht, die wieder genesen sollten. Aber in Österreich, wo 90 Prozent der Gewässer Trinkwasserqualität haben, wollte man auch das noch verbessern. Dadurch mussten wir bisher 14 Mio. Euro für Fischaufstiege investieren.

Ist das nur ein monetäres Problem?

Mittlerweile verlieren wir durch die Mindererzeugung die Strommenge von 10.000 Haushalten in Oberösterreich weil man gewisse Wassermengen nur mehr neben der Turbine rinnen lassen darf.

Als eine Erfolgsgeschichte für die Energie AG hat sich die Sparte Breitbandausbau entwickelt.

Wir sind in diesem Bereich österreichweit die Nummer zwei hinter A1, wollen bis 2030 an die 300 Mio. Euro in diesem Bereich investieren.

In OÖ gibt es in dieser Sparte mit der Energie AG und der Fiber Service des Landes zwei Anbieter im gleichen Segment, soll das Weiterbestehen?

Voraussichtlich wird eine gemeinsame Gesellschaft gegründet, in der die beiden Bereiche zusammengeführt werden und die Stärken gebündelt werden sollen.

Mit Energie-AG- Generaldirektor WERNER STEINECKER sprach Christoph Steiner

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