Ein gesunder Darm macht gute Laune

Viele neurologische Erkrankungen könnten ihre Ursache im Darm haben

Close up of a young multi-ethnic woman's stomach cupped by h

Ob Depressionen, Angstzustände, Autismus, Demenz, Parkinson oder ALS: Viele neurologische Erkrankungen könnten ihre Ursache im Darm haben. Studien an Mäusen – und erste Arbeiten an Menschen – deuten darauf hin, dass die Darmflora diese Erkrankungen auslösen oder deren Verlauf beeinflussen kann.

„Es gibt verschiedene psychiatrische und neurologische Erkrankungen von denen man annimmt, dass sie vom Mikrobiom verursacht werden oder dass dieses deren Verlauf beeinflusst. Ein Ungleichgewicht in der Zusammensetzung der Darmflora und ihrer Botenstoffe kann zu Fehlfunktionen des Darms, des Immunsystems und damit verschiedener Organe führen. Diese können bereits im Kleinkindalter auftreten.

Das Mikrobiom und die Psyche beeinflussen sich gegenseitig. So zeigen z. B. Forschungen an Mäusen: Füttert man die Tiere mit bestimmten Bakterien oder Botenstoffen kann man depressives oder ängstliches Verhalten auslösen. Das gilt auch für Menschen. Alleine durch die veränderte Zusammensetzung des Mikrobioms (z. B. falsche Ernährung, Medikamente, Nikotin, Alkohol, zu wenig Bewegung) kann es zu Verhaltensänderungen kommen.

Die Betroffenen werden antriebslos, ziehen sich zurück, haben keine Interessen mehr. Umgekehrt können ein Trauma, eine Depression oder Stress das Mikrobiom ändern. Beides beeinflusst sich gegenseitig“, so Priv.-Doz. Markus Hutterer, Psychoonkologe und stv. ärztlicher Direktor bei den Barmherzigen Brüdern Linz.

95 Prozent des Glückshormon werden im Darm produziert

Bei psychischen Störungen braucht es zunächst Medikamente und eine Gesprächstherapie, aber durch eine Änderung des Lebensstils verbessert sich auch das Mikrobiom. Und man kommt eventuell schneller aus einer depressiven Phase oder hat schwächere Symptome. Denn: 95 Prozent des Glückshormon werden im Darm produziert. Sind schlechte Bakterien in der Überzahl hat dies einen Einfluss auf die Darmzellen, die Hormone und Botenstoffe produzieren.

Je mehr unterschiedliche Bakterien, die wichtige Moleküle produzieren, desto besser ist es um Gesundheit und Psyche bestellt. „Umso mehr Arten von Bakterien wir haben, umso besser ist es. Schlechte Darmbakterien, wie die Fäulnisbakterien (Coli-Bakterien), erzeugen beim Abbau von Proteinen eine Reihe toxischer Substanzen. Natürliche Gegenspieler sind Lakto- und Bifidobakterien – diese halten das Darmmilieu im Gleichgewicht“, erklärt der Mediziner.

Ausgewogene Ernährung und Sport sind förderlich

Was Ballaststoffe so wichtig macht sind die enthaltenen Präbiotika: Die nicht verdaulichen Bestandteile, die etwa in Zwiebeln, Chicorée oder Artischocken vorkommen, dienen Bakterien der Gattungen Lactobacillus und Bifidobacterium als Nahrung. Damit fördern Präbiotika Wachstum und Aktivität der „guten“ Bakterien – und so die Gesundheit. „Wichtiger als alle Prä-, Pro oder Postbiotika sind daher eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige Bewegung bzw. Sport, ausreichend Schlaf sowie die Reduktion von Stress.“

Erste Keime durch den Geburtsvorgang

Die individuelle Zusammensetzung des Mikrobioms formt sich in den ersten Lebensjahren. „Es entwickelt sich ab der Geburt. Das Baby selbst hat noch keine Bakterien oder Viren im Darm. Durch den Geburtsvorgang werden die ersten Keime von der Mutter auf das Baby übertragen. Auch das Stillen beeinflusst das Mikrobiom. Im Laufe der Kindheit ändert sich sowohl die Anzahl als auch die Zusammensetzung der Bakterien: „Wie ein Fingerabdruck ist das Mikrobiom eines jeden Menschen einzigartig. Es wird aber durch äußere Umstände beeinflusst, z. B. Jahreszeiten, Klima, Temperatur, Umwelt, Medikamente, Ernährung“, weiß Hutterer.

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