Die bekannte, in Oberösterreich lebende Buchautorin und Musikwissenschafterin Karin Wagner hat im Czernin Verlag eine Publikation herausgebracht, die sich von bisher gängigen Biografien deutlich abhebt. „Euer Ani, Ini, Arnold Daddi“ verbindet auf großartige Weise Familienerinnerungen mit Essays zum Komponisten Arnold Schönberg (1874-1951).
Ihre Forschungsresultate holte Wagner sich von den Nachkommen Schönbergs, narrative Interviews in englischer Sprache, und übersetzte sie ins Deutsche. Ein allein schon bewundernswertes Pensum, das sie durch das Leben Schönbergs begleitete. Aus den dokumentarisch wertvollen Briefen seiner Kinder, immerhin sind es fünf aus zwei Ehen, entstand ein wesentlich anderes Bild von Schönberg, als den Kennern seiner Musik bekannt ist.
Lesen Sie auch
Schon um 1910 wurde Schönberg von der Literatur als Neutöner geringschätzig abgeurteilt und war Zeitgenossen ein Dorn im Auge. Vollends verfemt und später als ein unbequemer Vordenker heimatlos durch die Welt gejagt, 1933 im amerikanischen Exil gelandet, bis zum wachsenden Ansehen im Banne Tristans als ein Romantiker mit Weitblick.
Die Schönberg-Kinder erzählen
Das alles über Schönberg ist weitläufig und spannend mit genauen Zeitangaben seines Lebenslaufes behandelt. Das Wort über ihren Vater haben hier aber vom Anfang bis zur letzten Seite seine Kinder Nuria (geboren 1932), Ronald (1937) und Lawrence (1941), denen das Buch auch gewidmet ist. Es ist das „Herzstück“ des Buches.
In 17 Kapiteln bedenken alle namentlich angeführten drei Sprösslinge von Jugend an bis zu ihrer eigenen Familie als Erwachsene ihren Daddi mit größtem Respekt und einer Fülle von herausragend vorbildhaften Charaktereigenschaften. Mit einer Herzlichkeit, die durch so viel Mitgefühl nachhaltig berühren muss.
Dazwischen platziert Wagner ganz präzis, stilistisch höchsten Ansprüchen gerecht, informative Essays über das Gesellschaftsleben, den familiären Alltag, Krisenzeiten, Schicksalsschläge und auch lustige Begebenheiten bei den Schönbergs. Aufblitzender Humor in Anekdoten ist immer wieder zu spüren bei dem überraschend auch als einen pessimistisch erwähnten Komponisten Schönberg.
Das musikalische Umfeld, schöpferische Höhenflüge, Aufführungserfolge, Freundeskontakte, pädagogisches Wirken, zeitgeschichtliche Betrachtungen, alle diese wesensprägenden Lebenserfahrungen von Schönberg kommen natürlich nicht zu kurz in dem auch fachlich interessanten Druckwerk und beleuchten gründlich die Persönlichkeit eines der bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts im Spiegel der Erinnerungen.
Welches Geschenk ist es gerade auch für weniger Interessierte an der neuzeitlichen Musikliteratur, die mehr neugierig machen soll und wird auf einen Schönberg, ohne den die Welt ärmer wäre.
Von Georgina Szeless