Eine Zeit, aber zwei Welten der Musik im Brucknerhaus

Start des Großen Abos im Brucknerhaus mit dem Bruckner Orchester

Das Brucknerhaus (Symbolfoto) © APA/FOTOKERSCHI.AT/WERNER KERSCHBAUMMAYR (Symbolfoto)

Ein Programm inhaltlicher und stilistischer Kontraste bot das erste Konzert im Großen Abo des Brucknerhauses am Freitag. Markus Poschner und das Bruckner Orchester stellten sich mit großem Erfolg der Herausforderung, mit Johannes Brahms` zweitem Klavierkonzert und der 1. Sinfonie des Brucknerschülers Hans Rott zwei wohl fast gleichzeitig entstandene, aber in Form und Wirkung vollkommen unterschiedliche Werke zu interpretieren.

Brahms` Konzert  in vier Sätzen sahen schon die Zeitgenossen gewissermaßen als „Sinfonie mit obligatem Klavier“. Harmonie, Einfallsreichtum und Perfektion im Wechselspiel zwischen Orchester und Solo-Instrument sind besonders ausgeprägt, das war in der schwung- und geradezu liebevollen Auslegung durch  Poschner, das Orchester und den Solisten Marc-André Hamelin zur Freude des zahlreichen Publikums jederzeit zu spüren.

Lesen Sie auch

Zu Recht gab es großen Applaus nicht nur für den Pianisten, sondern auch für die hervorragenden Solostimmen von Horn und Cello und das gesamte Ensemble. In einer charmanten Zugabe demonstrierte Hamelin nochmals Virtuosität, gepaart mit Humor.

Nach der Pause das Gegenstück: Die in jeder Hinsicht einem erratischen Block der Musikgeschichte gleichende 1. Sinfonie in E-Dur von Hans Rott, einem von seinem Lehrer Anton Bruckner hochgeschätzten Kompositions-Studenten. Rott hat dieses fordernde Werk von überbordender Dimension als 20-Jähriger begonnen und nach zwei Jahren (1880)  vollendet – zeitlich parallel zum Brahms – Konzert.

Die Sinfonie schwelgt in melodiösen Themen, deren intensive Verarbeitung sich von Satz zu Satz steigert und in einem monströsen Finale gipfelt. Auch für den Laien erkennbar sind  starke Bezüge zu Wagner und Bruckner; mehrere ausgedehnte Trompeten- (oder Flügelhorn-) Soli hören sich an wie Vorboten der „Wunderhorn“- Sinfonien Gustav Mahlers, der seine erste Sinfonie zehn Jahre später komponiert hat. Orchester und Dirigent widmeten sich dem selten aufgeführten,  ausufernden Opus mit Akribie und intensivem Einsatz; sie wurden mit mächtigem, andauerndem Applaus belohnt.

Von Paul Stepanek