Der sture Esel, die blöde Kuh oder gar die Drecksau: Viele „Sprichwörter“ sind mit der Tierwelt verbunden. Manche, teils auch negative, Eigenschaften ordnen wir dabei bestimmten Tieren zu. Schon in alten Märchen und Fabeln wurde etwa der Fuchs als schlau und der Wolf als böse dargestellt.
Wenn Tiere so vermenschlicht werden, spricht man von Anthropomorphismus (vom griechischen „anthropos“: Mensch und „morphe“: Form oder Gestalt). Doch nicht alle dieser Stereotype treffen zu, wie dieser Artikel zum Welttierschutztag (4. Oktober) zeigt:
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Behauptung: Füchse sind schlau und listig
Stimmt! Füchse haben ein ausgeprägtes Lern- und Sozialverhalten und können aus ihren Erfahrungen lernen, sagt Sven Herzog von der Technischen Universität Dresden. „Wurde ein Mitglied eines Familienverbandes einmal in einer Falle gefangen, meidet sowohl dieser als auch Familienangehörige diese oder ähnliche Gebilde“, erklärt der Experte für Wildökologie und Jagdwirtschaft.
Füchse sind zudem in der Lage, durch Beobachtungen menschliches Verhalten vorherzusagen. Das bedeutet, sie können unterscheiden, ob es sich bei einem Menschen um einen harmlosen Spaziergänger oder einen für sie eventuell gefährlichen Jäger handelt. Und: Ihre Anpassungsfähigkeit erlaube es ihnen, in unterschiedlichen Lebensräumen zu überleben.
Ein weiteres Merkmal, das zur Listigkeit der pelzigen Vierbeiner beiträgt, ist ihr auffälliges Spielverhalten, das auf eine hohe Intelligenz hindeutet. Der Verbund zwischen den Geschwistern sei stabiler als der zwischen Eltern- und Jungtieren, betont der Experte. Sie würden etwa gemeinsam in kleinen Familiengruppen jagen. „Diese sozialen Interaktionen erfordern ein gewisses Maß an Kommunikation und sozialer Intelligenz.“
Behauptung: Faultiere sind faul
Irreführend. Faultiere sind in der Tat ziemlich langsam. Sie bewegen sich fast schon wie in Zeitlupe. Nach Angaben der Umweltstiftung WWF hangeln sich die flauschigen Tiere mit einer Geschwindigkeit von acht bis zehn Metern pro Minute durch die Bäume – also umgerechnet mit einer Geschwindigkeit von nicht mal einem Kilometer pro Stunde. Am Boden sind sie sogar noch langsamer. Zudem sollen Faultiere täglich rund 18 Stunden mit Schlafen verbringen. Was für uns als faul rüberkommt, ist in Wirklichkeit aber eine effiziente Energiesparstrategie.
Die von Natur aus langsamen Tiere sind dank ihrer besonderen Ernährungsweise dazu gezwungen, solche Bewegungsmuffel zu sein. Laut WWF fressen Faultiere hauptsächlich Blätter, manchmal auch Blüten und Früchte oder auch kleinere Tiere. Ihre Mahlzeiten sind nährstoffarm und geben nicht viel Energie ab. Deswegen vermeiden die kletternden Felltierchen, die mit Ameisenbären und Gürteltieren verwandt sind, jede unnötige Anstrengung. Sogar den Toilettengang absolvieren die Tiere nur einmal pro Woche.
Behauptung: Esel sind stur
Falsch. Esel sind nicht stur, sondern einfach nur vorsichtig. „Sie stammen aus bergigen und felsigen Gegenden, wo ein falscher Tritt verhängnisvoll sein kann“, sagt eine Sprecherin des Zoologischen Forschungsmuseums Alexander König (ZMFK). Deswegen stoppen Esel, wenn sie eine Situation nicht einschätzen können.
Im Gegensatz zu Pferden sind Esel nach Angaben der Tierschutzorganisation Peta keine Fluchttiere und können durchaus gelassen sein. Daher würden die Huftiere auch kaum auf Schmerz, Angst oder Krankheit reagieren. Die aufmerksamen Esel blieben im Zweifelsfall eher stehen, was als stur wahrgenommen werden kann.
Behauptung: Bienen sind fleißig
Stimmt teilweise. Bienen können in der Tat als fleißig bezeichnet werden. Das treffe jedoch nicht auf alle Arten zu, sondern eher auf die Honigbiene, erklärt der Deutsche Imkerbund. Diese Eigenschaft beziehe sich primär auf die weibliche Honigbiene, „die sogenannte Arbeiterin, und dies insbesondere in ihrer Funktion als Sammelbiene.“ Die Honigbiene sammelt fleißig Nektar und Honigtau sowie Pollen. Sie erbringe zugleich die für Natur und Landwirtschaft so wichtige Bestäubungsleistung, welche zentral für Biodiversität, Artenerhalt und Ernteerträge sei.
Die kleinen Nektarsammlerinnen sind laut Imkerbund zudem sehr soziale Insekten, die sich auch gegenseitig zu Sammeltätigkeiten animieren, so dass sie auch ein gemeinschaftliches Sammelverhalten zeigen. „Bienen arbeiten darüber hinaus höchst ökonomisch und effizient – es gibt bei ihnen praktisch keinen “Leerlauf“ und arbeiten auch nur, wenn es sich für alle lohnt.„ Dabei nutzen sie jede Gelegenheit, um erfolgreich zu sammeln.
Effizient sind die Bienen vor allem gemeinsam als Volk. In einer Studie markiert der Zoologe Jürgen Tautz gemeinsam mit seinen Kollegen Sammelbienen aus einem Stock mit 4.000 Tieren. Die Wissenschafter beobachteten, wie viel Prozent der Sammelbienen auf Flüge gehen und wie oft – mit ernüchternden Ergebnissen: Hochgerechnet auf 25.000 Sammelbienen ergab das pro Biene nur vier Ausflüge am Tag. Das gesamte Bienenvolk erbrachte laut Tautz beim Nektarsammeln erstaunliche Leistungen, die einzelne Biene sei dagegen eher faul.
Behauptung: Rabeneltern sind schlechte Eltern
Falsch. Raben haben hierzulande keinen guten Ruf. Sie gelten oft als Unglücksbringer und schlechte Eltern. Daher stammt auch die Redewendung “Rabeneltern“. Gerechtfertigt ist das nicht. Der Spruch hat seine Wurzeln in einem alten Missverständnis über das Verhalten von Raben.
Schon in der Antike galt der pechschwarze Vogel als Symbol für Grausamkeit und Gleichgültigkeit gegenüber dem eigenen Nachwuchs. Man glaubte, dass Rabenvögel ihre Jungen aus dem Nest werfen und im Stich lassen, weshalb der Ausdruck „Rabeneltern“ auch geprägt wurde und in vielen europäischen Kulturen ein negatives Bild entstand.
Dabei ist das genaue Gegenteil der Fall. Die Küken des Raben müssten nur selten die Trennung ihrer Eltern verarbeiten, „da diese in monogamer Dauerehe leben“, erklärt Tierexperte Herzog. Raben seien sehr intelligente Tiere, was sich auch in der Erziehung ihrer Jungtiere widerspiegelt. „Das Brutpaar kümmert sich hingebungsvoll um seinen Nachwuchs“, sagt der Wildtierexperte.
Behauptung: Schweine sind dreckig und unaufgeräumte Orte sind Sauställe
Falsch. Schweine sind im Gegensatz zur Behauptung äußerst saubere Tiere. „Außerdem koten die Tiere nie in der Nähe ihres Schlafplatzes, sie haben also sogar eine Art Toilette“, erklärt Zoologe Herzog. Sofern möglich, suhlen sie sich im Schlamm, um ihre Körpertemperatur zu regulieren oder sich mit einer getrockneten Schlammschicht vor Insektenstichen und Sonnenbrand zu schützen.
Eine Studie aus dem Jahr 2015 kommt außerdem zu dem Ergebnis, dass Wildschweine sogar ihr Futter waschen. Ein Team von Anthropologen hat im Basler Zoo in der Schweiz die Tiere dabei beobachtet, wie sie ihr Essen vor dem Verzehr systematisch gereinigt haben. Ob dieses Verhalten jedoch individuell oder sozial gelernt wurde, konnten die Wissenschafter damals nicht herausfinden.