Der Herbst ist da und mit ihm die Herbsttage im nö. Blindenmarkt, die sich längst als Mekka der Operette etabliert haben. Zum 35. Mal ging am Freitag in der Ybbsfeldhalle der Vorhang auf für Fred Raymonds „Maske in Blau“ und zog Publikumsscharen in Bann.
Langzeitintendant Michael Garschall wusste wieder genau, wie man es macht, als hätte er selbst die Operette erfunden. So viel Liebe, Leidenschaft und Herzblut für das auf der Bühne eher vernachlässigte Genre ist nicht so leicht aufzubringen bei begrenzten Mitteln.
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Bei dem Team mit arrivierten Sängern und Schauspielern auf seiner Auswahlliste, die für „Maske in Blau“ zwar keine Riesenbesetzung erfordert, aber durch den Wechsel der Handlungsorte San Remo und einer argentinischen Hazienda sowie das drehende Szenenkarussell von sechs Bildern einige Ansprüche stellt.
Bis zur Unkenntlichkeit des Stückes reichende Bearbeitungen – wie heute nicht selten – brauchte die ideenreiche Regie (Isabella Gregor) nicht. Gänzlich unmaskiert und ungeschminkt, wie es das Werk braucht, wurde die Produktion behandelt, um den ganzen Zauber in seiner Echtheit zu erhalten. „Ein Werk, das hält, was es verspricht“, wie das Programm vermerkt. Und den „Goldenen Zwanzigern der Berliner Revueoperette“ in hohem Maße gehuldigt.
Gerade die turbulenten Tanzszenen in der Choreografie von Lisa-Marie Rettenbacher, bei denen man beim Zuschauen schwindlig werden konnte, hielten die blendende Unterhaltung bis zum Finale aufrecht.
Mit gleichem Lob müssen die Ausstattung der Bühne (Walter Vogelweider), die Kostüme (Julia Pschedezk) und die mitspielende Maske (Tina Feßl) bedacht werden. Um diese geht es ja auch. Um das Bild des Malers Armando Cellini (Clemens Kerschbaumer), der sich in die maskierte Dame Evelyn Valera (Andreja Zidaric) verliebt, ihr einen Ring für das versprochene Wiedersehen schenkt, die Unmaskierte dann nicht gleich erkennt, aber sich in sie verliebt. Doch Freunde und Kollegen mischen sich unerwartet ins Spiel. Der gestohlene Ring sollte die Untreue des Malers beweisen. Das gelingt nicht so einfach. Zum Glück klären sich alle Missverständnisse auf und führen zum hochzeitlichen Happyend.
Neben den großartigen schauspielerischen Leistungen fielen durchwegs alle gesanglichen bühnenerprobten Stimmen auf: Elisabeth Engstler in der Rolle der Gonzala, Stefano Bernardin als Kilian, Georg Kusztrich als Pedro und das Buffopaar Mariella Hofbauer als Juliska mit Joe Frauenhofer als Lukas Karzel. Angesteckt vom ungarischen Temperament in Nebenrollen laut mitmischend auch Dany Siegel, Michael Zallinger und Stephan Eder.
Mit unglaublich echter und stilistisch immer den Originaldrive treffenden Sound erklang die Musik aus dem Orchestergraben mit dem Kammerorchester Ybbsfeld unter dem bewährten Dirigat von Altmeister Kurt Dlouhy. Die Musik lag ja dem Wiener Kabarettisten und Wahlberliner Raymond (bürgerlich hieß er Friedrich Vesely) auch im Blut mit seinen Chansons und Weltschlagern sowie nicht weniger als 21 Operetten, von denen eine solche wie „Maske in Blau“ nicht zum Umbringen ist.
Von Georgina Szeless