Herbstlohnrunde – vida will mehr als Teuerungsausgleich

vida-Chef Hebenstreit: Teuerung und höhere Arbeitsbelastung abgelten © APA/ROLAND SCHLAGER

Für die im Oktober und November startenden KV-Verhandlungen in den Branchen Eisenbahn, Straße, Handel-Lagerwesen und Reinigung fordert die Gewerkschaft vida eine Abgeltung der rollierenden Teuerung und die Abgeltung „von gesteigerten Arbeitsbelastungen“. „Die Lohnerhöhungen können sich keinesfalls an der aktuellen monatlichen Teuerungsrate allein oder am prognostizierten Konjunkturrückgang orientieren“, sagte vida-Chef Roman Hebenstreit am Montag vor Journalisten.

Konkrete Lohnforderungen will die Gewerkschaft traditionell erst zu Beginn der Kollektivvertragsverhandlungen bekannt geben. Angesichts des Zwei-Jahres-KV-Abschlusses bei den Metallern im Vorjahr liegt der Fokus der Herbstlohnrunde heuer auf anderen Branchen, etwa dem Handel und der Bahn. Der erwartete Rückgang der Wirtschaftsleistung in Österreich im laufenden Jahr und das zweite Rezessionsjahr in Folge wird die KV-Verhandlungen wohl erschweren.

Lesen Sie auch

Im September belief sich die Inflationsrate laut Schnellschätzung der Statistik Austria auf 1,8 Prozent. Die Wirtschaftsforscher von Wifo und IHS prognostizieren für 2024 einen Anstieg der Verbraucherpreise (VPI) um 3,1 bzw. 3,0 Prozent. Je nach Start der KV-Verhandlungen variiert die als Verhandlungsgrundlage dienende rollierende Inflation der vergangenen zwölf Monate. Für Oktober 2023 bis September 2024 kommt Wifo-Ökonom Josef Baumgartner auf eine Teuerung von 3,8 Prozent. Die Gewerkschaft vida verwies auf eine rollierende Inflation von 4,6 Prozent, ohne einen Zeitraum zu nennen.

Die Gewerkschaft vida pocht bei den KV-Mindestgehältern in den zu verhandelnden Branchen auf eine spürbare Anhebung. „Mit aktuellen Einstiegslöhnen um die 2.000 Euro brutto im Monat gibt es hier angesichts der in den letzten zweieinhalb Jahren massiv gestiegenen Lebenserhaltungskosten in einigen Branchen noch deutlichen Aufholbedarf“, sagte Hebenstreit bei einer Pressekonferenz mit anderen vida-Funktionären in Wien. Die Anti-Teuerungszahlungen der Regierung seien „verpufft“, unter anderem die Preise für Mieten und Lebensmittel weiterhin „extrem hoch“, kritisierte der vida-Chef. Die kollektivvertraglichen Vollzeit-Mindestgehälter belaufen sich aktuell auf 2.000 brutto pro Monat (rund 1.600 Euro netto) in der Reinigungsbranche, zwischen 1.923 und 2.591 Euro brutto in der Eisenbahnwirtschaft, 2.025 Euro brutto für Handelsarbeiterinnen und Handelsarbeiter, 2.043 Euro brutto in der Güterbeförderung und 2.174 Euro bzw. 2.773 Euro brutto (Fahrer/innen) bei privaten Autobusfirmen.

Die KV-Verhandlungen in der Reinigungsbranche – 54.000 Beschäftigte, davon zwei Drittel weiblich – starten bereits am Dienstag, dem 8. Oktober. Neben einer „Lohnerhöhung über der Teuerung“ fordert die stellvertretende vida-Chefin Olivia Janisch für Reinigungskräfte jedes zweite Wochenende garantiert frei und die rechtzeitige Bekanntgabe sowie Einhaltung von Dienstplänen durch die Arbeitgeber.

Video
Ich möchte eingebundene Social Media Inhalte sehen. Hierbei werden personenbezogene Daten (IP-Adresse o.ä.) übertragen. Diese Einstellung kann jederzeit mit Wirkung für die Zukunft in der Datenschutzerklärung oder unter dem Menüpunkt Cookies geändert werden.

Nach einem 24-stündigen Warnstreik einigten sich Ende 2022 die Bahn-Arbeitgeber und die Gewerkschaft auf einen Zwei-Jahres-KV-Abschluss. Die KV-Verhandlungen für die 55.000 Bahn-Beschäftigten, davon 16 Prozent weiblich, starten dieses Jahr am 22. Oktober. Für den Vorsitzenden des vida-Fachbereichs Eisenbahn, Gerhard Tauchner, muss der KV-Abschluss „mehr sein als die Inflation“. Er gehe davon aus, dass es eine „Einsicht bei den Unternehmen“ gebe und es zu „keinen Eskalationen“ kommen werde. Tauchner verwies auch auf die angespannte Personallage in der Bahnbranche. „Der akute Personalmangel im Eisenbahnsektor führt zu mehr als 4,5 Millionen Überstunden und zahlreichen Verspätungen für Bahnfahrerinnen und Bahnfahrer.“

Die erste KV-Runde für die rund 50.000 Beschäftigten in der Güterbeförderungsbranche, davon 14 Prozent weiblich, startet am 11. November. Für die privaten Autobusbetriebe steht noch kein fixer Termin fest. „Nur eine Verbesserung von Arbeitsbedingungen in Kombination mit der Anhebung von Mindestlöhnen sichert langfristig den Arbeitskräftebedarf“, so vida-Generalsekretärin Anna Daimler. Für die angestrebte Mobilitätswende inklusive Ausbau des öffentlichen Busverkehrs brauche man „immer noch tausende Fahrerinnen und Fahrer“.

Die KV-Verhandlungen für die rund 150.000 Beschäftigten im Handel-Lagerwesen, davon 54 Prozent weiblich, starten am 24. November. Auch in dieser Branche müssten die Arbeitgeber mit „höherer Entlohnung und besseren Arbeitsbedingungen dem Arbeitskräftebedarf gegensteuern“, sagte die stellvertretende vida-Chefin Janisch.