Bei Regisseur Daniel Prochaska schwingt das Drama immer mit

Der Regisseur schätzt direkte Einstiege und das Zwiebelschalenprinzip © APA/ROLAND SCHLAGER

Vor sechs Jahren hat er mit der Stadtkomödie „Geschenkt“ sein Regiedebüt vorgelegt, mittlerweile ist Daniel Geronimo Prochaska ein viel beschäftigter Filmemacher. Dabei wechselt der 1983 geborene Regisseur locker zwischen den Genres, sei es ein amüsanter Krimi wie „Kopftuchmafia“ mit Thomas Stipists oder die komplexe Dramaserie „Die Macht der Kränkung 2“, die Ende der Woche im ORF zu sehen ist. Mit der APA sprach Prochaska über Schnitte, Vertrauen und das Drehen mit Familie.

APA: Vor Ihrer ersten Regiearbeit haben Sie lange als Editor gearbeitet. War Regisseur immer das Ziel?

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Daniel Geronimo Prochaska: Es hat sich entwickelt. Ich brauch‘ nicht verheimlichen, dass mein Vater (Andreas Prochaska, Anm.) ein bekannter Regisseur ist, weshalb ich schon mit 14 am Set war. Später habe ich in Ferienjobs alles ausprobiert und war etwa als Dolly-Grip-Assistent nah an der Kamera. Ich habe dann das SAE Institut abgeschlossen und immer schon meine Freunde gefilmt oder Musikvideos gedreht. Das war bereits der erste Schritt zur Regie. Rückblickend waren die zehn Jahre Schnitt das Beste, was mir für die Inszenierung passieren konnte.

APA: Genre- und formattechnisch ist bei Ihnen alles dabei. Schätzen Sie die Abwechslung?

Prochaska: In jedem Fall. Nach „Geschenkt“ war natürlich die Tür offen, weiter Komödien zu machen. Allerdings hatte ich das Glück, dass sofort „Das schaurige Haus“ kam. Das wollte ich unbedingt machen. Ich liebe Horror, obwohl ich voll der Schisser bin. (lacht) Es war ein guter Einstieg, weil es ja doch abgeschwächt war, ein Gruselfilm für Kinder. Und man lernt in jedem Genre etwas für die anderen. Das Traurige ist ja sehr nah der Komödie, und das Drama schwingt eigentlich bei allen meinen Filmen mit.

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APA: Ermöglicht Ihnen die Erfahrung als Editor einen effizienteren Dreh?

Prochaska: Das müsste man die Produktion fragen. (lacht) Aber ja, ich weiß im Kopf sehr genau, was ich brauche. Es hilft dann schon wenn ich weiß, wir können das in zwei Schnitten lösen oder wir machen einen One-Shot. Geschnitten habe ich ja für so unterschiedliche Regisseure wie meinen Vater, David Schalko oder Marvin Kren, da konnte ich viel mitnehmen. Es gibt mir eine gewisse Sicherheit. Ein anderer Aufwand als Regisseur ist wiederum das Menschliche, also Schauspieler zu führen und sie dorthin zu bringen, wo man hinmöchte.

APA: Was haben Sie dabei über sich selbst gelernt?

Prochaska: Extrem viel. Ich bin privat ja ein sehr zurückhaltender Mensch, also eher ein stiller Zeitgenosse. Diese Rolle des Regisseurs nehme ich dann aber auch an, um ein Team zu führen. Allerdings probiere ich, es sehr gleichgestellt zu machen. Wobei ich am Ende die Verantwortung habe, dass es läuft. Vielleicht kommt das auch aus der Zeit, in der ich in einer Band gespielt habe. Da musst du als Gruppe funktionieren und nicht als Einzelkämpfer.

APA: Bei „Macht der Kränkung“ gibt es in der zweiten Staffel eine komplett neue Geschichte, die Erzählung ist mit etlichen Personen und zwei Zeitebenen sehr verschachtelt. Hat Sie das besonders gereizt?

Prochaska: Neben dem Thema war das sogar einer der Hauptgründe, warum ich das machen wollte. Als ich die Bücher gelesen habe, war ich total beeindruckt von dem Stil. Oft liest sich etwas sehr gut, man stellt sich aber die Frage: Wie soll ich das drehen? Da kommt man zurück zum Schnitt: Ich hatte sofort im Kopf, dass es ein großer Reiz ist, diese direkten Übergänge zu schaffen. Nicht einfach Vergangenheit und dann geht man in die Gegenwart, sondern Figuren, die in einem Bild in der Vergangenheit sind, zeigen wir einen Schnitt später in der Jetztzeit. Es sollte sehr fließend sein.

APA: Ein markantes Stilelement sind Ihre direkten Einstiege. Welchen Effekt wollen Sie damit erzielen?

Prochaska: Manchmal überfordert das die Leute. Man kann es mit dieser Gesprächssituation vergleichen: Wir kennen uns nicht. Würde ich reinschneiden, dann reden wir und lernen in der Zeit immer mehr über uns kennen. So mag ich es auch bei Geschichten. Es heißt immer, dass es drei Phasen gibt: Als erstes schreibst du das Buch, dann drehst du es und letztlich schneidest du es. Du entwickelst den Film also dreimal. Mich reizt es, mit Figuren direkt einzusteigen und dann alles wie Zwiebelschalen zu entblättern.

APA: Mit Thomas Stipsits haben Sie „Kopftuchmafia“ gemacht, auch der zweite Stinatz-Krimi „Uhudler-Verschwörung“ ist bereits abgedreht. Teile des Casts kennt man aus anderen Filmen von Ihnen. Wie wichtig ist Vertrauen in diesem Zusammenhang?

Prochaska: Es ist essenziell für mich. Wenn es ein Grundvertrauen gibt, kann man sich fallen lassen. Ich habe mit Thomas beim Abschlussfest darüber geredet. Wir beiden und das Autorenteam, da gibt es so ein Vertrauen, dass wir gar nicht so viel reden müssen, sondern einfach mal machen können. Und zusammen mit neuen, jungen Gesichtern im Cast wird es ein Mix, der so spannend ist. Die „Kopftuchmafia“ ist wirklich ein Herzensprojekt geworden. Das ist wie Drehen mit Family und Friends.

APA: Stichwort Familie: Gab es je das Bedürfnis, sich von Ihrem Vater zu emanzipieren?

Prochaska: Am Anfang hatte ich vielleicht kurz diesen Gedanken, aber rückblickend hat mich mein Vater einfach von Anfang an geprägt. Der erste Film, den ich geschnitten habe, war „Die unabsichtliche Entführung der Frau Elfriede Ott“. Da schließt sich der Kreis mit Komödie und Drama. Es ist für mich aber keine Bürde, sondern ein Glück, dass wir uns austauschen können. Wir haben ja auch andere Geschmäcker, was gut ist. Ob ich mich emanzipiert habe oder nicht, müssen wohl andere beurteilen. (lacht)

APA: Kommendes Jahr kommt von Ihnen die zweite Staffel der „Totenfrau“. Woran arbeiten Sie denn sonst gerade, welche Träume gibt es noch?

Prochaska: Ich bin ein riesiger Sci-Fi-Fan, bin mit der „Star Wars“-Originaltrilogie aufgewachsen, die ich sicher 40 Mal gesehen habe. Das wäre schon ein Traum, aber es ist in Österreich schwierig. Andererseits hätte ich Bock auf eine Romantic Comedy. Vielleicht liegt das auch an meinem Alter. (lacht) Nicht mit Schenkelklopferhumor, sondern ein Film, der Drama und Komödie verbindet. Es ist schön in der heutigen Zeit, in der so viel passiert, den Leuten positive Vibes zu geben.

Abgesehen davon arbeite ich mit den Autoren vom „Schaurigen Haus“ an meinem nächsten Kinofilm. Diesmal soll es ein richtiger Horrorfilm werden. Es geht um eine Band, die ein Album aufnimmt – aber das geht dann ein bisschen schief. Was Horror betrifft, haben wir in Österreich schon eine ganz gute Rolle übernommen. Ob „Ich seh, ich seh“ oder mein Vater mit „In drei Tagen bist du tot“, da haben wir das Prädikat: das ist handwerklich gut gemacht und spannend. Ich will etwas schaffen, was diffiziler Horror ist. Da gehen die Leute gern ins Kino, weil sie mitfiebern können.

(Das Gespräch führte Christoph Griessner/APA)

„Die Macht der Kränkung 2“ am 31. Oktober und 1. November jeweils ab 20.15 Uhr auf ORF 1; „Kopftuchmafia“ ist auf ORF ON abrufbar, on.orf.at