Nach seiner Wiederwahl zum Präsidenten der Österreichischen Bundes-Sportorganisation Sport Austria hat Hans Niessl am Freitag in Wien zu einem Umdenken in der öffentlichen Wahrnehmung des Sports appelliert. Nicht nur wegen aktueller Wertschöpfungszahlen und Steuereinnahmen, sondern auch was die gesundheitliche Prävention betrifft. Auch weil der Sport Ersparnisse für das Gesundheitssystem bringt, will man künftig nicht um Förderungen bitten müssen.
„Wir haben eine Wertschöpfung durch den Sport in Österreich von 24,1 Milliarden Euro, wir haben 357.000 Arbeitsplätze und es gibt durch den Sport Steuereinnahmen von acht Milliarden Euro. Das Gesundheitssystem erspart sich 530 Mio. Euro jährlich“, erläuterte der frühere Landeshauptmann des Burgenlands. Auch in Zeiten der Wirtschaftskrise seien diese Hinweise wichtig, meinte Niessl schon mit Blick auf mögliche Sparpakete und noch vor künftigen Verhandlungen mit der zu bildenden, neuen Bundesregierung.
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„Unsere Studie sagt auch, dass 10 Prozent mehr Bewegung dazu führen würden, dass das Gesundheitssystem weitere 100 Mio. Euro einsparen würde“, erklärte Niessl. In der am Donnerstag erfolgten dreieinhalbstündigen Generalversammlung von Sport Austria sei auch herausgearbeitet worden, wie wichtig die Zusammenarbeit des Breiten- und des Spitzensports ist. „Wenn man erfolgreich sein will, kann man nur miteinander arbeiten.“
Niessl wiederholte seine Forderung nach einem Paradigmenwechsel. „Wir müssen vom Fördersystem des Sports wegkommen, und hinkommen zu einer Leistungsvereinbarung. Als Bittsteller zu gelten, dieser Zustand ist aus meiner Sicht nicht tragbar.“ Allerdings seien nicht nur Olympia-, WM- und EM-Medaillen wichtig, sondern etwa auch der Beitrag, Kinder und Jugendliche im Nachwuchsbereich auszubilden.
Neu im Präsidium ist als Vizepräsident für Leistungs- und Spitzensport der Ringsport-Präsident Thomas Reichenauer, dem ebenso das Thema Infrastruktur und Sportstätten ein Anliegen ist. „Bei der Infrastruktur liegen wir in Europa auf dem 22. Platz.“ Sehr viel könne man mit der Öffnung von Sportstätten, auch im Schulbereich erreichen. „Es kann ja nicht sein, dass es Sportstätten bereits gibt, die aber nicht 365 Tage im Jahr für Spitzen-, Leistungs- und Breitensport zur Verfügung stehen. Die meisten Sportstätten wurden mit öffentlichen Geldern errichtet. Wir müssen Wege finden, dass diese im Freien oder in Hallen von 7, 8 Uhr in der Früh bis 22 Uhr rund um das Jahr geöffnet sind. Das würde sehr viele Probleme lösen.“ Von alten Gesetzen Schulwarte betreffend wolle er im Jahr 2024 nichts mehr hören.
In dieselbe Kerbe schlug auch der für den Breitensport zuständige Peter McDonald, der auch Präsident der Sportunion ist. Er forderte eine „Verdoppelung der frei zugänglichen Sportflächen“. „Wenn wir Feiertage und Ferienzeiten zusammenzählen, liegen wir ungefähr bei 180 von 365 Tagen, an denen diese Schulsportstätten geschlossen sind.“ Eine Lösung hat McDonald schon parat. „Wir wollen bis 2030 verpflichtende digitale Buchungssysteme, digitale Zutrittssysteme für die Turnsäle, dass es keinen Schulwart mehr braucht.“ Um eventuelle Haftungen bei Schäden müssten sich dann die Vereine kümmern.
Sport sei auch gesellschaftlich, gerade in Zeiten des allgemeinen Werteverlusts, den Herausforderungen der Integration oder der psychischen Gesundheit sowie der Überlastung des Gesundheitswesens sehr wichtig. „Ein Sportverein ist ja viel mehr. Er ist auch die beste Lebensschule für unsere Kinder: aus Niederlagen lernen, beim Sieg demütig werden, im Teamsport die schwächsten Mitglieder mitnehmen. Es ist eine soziale Einrichtung des Zusammenhalts und ein Gegenmuster zur gesellschaftlichen Spaltung.“
McDonald hielt auch fest, dass die Lebenserwartung in Österreich zwar sehr hoch, die Gesundheitserwartung aber sehr unterdurchschnittlich sei. „Jeder Einzelne schenkt im Vergleich zu den Besten zehn Jahre her.“ Wissenschaftlich belegt sei auch, dass Sport „nicht nur schöner und gesünder macht, sondern auch schlauer“. So hätten Kinder, die parallel zur Bildung sportlich tätig sind, eine höhere Auffassungsgabe.„ Sport und Bewegung müsse in alle Regierungsfelder hinein eine Rolle spielen.
Abschließend setzte sich Niessl vor Beginn seiner zweiten fünfjährigen Periode als Präsident der Bundesport-Organisation Sport Austria als Ziel, “dass sich die Österreicher mehr bewegen, dass es mehr gesunde Jahre gibt.„ Man wolle die Politik mitunterstützen, dass man von der Reparaturmedizin mehr zur Prävention komme, auch im Hinblick auf die Problematik in der Pflege. “Die richtige Antwort ist, investieren wir in Bewegung und Sport, dann bleiben Österreicher länger gesund.„ Dies gelte auch für den Spitzensport und so könne man international noch erfolgreicher sein. “Nur so kann es gelingen, dass wir aus dem Sportland Österreich in den kommenden fünf Jahren tatsächlich eine Sportnation machen“.