Fremd ist Michael Schade nicht eingezogen …

Star-Tenor begeisterte im Brucknerhaus mit Schuberts „Winterreise“

André Ferreira begleitete Startenor Michael Schade auf der Biedermeiergitarre . © Reinhard Winkler

… wie es zu Beginn der  „Winterreise“ Schuberts heißt. Dem Antrittsapplaus im Brucknerhaus nach schien es aber schon lange her sein, dass Kammersänger Michael Schade in Linz auf der Bühne gestanden ist. Einer der renommierteste und wohl auch vielseitigsten der Spitzentenöre, geboren in Genf, aber in allen Regionen der Gesangskunst zu Hause und heute Vermittler seiner Meisterschaft an die junge Generation an der Wiener Universität für Kunst und Wissenschaft. Es bedeutet wohl viel Glück, seine Sängerlaufbahn von dem Weltstar betreut zu wissen.

Seltenes Erlebnis

Sein Wiedersehen geriet zu einem selten zu erlebenden Ereignis. Und dieses mit Franz Schuberts 24-teiligem Liederzyklus „Die Winterreise“, seinem Schwanengesang aus 1827. Allerdings in einem anders als gewohnten Aufführungsformat, weil nicht am Klavier begleitet, sondern wie in der Biedermeierzeit die Lieder dargestellt wurden als Musizieren im Hauskonzertrahmen.

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Wer Schade kennt, weiß von seiner Vorliebe für eine unlaute Demonstration, gerade bei Liedern von Schuberts kongenialer Musik. Ein farbenreich gezeichnetes Bild von einer Reise des einsamen Wandermannes auf seiner Reise in die Tiefen menschlicher Seele. Statt den Zyklus durchzusingen, sang Schade die zwei Abteilungen der Lieder in vier Teilen, von passenden Musikstücken der Komponisten Johann Kaspar Mertz (1806-1856) und Johann Amon (1763-1825) begleitet. Souverän bestritten diese Aufgabe die beiden Alte Musik-Spezialisten André Ferreira auf Biedermeiergitarre und Christoph Hammer am Hammerklavier. Ein Doppelgenuss des Abends.

Perfekt beherrschtes Fest

Die Pausen zwischen den Liedern animierten Schade bei seinem Vortrag, den er in der Folge im Besitz von sämtlichen Ansprüchen der Gesangskunst steigerte. Dieser geriet in jedem Lied ausnahmslos zu einem technisch wie musikalisch perfekt beherrschten Fest. Seine Klangübergänge waren dynamisch-berauschende Farbspiele und wechselten bruchlos von kraftvollem Forte zu leichten Höhen im Pianissimo. Fast schon in Flüstertönen kamen die Erzählungen aus seiner Kehle, wobei die Essenz der Dichterworte in exzellenter Artikulation den Hörer äußerst präzis erreichte. So überflüssig wie diesmal sind die Programmtexte nicht immer. Wie dabei noch dazu sanft angedeutete Gesten zu Gunsten der Ausdruckstiefe Schades Stimme beflügelt, da war der Sänger in seinem Element auf der Opernbühne.

Schuberts Musik schwankt ja nicht selten zwischen Dramatik und lyrischer Geste der Müllerschen Dichtung über den Wanderer, mit der sich der 2025 60 Jahre alt werdende Schade auf seiner berührenden Reise in ergreifender Weise identifizierte. Die jubelnde Bewunderung im Stillen ersetzte ein herzliches Standing Ovation.

Von Georgina Szeless