Bald jährt sich das Ende des Zweiten Weltkrieges zum 75. Mal. Ein kleines regionales Museum hat dazu einen besonderen Countdown auf seiner Homepage laufen: Unter dem Motto „Tag X minus…“ (er)zählt der Heimatforscher Erwin Zeinhofer vom Heimat- und Kulturverein Pregarten mit interessanten Informationen die letzten Kriegstage herunter.
Seit vielen Jahren beschäftigt sich der pensionierte Bankbeamte mit der Geschichte von Pregarten und dessen Bewohnern und hat dafür viel aus Chroniken und in Gesprächen mit Zeitzeugen erfahren. Zeinhofer sucht, archiviert, inventarisiert Pregartner Geschichte von 1600 an: „Damit man später einmal weiß, was hier zu finden ist.“
Bomben und Flüchtlinge
Am Ende des Zweiten Weltkrieges gingen Bombardements zur Zerstörung der Göring-Werke auf Linz nieder, aber auch Orte im Umkreis wie das nur wenige Kilometer entfernte Pregarten litten immer wieder darunter. „US-Bomber aus dem Süden kamen allein durch das Abdrehen nach der Bombardierung in unsere Gegend“, weiß der Heimatforscher. „Wegen der starken Flak-Abwehr in Linz mussten sie sich immer wieder Ziele für den Abwurf in der Nähe suchen, um dann das Gebiet wieder rasch verlassen zu können.“ Manchmal wurde auch nicht exakt im richtigen Moment ausgelöst und so sind Gebiete außerhalb getroffen worden. Menschenopfer habe es in Pregarten zwar keine gegeben, so Zeinhofer, Schäden an Gebäuden sehr wohl. Die Angst vor solchen Angriffen wurde zum Begleiter der Bevölkerung. Abgesehen davon wurde auch gezielt die Bahnlinie Linz-Summerau, die durch Pregartner Gebiet führt, bombardiert.
Am 5. Mai 1945 waren sie dann am Boden da, die amerikanischen Besatzer. Pregarten wurde kampflos eingenommen. Dazu beigetragen hat auch, dass der NS-Bürgermeister Ferdinand Fröhlich und einige Männer den Amerikanern mit weißen Fahnen entgegen gegangen ist. Auch von der Kirche wurde eine weiße Fahne gehisst. „Ein paar Tage lang setzten die Amerikaner einen belgischen Kriegsgefangenen, der unter den Nationalsozialisten Arbeitsdienst im Ort leisten musste, als Bürgermeister ein“, erzählt Zeinhofer.
Angst vor den Russen
Die Russen näherten sich von Osten, damit wuchs nicht nur die Angst der Bevölkerung, auch der vor allem aus Wehrmachtssoldaten und Sudetendeutschen bestehende große Flüchtlingsstrom gen Westen wurde stärker und stärker. Zeinhofer: „Dauernd sind Soldatenzüge durch den Ort gekommen.“ Viele Flüchtlinge wurden in den letzten Wochen vor Kriegsende in der Volksschule von Pregarten untergebracht, die zugleich ein Lazarett beherbergte, oder in Lagern auf dem freien Feld. Aus den vielen auf der Flucht liegen gebliebenen Wehrmachtsfahrzeugen holten sich die Pregartner heraus, was sie finden und gut gebrauchen konnten: Ersatzteile, aber auch Medikamente.
Grenze teilt Gemeinde
Am 12. Mai erreichten die Russen Pregarten. Die NS-Propaganda hatte gerade in den letzten Kriegstagen der Bevölkerung noch das Bild von den vergewaltigenden und zerstörerischen russischen Untermenschen eingebläut und so noch mehr Angst erzeugt.
Die Demarkationslinie zwischen russischer und amerikanischer Besatzungszone lief mitten durch die Mühlviertler Gemeinde, die Besatzer trennten sie an der Eisenbahnlinie. Russen und Amerikaner trafen sich zu Verhandlungen dazu im Haus der Familie Lindner in in der Pregartner Ortschaft Kriechmayrdorf. Mit Leintüchern mussten die Lindners zuvor eine Landestelle markieren, damit amerikanische und russische Flugzeuge dort landen konnten.
Als man sah, dass sich die Amerikaner zurückzogen, wuchsen Furcht und Enttäuschung in der Bevölkerung. Ein „einschneidendes Ereignis dieser Tage“ sei es gewesen, so Zeinhofer, als die Amerikaner am 14. Mai 15.000 Wehrmachtssoldaten aus einem Lager in Gallneukirchen nach Pregarten trieben und sie an die Russen übergaben. Im August wurde das gesamte Mühlviertel sowjetische Besatzungszone.
Von Melanie Wagenhofer