Am 23. August 2011 ging eine Ära zu Ende. Mit Oliver Glasner erklärte knapp drei Wochen nach einer Kopf-Operation das Urgestein der SV Ried seinen Rücktritt vom aktiven Fußball. Nicht einmal elf Jahre später und nach Trainerstationen in Salzburg, bei der SV Ried, dem LASK und VfL Wolfsburg darf sich der Oberösterreicher nun Sieger in der Europa League nennen. Mit Eintracht Frankfurt gewann der 47-Jährige den Finalkrimi im Elferschießen gegen den Rangers FC aus Glasgow.
„Es war die schwierigste Entscheidung, die ich treffen musste, weil der Fußball ja seit vielen Jahren mein Lebensinhalt ist“, erklärte Glasner damals. „Es war ein gravierender Einschnitt, wenn du munter wirst, dich an nichts erinnern kannst und die Schläuche überall aus dir rauskommen. Da reduziert man sich auf das Wesentliche“, sagt der dreifache Familienvater heute. Die Ärzte hatten ihm dringend davon abgeraten, die Karriere fortzusetzen.
Das Verhängnis hatte am 31. Juli 2011 seinen Lauf genommen, einige Wochen nach dem zweiten Cup-Triumph mit der SV Ried. Im Bundesliga-Match in Wien gegen Rapid erlitt er durch einen Zusammenstoß mit Mario Sonnleitner ein Cut über dem Auge und eine Gehirnerschütterung. Trotzdem wollte er vier Tage später das Europa-League-Qualifikationsspiel bei Bröndby Kopenhagen bestreiten, nach dem Abschlusstraining klagte Glasner aber über heftige Kopfschmerzen und wurde sofort ins Spital gebracht. Dort musste wegen einer Gehirnblutung eine Notoperation vorgenommen werden.
Nicht die einzige Verletzung in Glasners langer Laufbahn mit 570 Profispielen, davon 410 in der Bundesliga.. Bei der einzigen Station neben Riedau (Nachwuchs) und Ried, beim LASK, stoppte ihn gleich im ersten Spiel ein Kreuzbandriss. Oder In der Saison vor dem zweiten Cup-Sieg hatte er im Alter von 34 monatelang mit massiven Leistenproblemen zu kämpfen.
Alles Schnee von vorgestern. „Ich blicke grundsätzlich wenig zurück, lebe im Hier und Jetzt und schaue in die Zukunft“, lautet Glasners Motto. Sein Fazit über die Karriere fällt aber sehr positiv aus: „Weil ich viele Jahre auf höchstem Niveau spielen konnte, zweimal Cupsieger wurde, zweimal in die Bundesliga aufgestiegen bin und im U21-Nationalteam spielte. Und weil ich einige richtig gute Freunde gewonnen und viele interessante Menschen kennen gelernt habe.“
Danach ließ der langjährige Abwehrchef, der sich per Fernstudium den Titel eines Diplomkaufmanns erworben hatte, zunächst offen, ob er seine berufliche Karriere im Fußball oder außerhalb starten würde. Doch das runde Leder ließ ihn nicht los, schon im Jänner 2012 dockte Glasner bei Salzburg als Sportkoordinator an.
„Ich habe sieben Jahre Wirtschaft studiert, um genau so einen Job zu bekommen. Das war nicht immer lustig und sehr intensiv neben dem Fußball und der Familie“, sah sich Glasner bestätigt. Es dauerte freilich nicht lange, bis er wieder auf dem Platz stand, denn schon im Juli 2012 stieß er als Co-Trainer ins Team vom damaligen Neo-Coach Roger Schmitt. Eine Funktion, die Glasner zwei Jahre ausübte und die vom Meistertitel 2014 gekrönt wurde.
Danach hätte er mit Schmidt in die deutsche Bundesliga zu Leverkusen wechseln können, ein Vertrag lag schon unterschriftsreif bereit. Doch buchstäblich in letzter Sekunde kam ein Angebot von Ried. „Es war eine Bauchentscheidung. Mich hat einfach mehr gereizt, selbst als Chef-Trainer in der Verantwortung zu stehen“, so die Begründung.
Zwölf Monate und den souveränen Klassenerhalt (Platz sechs), aber auch interne Streitigkeiten später war diese Liebeshochzeit jedoch schon wieder geschieden. Es folgte der viel diskutierte Wechsel des Rieder Ehrenkapitäns zum Erzrivalen nach Linz.
Kurzfristig ein Rückschritt von der Bundesliga in die zweithöchste Spielklasse. Einer, der sich aber bezahlt machen sollte. Denn beim LASK prägte Glasner von 2015 bis 2019 eine neue Ära. Verpasste man im ersten Jahr noch knapp den Aufstieg (an damals überragenden St. Pöltnern), so fixierten die Athletiker 2017 die heiß ersehnte Rückkehr in die Bundesliga.
In der die Linzer prompt für Furore durch Platz vier sowie die erstmalige Europacup-Qualifikation nach 19 Jahren sorgten. Im zweiten Bundesligajahr führt Glasner die Athletiker dann sogar auf Rang zwei – geschlagen nur von Serienmeister Salzburg. Ein Empfehlungsschreiben sogar für die deutsche Bundesliga.
Unter mehreren Interessenten machte der VfL Wolfsburg das Rennen. Auch wenn das Verhältnis zum dortigen Geschäftsführer Schmadtke am Schluss nicht wirklich gut war, auf den Erfolg hatte das keinen negativen Einfluss. Im ersten Jahr führte Glasner die „Wölfe“ auf Rang sieben, in der zweiten Saison dann sogar auf Platz vier und damit in die Champions League.
Es folgte im Sommer 2021 der Wechsel zu Eintracht Frankfurt, der nun mit dem Europa-League-Titel gekrönt wurde. Damit ist Glasner der zweite Österreicher nach Ernst Happel (1970 und 1983), der ein Europacup-Finale gewinnen konnte. Rechnet man den gebürtigen Ungarn Bela Guttmann, der später Österreicher wurde, dazu, auch erst der dritte.
„Fußball ist für mich Leidenschaft, Freude und Spaß und ich hoffe, dass meine Begeisterung für den Fußball noch ganz lange anhält“, sagte Glasner vor Jahren einmal zum VOLKSBLATT. Wer ihn und sein Team mit den Landsleuten Michael Angerschmid und Ronnie Brunmayr in Aktion sieht, der weiß, dass das noch immer brandaktuell ist. Und mit der Empfehlung des Europa-League-Titels könnte ihn bald der Ruf eines noch größeren Klubs erreichen.
Von Roland Korntner
Steckbrief Oliver Glasner, Geb.: 28. August 1974 in Salzburg (aufgewachsen in Riedau); Familie: Gattin Bettina, drei Kinder (Julian, Niklas, Alina); Hobbys: Tennis spielen, Familie, Reisen, Golf spielen
Vereine als Spieler: SV Riedau (Nachwuchs), SV Ried (1992-2003, 2004-11), LASK (2003/04); Vereine als Trainer: Co bei Red Bull Salzburg (2012-14), Chef bei SV Ried (2014/15), LASK (2015-19), VfL Wolfsbburg (2019-21), Eintracht Frankfurt (seit 2021)
Größte Erfolge als Spieler: Zweimal ÖFB-Cupsieger (1998, 2011), Bundesliga-Aufstieg (1995), Meister Erste Liga (2005), Bundesliga-Vizemeister (2007), 410 Bundesliga-Einsätze (21 Tore); Größte Erfolge als Trainer: Meister (2014) mit Salzburg, Meister Erste Liga (2017), Bundesliga-Vizemeister (2019) mit LASK, Qualifikation für die Champions League mit VfL Wolfsburg (2021), Europa-League-Sieger mit Eintracht Frankfurt (2022)