Die UNO-Artenschutzkonferenz im kolumbianischen Cali ist ohne eine Einigung zu Finanzierungsfragen zu Ende gegangen. Die Präsidentin der COP16, die kolumbianische Umweltministerin Susana Muhamad, erklärte die Konferenz am Samstag für beendet, da das nötige Quorum für Abstimmungen nicht mehr erreicht werden könne. Viele Teilnehmer der Konferenz hatten diese zuvor bereits verlassen, um ihre Heimflüge nicht zu verpassen.
Die Konferenz sollte eigentlich am Freitag zu Ende gehen, Muhamad hatte sie aber verlängert, um doch noch eine Einigung in Fragen der Finanzierung des Artenschutzes zu finden. Viele Delegierte verließen die Tagung aber dessen ungeachtet, weil sie ihre gebuchten Heimflüge erreichen wollten.
Ein Sprecher der COP16 sagte, das Treffen solle zu einem späteren Zeitpunkt fortgesetzt werden. Dabei sollten die Themen, bei denen eine Einigung noch aussteht, behandelt werden.
Die Verhandlungsfront verlief im Großen und Ganzen zwischen Delegierten aus reicheren und Delegierten aus ärmeren Ländern. Ein von Muhamad vorgeschlagener Biodiversitätsfonds zur Finanzierung des weltweiten Artenschutzes wurde von der Europäischen Union, der Schweiz und Japan abgelehnt. Entwicklungsländer hatten wiederum kritisiert, sie würden durch die bereits bestehenden Ausgleichsmechanismen nicht ausreichend berücksichtigt und einen Fonds explizit für Biodiversität verlangt. Neueren Untersuchungen zufolge sind mehr als ein Viertel der bekannten Pflanzen- und Tierarten vom Aussterben bedroht.
Zuvor war zumindest noch eine Teileinigung erreicht worden. Die Delegierten stimmten der Schaffung eines Fonds für die Aufteilung von Gewinnen zu, die aus der Nutzung von Gendaten von Pflanzen und Tieren stammen. Der sogenannte Cali Fonds sieht vor, dass Unternehmen oder andere Nutzer der Daten, die diese kommerziell verwerten, „einen Teil ihrer Profite oder Einnahmen in den weltweiten Fonds einzahlen“, wie es in der Einigung heißt.
Ab einer gewissen Einkommenshöhe müssten Profiteure ein Prozent ihres Gewinns oder 0,1 Prozent ihres Einkommens in den Fonds geben, heißt es in der Einigung. Die Mittel des Fonds sollen dann unter Aufsicht der UNO zur einen Hälfte an die Staaten gehen, in denen die Arten vorkommen und zur anderen Hälfte an die entsprechenden indigenen Völker. Die Einigung ist für die in dem Dokument genannten Branchen, darunter Pharma- und Kosmetikindustrie, allerdings nicht bindend.
Österreichs Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) zog eine kritische Bilanz: „Ein Teil ist geschafft, aber es bleibt viel Arbeit. Ich bin froh, dass wir bei der Weltnaturkonferenz in wichtigen Bereichen gut vorangekommen sind. Es bleibt aber auch klar – genug ist das nicht. Gerade bei der Umsetzung des Kunming-Montreal-Abkommens haben wir richtig viel zu tun.“
Die Ministerin weiter: „Ich bin ehrlich: Mit diesem Ergebnis kann niemand zufrieden sein. Das Programm auf dieser Konferenz war voll, aber wir haben es nicht abgeschlossen. Diese Lehre müssen alle mitnehmen: Die Zeit drängt. Jetzt gibt es eine letzte Chance. Und es gibt keine Ausreden und keinen Grund für Verzögerung.“
Der WWF Österreich nannte das vorläufige Ende der Konferenz „eine herbe Enttäuschung“. „Während die biologische Vielfalt massiv zurückgeht und unsere Lebensgrundlagen bedroht sind, fehlen der Politik Ambition und Konsequenz für echte Fortschritte“, sagt WWF-Experte Joschka Brangs in einer Aussendung. „Wir fordern die Staatengemeinschaft auf, schleunigst Lösungen für alle wichtigen offenen Fragen zu präsentieren. Alles andere wäre eine politische Bankrotterklärung.“
Greenpeace Österreich wertete die fehlende Entscheidung über die Finanzierung bei der COP16 in einer Aussendung als „herben Schlag für den internationalen Artenschutz“. Ursula Bittner, Artenschutzexpertin bei Greenpeace kommentierte: „Den Verhandelnden ist wohl der Ernst der Lage nicht bewusst. Ohne ausreichend finanzielle Mittel ist Naturschutz zahnlos.“
Greenpeace begrüßte jedoch die Anerkennung afroamerikanischer Gemeinschaften im Rahmen der Konvention und das neu eingerichtete Gremium für die Rechte von Indigenen. „Diese Fortschritte werden jedoch leider von der unzureichenden Finanzierung überschattet. Es ist inakzeptabel, dass die reichen Länder ihre Zusage von 20 Milliarden Dollar brechen. Der Staatengemeinschaft muss klar sein: ohne intakte Ökosysteme gibt es kein Leben auf diesem Planeten“, wurde Bittner in der Aussendung zitiert.