28 Monate Haft nach Missbrauch eines Kindes im Netz

Mit an den Haaren herbeigezogenen Ausflüchten hat sich am Mittwoch ein 33-jähriger Mann nach einem erschreckenden Fall von Cyber-Grooming – die Manipulation von Minderjährigen im Internet – vor einem Wiener Schöffengericht verantwortet. Der Beschuldigte brachte im Mai eine Achtjährige dazu, sich bei der Vornahme sexueller Handlungen zu fotografieren und zu filmen und ihm das Material zu schicken. Er wurde zu zwei Jahren und vier Monaten verurteilt.

Der Mann zeigte sich zwar geständig, redete sich aber auf eine psychische Erkrankung – der 33-Jährige hört seinen Angaben zufolge seit drei Jahren Stimmen und sei schizophren – und auf eine ausgeprägte Alkohol- und Drogensucht aus. Zum damaligen Zeitpunkt habe er täglich Wodka, Ecstasy, Marihuana und Kokain konsumiert. Er könne sich an viele Handlungen nicht mehr erinnern. Medizinische Hilfe hat er aber nicht in Anspruch genommen, erst seit dem Sommer sei er in Behandlung und absolviere eine Suchttherapie. Zudem habe ihm das Kind „leid getan, weil es stundenlang alleine war“. Und weiter: „Sie hat geweint am Telefon.“

Unbedingte Freiheitsstrafe aus generalpräventiven Gründen

Der Schöffensenat unter Leitung von Richterin Danja Petschniker verhängte aus generalpräventiven Gründen eine unbedingte Freiheitsstrafe über den bisher unbescholtenen Akademiker. „Sie haben heute keinen guten Eindruck gemacht. Am meisten leid tun Sie sich selbst“, sagte Petschniker. „Dass Sie das so richtig eingesehen haben, davon bin ich nicht überzeugt.“ Das Urteil wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen, sexuellen Missbrauchs von Unmündigen und Herstellung von bildlichem Kindesmissbrauchsmaterial bzw. bildlichen sexualbezogenen Darstellungen von minderjährigen Personen ist bereits rechtskräftig. Dem Mann wird bald eine Aufforderung zum Strafantritt ins Haus flattern, den er dann innerhalb eines Monats antreten muss. Dem Kind muss der 33-Jährige 5.000 Euro Schmerzengeld zahlen.

Der Mann schrieb die Achtjährige Ende Mai auf Snapchat an und begann mit ihr auf dieser Plattform und später über WhatsApp zu kommunizieren. Dabei gab sich der Angeklagte als 19-Jähriger aus, während die Volksschülerin ihm recht bald ihr wahres Alter nannte. Im Zuge des Chattens soll der 33-Jährige das Kind zunächst dazu gebracht haben, ihm Bilder von ihrem Intimbereich zu schicken. In weiterer Folge soll er die Betroffene zu geschlechtlichen Handlungen überredet haben, wobei das Mädchen Fotos und Videos anfertigte, die sie dem vermeintlich 19-Jährigen auf dessen Aufforderung hin übermittelte. In den zehn Tagen tauschten die beiden 400 bis 500 Nachrichten aus.

Bruder des Kindes kam den Machenschaften des 33-Jährige auf die Schliche

Das Ganze flog auf, als der ältere Bruder der Volksschülerin mitbekam, dass diese auf Snapchat mit einem gewissen „Sam“ kommunizierte. Er informierte am 9. Juni die Mutter, die das Mobiltelefon ihrer Tochter an sich nahm und sichtete. Nachdem sie den Chatverlauf mit „Sam“ wahrgenommen hatte, begab sich die Mutter unverzüglich zur Polizei, übergab den Beamten das Handy ihrer Tochter und erstattete Anzeige. Der Tatverdächtige war über seine Mobilnummer rasch ausfindig gemacht.

„Ich habe keine Krankheit. Ich stehe nicht auf Kinder“, beteuerte der Mann heute vor Gericht immer wieder. „Ich steh‘ auf Frauen in meinem Alter oder älter.“ Er habe nebenbei auch mit erwachsenen Frauen geschrieben. „Was mich dazu geritten hat, warum ich mit ihr geschrieben hab‘, war der größte Fehler meines Lebens“, sagte er zu dem Umstand, dass er mit dem Kind einen „regelrechten Beziehungsaufbau“ betrieben habe, wie es Richterin Petschniker beschrieb.

„Achtjährige mit Erwachsenen verwechselt“

„Sie haben eine Achtjährige mit einer Erwachsenen verwechselt“, räumte auch der beisitzende Richter Christoph Bauer ein. So habe die Schülerin dem 33-Jährigen berichtet, dass sie gute Noten nach Hause gebracht habe und er meinte dazu: „Ich hab‘ so eine kluge Freundin“, wurde der Beschuldigte aus dem Akt zitiert. „Sowas nennt man nicht Schizophrenie, sondern Pädophilie“, sagte Bauer im Hinblick auf die vom Angeklagten erwähnte psychische Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis. Eine schriftliche Diagnose konnte er nicht vorweisen, auch habe er die Krankheit nicht medizinisch behandeln lassen. „Dass sie keine Medikamente dagegen nehmen, wundert mich schon sehr, wenn Sie schon drei Jahre darunter leiden.“

In den Chats wurden bereits Treffen zwischen dem Kind und dem 33-Jährigen ausgemacht. „Dazu wäre es nicht gekommen, weil ich gesundheitlich und finanziell nicht in der Lage war.“ Er hatte zu dem Zeitpunkt einen Bandscheibenvorfall und war bewegungsunfähig. Auf Nachfrage von Richter Bauer, wie er dann zu Alkohol und Drogen gekommen sei, meinte der Angeklagte, die habe er sich nach Hause liefern lassen. Die Verhandlung fand zum Teil unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

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