Alkohol macht nicht nur den Trinker, sondern auch sein Umfeld kaputt

Für Angehörige von Alkoholikern, deren Leben massiv beeinträchtigt ist, gibt es anonyme Selbsthilfegruppen

Alkoholismus ist eine Familienkrankheit, das heißt nicht nur der Trinker ist betroffen, sondern auch sein engstes Umfeld. Familie und Freunde sehen, dass das Trinken überhandnimmt, und versuchen die Situation zu beeinflussen.

Oft machen sie den Fehler, das Verhalten des Trinkers zu kaschieren und die Dinge, um die sich der Alkoholiker nicht mehr kümmert, zu erledigen oder auszubügeln. Sein Umfeld macht ihm die Mauer, meist so lange, bis es selbst an seine Grenzen stößt.

Zuzusehen, wie sich jemand durch den Alkohol schleichend umbringt, ist zudem qualvoll, wissen betroffene Angehörige zu berichten. So wie es für Alkoholiker den weltweiten Selbsthilfeverein der Anonymen Alkoholiker (AA) gibt, hat sich auch für die Angehörigen eine Gruppierung entwickelt. Al-Anon (Alcoholics Anonymous Family Groups) hilft den Angehörigen von Alkoholikern, ihre Situation zu verbessern.

Unwichtig, ob der Alkoholiker eine Krankheitseinsicht hat

Die Al-Anon-Familiengruppen sind die einzige weltweite Organisation, die ein Selbsthilfeprogramm nur für Familien und Freunde von Alkoholikern anbietet. Sie treffen sich regelmäßig, um durch Gespräche und Erfahrungsaustausch ihre gemeinsamen Probleme zu lösen. Dabei ist es unwichtig, ob der Alkoholiker selbst bereit ist, sein Alkoholproblem zuzugeben und für sich Hilfe zu suchen.

Al-Anon entstand, wie die Anonymen Alkoholiker in den Vereinigten Staaten. Sie übernahmen das Zwölf-Schritte-Programm der Anonymen Alkoholiker und wurden eine selbstständige Gemeinschaft. Weltweit gibt es in mehr als 112 Ländern über 30.000 Al-Anon-Familiengruppen. In Österreich sind es 52 Al-Anon-Gruppen und vier Alateen-Gruppen für Kinder und jugendliche Angehörige (Al-Anon Teenager Group).

In den Al-Anon-Gruppen können Angehörige und Freunde von Alkoholikern lernen von ihren Problemen Abstand zu gewinnen und wieder zu sich selbst zu finden, Angst und Schuldgefühle abzubauen sowie durch eine neue Einstellung ihr Leben wieder zu meistern.

Durch den Erfahrungsaustausch gelingt es, sich selbst und die Krankheit Alkoholismus immer besser zu verstehen, den Alkoholiker durch ihr Verständnis zu ermutigen und zu unterstützen und sich durch das Praktizieren des Zwölf-Schritte-Programms selbst geistig zu entwickeln.

Al-Anon ist keine religiöse Vereinigung oder Beratungsstelle. Es ist auch mit keinem Behandlungszentrum und mit keiner Organisation verbunden, die Therapien anbietet. Die Al-Anon-Familiengruppen halten ebenso wie die AA die Anonymität hoch und erhalten sich durch eigene freiwillige Spenden. Die Teilnahme ist freiwillig und setzt nur voraus, dass das eigene Leben durch das Alkoholproblem eines Anderen nachteilig beeinflusst wird oder wurde.

Jugendlichen zu vermitteln, Freude am Leben zu haben

Ziel der Alateen-Gruppe ist es, den Jugendlichen nahezubringen, dass der Alkoholismus eines Elternteils oder eines engen Freundes nicht die eigene Kraft rauben und nicht alle Gedanken beeinflussen und damit die eigene Lebensqualität beeinträchtigen muss.

Alateens lernen auf sich zu achten und Freude am Leben zu haben. Die jungen Menschen können lernen, sich von den durch Alkoholismus verursachten Problemen in der Familie zu lösen, ohne den Freundeskreis oder die Familie zu verlassen oder ihre Eltern weniger zu lieben.

Was ist „Al-Anon Erwachsene Kinder von Alkoholikern“?

Mit dem Begriff „Erwachsene Kinder“ ist die große Zahl von Erwachsenen gemeint, die in einem von Alkoholismus beeinträchtigtem Elternhaus aufgewachsen sind. Für sie gibt es spezielle Gruppen mit der Bezeichnung „Al-Anon Erwachsene Kinder von Alkoholikern“.

Im Gegensatz zu Erwachsenen, die nicht aus Alkoholikerfamilien stammen, haben diese Menschen auffallend mehr Schwierigkeiten damit, zu vertrauen, sich selbst zu finden, Gefühle auszudrücken, sich abzugrenzen und Wünsche anzumelden.

Der Begriff „Erwachsenes Kind“ ist durch die Kindheitserfahrungen entstanden und beinhaltet auch die Probleme, die sie als Erwachsene haben. In alkoholkranken Familien werden meist die eigenen Bedürfnisse der Angehörigen nicht berücksichtigt, da der Alkoholiker im Mittelpunkt steht.

Schmerzhafte Nachwirkungen aus der Kindheit

Derart blockiert durch den Alkoholiker sind die anderen Familienmitglieder zu erschöpft, um sich auch noch um die Bedürfnisse der Kinder zu kümmern. Obwohl viele nicht mehr bei einem alkoholkranken Elternteil leben, können sie ihr Leben als Erwachsene nicht meistern, weil sie gefühlsmäßig immer noch besonders stark an die Familie gebunden bleiben.

Andere haben erst jetzt gemerkt, dass die Schrecken des Alkoholismus schmerzhafte Nachwirkungen hinterlassen haben. Letztere wirken sich weiterhin auf ihre Beziehungen, ihr Selbstwertgefühl und auf ihre Gefühle für das Familienleben aus.

Das sollte man als Angehöriger nicht tun

In den Selbsthilfegruppen lernen Angehörige durch Zuhören, was sie im Umgang mit dem Trinker nicht tun sollten:

  • Angehörige und Freunde können den Alkoholiker nicht „trockenlegen“.
  • Kontrollieren, wie viel der Alkoholiker trinkt.
  • Nach versteckten Flaschen suchen.
  • Alkohol ausschütten, denn der Alkoholiker wird immer Mittel und Wege finden, um sich neuen zu beschaffen.
  • Nörgeln wegen des Trinkens
  • Es ist unnütz, mit dem Alkoholiker zu debattieren, wenn er betrunken ist.
  • Ebenso unnütz sind Versprechungen, gutes Zureden, Argumente und Drohungen.
  • Keine Hilfe ist oft die beste Hilfe!
  • Für Angehörige ist es wichtig, unter allen Umständen dem Alkoholiker seine Verantwortung zu lassen und nicht alles abzunehmen.
  • Eine Krise (z.B. Verlust der Arbeitsstelle, ein Unglücksfall oder eine Verhaftung) kann die Wende bringen und der Alkoholiker sucht Hilfe.
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