Prozess gegen Justizwachebeamten nach Flucht von Terroristen

Der Prozess gegen einen Justizwachebeamten nach der Flucht eines terrorverdächtigen Untersuchungshäftlings ist am Freitag mit einer Diversion zu Ende gegangen. Dem 47-Jährigen war aber nicht angelastet worden, dass er den 19-Jährigen hat entwischen lassen, sondern weil er danach behauptete, von dem Häftling einen Fausthieb erhalten zu haben. Wie Videoaufnahmen aus einer Überwachungskamera zeigten, war dies nicht der Fall.

Dem Justizwachebeamten wurden Missbrauch der Amtsgewalt und Verleumdung vorgeworfen. Er bekannte sich vollinhaltlich schuldig. Er habe „aus Scham“ die falschen Angaben gemacht und dass ihm nach seiner 20-jährigen Karriere zum ersten Mal ein Häftling entwischt war. Das Verfahren wurde diversionell erledigt. Nach Zahlung einer Geldbuße in der Höhe von 4.000 Euro wird das Verfahren eingestellt.

Insasse wurde wegen Erkrankung in Spital geführt

Der damals 19-jährige Häftling war bis Jänner 2024 nach einer Verurteilung wegen Raubes und Körperverletzung in Strafhaft gesessen. Nach Verbüßung seiner Strafe wurde er infolge angelaufener Ermittlungen in Richtung Terrorverdacht nahtlos in U-Haft genommen. An sich war der 19-Jährige mit der vom Landesgericht Wiener Neustadt verhängten U-Haft in der Justizanstalt Wiener Neustadt untergebracht. Da er jedoch eine Erkrankung hatte, wurde er in die Justizanstalt Josefstadt verlegt.

Am 1. Februar erlitt der Mann einen epileptischen Anfall, nicht zum ersten Mal. Deshalb entschied man sich, am nächsten Tag einen Neurologen im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Wien-Leopoldstadt zu konsultieren. Der Oberarzt des Krankenhauses gab die Anordnung, den Häftling trotz der schweren Vorwürfe „nicht geschlossen“ – also ohne Handschellen – in die medizinische Abteilung zu bringen, da aufgrund seiner Erkrankung Lebensgefahr bestehen könnte, wenn er stürzen sollte.

„Es war alles problemlos, bis zum Zeitpunkt der Rückkehr“, sagte der Beschuldigte, anwaltlich vertreten von Matthias Prückler. Als der Justizwachebeamte mit dem Insassen, der nur einen Pyjama und Schlapfen trug, in den Lift stieg und den Knopf drückte, nutzte das der 19-Jährige aus. Kurz bevor sich die Tür schloss, schlüpfte der Bursche durch und rannte davon.

Häftling erst am nächsten Tag wieder erwischt

Der Justizwachebeamte, wie auf dem Überwachungsvideo zu sehen ist, kämpfte noch damit, die Tür wieder aufzudrücken und nahm die Verfolgung auf. Durch das Stiegenhaus in den unteren Bereich konnte er dem Terrorverdächtigen nachlaufen. Beim Haupteingang des Spitals stürzte der Beamte jedoch und der Häftling entwischte. Erst am nächsten Tag konnte er in Wien-Floridsdorf wieder gefasst werden.

Weil sich der 47-Jährige beim Türaufdrücken eine Verletzung am Kopf zugezogen hatte, sprach ihn deshalb sein Vorgesetzter darauf an. Der Justizwachebeamte behauptete daraufhin, er sei von dem jungen Mann mit der Faust attackiert worden. Gegen den Beamten läuft noch ein Disziplinarverfahren. Die Behörde wollte das heutige Strafverfahren abwarten. Weil er dem Häftling keine Handschellen anlegte, hatte er bereits eine Disziplinarstrafe in der Höhe von 500 Euro erhalten.

Der 19-Jährige ist in der Zwischenzeit am 9. Oktober in Wiener Neustadt rechtskräftig wegen Mitgliedschaft einer kriminellen Organisation und einer terroristischen Vereinigung verurteilt worden. Er verbringt gerade eine fünfjährige Haftstrafe, sagte Erich Habitzl, Sprecher der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt, auf APA-Anfrage.

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