Die Flut brach am 15. September nachmittags herein: Bald drei Monate sind mittlerweile vergangen, seit Rust im Tullnerfeld weitgehend unter Wasser gestanden ist. Die Ortschaft in Michelhausen (Bezirk Tulln) musste sogar evakuiert werden. Auch ein Todesopfer war zu beklagen. Im angebrochenen Advent ist äußerlich nichts mehr von der Katastrophe zu sehen. Aber es gebe nach wie vor „kaum ein Gespräch, das nicht zum Thema Hochwasser führt“, so Bürgermeister Bernhard Heinl (ÖVP).
Das Ereignis habe Spuren in den Köpfen der Menschen hinterlassen, sagte der Ortschef zur APA. Den 15. September bezeichnet er als „ein Datum, das eingebrannt ist“ und „das sicherlich zur Geschichtsschreibung der Region gehört“. Nachdem der Damm der Perschling an mehreren Stellen gebrochen war, ergoss sich die Flut. Weite Teile des Tullnerfeldes wurden überschwemmt.
„Menschenrettung war oberstes Ziel“
Das Wasser stand praktisch überall, insbesondere auch in Kellern, Garagen und in Wohnbereichen von Häusern. Rust etwa war vorübergehend lediglich mit Booten und per Amphibienfahrzeug erreichbar. „Menschenrettung war oberstes Ziel“, schilderte Heinl die dramatischen Stunden. Weil eine zweite Welle drohte, seien am späten Nachmittag des 16. September 180 Häuser in der etwa 500 Einwohner zählenden Ortschaft evakuiert worden. Nur ein Trupp von vier Feuerwehrleuten habe „die Stellung gehalten“ und die Menschen über eine WhatsApp-Gruppe auf dem Laufenden gehalten. „Es gab die Sorge vor Plünderungen“, so der Bürgermeister.
Heinl, mit seiner Familie selbst Opfer der Flut, berichtete von 342 Schadensfällen, die Private, landwirtschaftliche und gewerbliche Betriebe in Michelhausen beträfen. Die dabei festgestellte Schadenssumme betrage 23,4 Millionen Euro. Weiteren 1,7 Millionen für die Sanierung der Kanalinfrastruktur sieht sich die Marktgemeinde gegenüber. Nach wie vor nicht in Betrieb ist der Kindergarten am Bahnhof Tullnerfeld im Ortsteil Pixendorf. Das Leopold-Figl-Museum in Rust sei „mit einem blauen Auge davongekommen“, so der Bürgermeister. Es sei zwar der Keller unter Wasser gestanden, aber weder an Ausstellungsobjekten noch an Präsentationsflächen größerer Schaden entstanden. Das Museum werde im März wieder öffnen.
Noch immer Grundwasser in Kellern
Im dritten Monat nach der Flut steht laut Heinl in einigen Kellern noch immer das Grundwasser. Es handle sich um ein Problem, das etwa auch Moosbierbaum (Marktgemeinde Atzenbrugg), Dürnrohr (Marktgemeinde Zwentendorf) oder Asparn (Marktgemeinde Langenrohr) betreffe. Hier sei „noch lange nicht an Normalität zu denken“. Häuser seien noch nicht trocken und daher nicht bewohnbar. In der Marktgemeinde Michelhausen liege die Zahl „im zweistelligen Bereich“.
Bei manchen Menschen bestehe weiterhin die Sorge, ob und wann ein derartiges Hochwasserereignis wieder passieren könne, so Heinl. An der Perschling werde längst gearbeitet. Schadhafte Dammstellen würden „mit Hochdruck repariert“, Lücken geschlossen und verstärkt. Alles sei behördlich angeordnet.
Die Arbeit der Schadenskommissionen sei bereits am 18. September angelaufen, blickte der Ortschef zurück. Und nur zwei Tage später seien erste Hilfsgelder bei Betroffenen eingelangt. Heinl erwähnte auch, dass auf einem von der Gemeinde eingerichteten Konto „bis heute“ Spenden eingehen würden.
Publikation zum Jahrestag
Das Ereignis habe jedenfalls den Zusammenhalt verstärkt und die Nachbarschaftshilfe gestärkt, betonte der Bürgermeister. Durchaus bewusst sei ihm, dass Weihnachten für jene nicht einfach werde, die zu den bevorstehenden Feiertagen noch nicht wieder zu Hause sein können. Dennoch glaube er, so Heinl, „dass wir uns mit den Erkenntnissen aus dem Hochwasser im Kopf heuer vielleicht ein Quäntchen mehr als sonst“ auf das Fest freuen. Fürs Vorankommen gelte es nach vorne zu schauen. „Die wichtigste Sicht ist Zuversicht.“
In Michelhausen geplant ist eine Publikation über das Hochwasser. Das Ereignis solle aufgearbeitet und für nachkommende Generationen festgehalten werden, sagte Heinl zur APA. Als Datum für die Präsentation ist der erste Jahrestag der Flut vorgesehen.