Nach 26 Jahren Bauzeit wurde am Donnerstag die bauliche Fertigstellung der 130 Kilometer langen Koralmbahn zwischen Graz und Klagenfurt gefeiert. Bis zum ersten regulären Zug im Dezember 2025 stehen laut ÖBB noch Testfahrten und Einschulungen für das Personal an. „Konkurrenzlos gut, konkurrenzlos schnell“ werde die neue Verbindung, sagte Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne). Künftig soll eine Fahrt zwischen Graz und Klagenfurt 45 Minuten dauern.
Die Eröffnung des Jahrhundertprojekts Koralmbahn ist in Sicht: Nach den letzten größeren baulichen Handgriffen beginnt mit Ende November die sogenannte Inbetriebnahmephase. „Man muss schauen, ob alles, was gebaut wurde, richtig funktioniert“, erklärte ÖBB-Chef Andreas Matthä beim neu gebauten Bahnhof Weststeiermark. In den kommenden Monaten sind mehr als 70 Testfahrten geplant, bei denen zum Beispiel Gleise, Stromzufuhr oder Lichter überprüft werden.
Lokführer und Rettungskräfte üben
Im ersten Quartal werde der Tunnel mit „dem Rest der ÖBB-Welt“ verknüpft, schilderte Projektleiter Klaus Schneider bei einer Führung im Tunnel. Anschließend sollen Testzüge mit bis zu 250 Kilometern pro Stunde im Rahmen der „Hochtastfahrten“ über die Gleise düsen. Die planmäßige Höchstgeschwindigkeit soll 230 Kilometer pro Stunde betragen.
Zentral sei zudem, das Fahrpersonal sowie Instandhalter einzuschulen. Lokführerinnen und Lokführer üben erst im Simulator, danach vor Ort. Auch die Rettungskräfte und Feuerwehren aus der Umgebung proben verschiedene Szenarien. „Sicherheit ist unser oberstes Gebot“, so Matthä, „obwohl wir uns wünschen, dass wir das nie brauchen“. Vor dem Fahrgastbetrieb ab Mitte Dezember 2025 soll bereits im Oktober der Güterverkehr starten, blickte Projektleiter Schneider voraus.
Neuer Wirtschaftsraum im Süden
Durch die Bahnverbindung entstehe ein neuer Wirtschaftsraum, denn „Verkehrsachsen ziehen wirtschaftliches Wachstum nach sich“, sagte die Kärntner Landeshauptmann-Stellvertreterin Gaby Schaunig (SPÖ). Kärnten rücke als ehemalige Grenzregion mit der Koralmbahn „in die Mitte Europas“. Die Baltisch-Adriatischen Achse „geht nun durch Österreich und Gottseidank nicht drumherum“, betonte der steirische Landesrat für Europa, Werner Amon (ÖVP). „Der Güterverkehr wird sich von der Straße auf die Schiene verlegen“, zeigte sich die auch steirische SPÖ-Umweltlandesrätin Ursula Lackner zuversichtlich.
„Es braucht auf allen Ebenen Aktionen – die großen Projekte und die kleinen“, sagte die wohl bald scheidende Klimaschutzministerin Gewessler. „Umsetzen, umsetzen, umsetzen“ sei weiterhin das Gebot der Stunde.
Gefahr von Hochwasserschäden gering
Nach den Schäden an der Westbahnstrecke infolge des Hochwassers Anfang September erklärte ÖBB-Chef Matthä, dass die Gefahr von ähnlichen Schäden im Koralmtunnel selbst gering sei. Durch das Dachprofil könne Wasser gut abrinnen. Auf Kärntner Seite gebe es auf der Koralmbahn allerdings zwei Lärmschutztunnel, die ähnlich jenen im Tullnerfeld seien. „Wir simulieren mit einem neuen Tool die Hochwasserausbreitung rund um unsere Bahnstrecken“, sprach Matthä mit der APA über die ÖBB-Risikoanalyse in Kooperation mit der Asfinag.
Die ersten Arbeiten an der Strecke der Koralmbahn starteten vor 26 Jahren, ab 2008 wurde am 33 Kilometer langen Koralmtunnel gebaut. Die Strecke von Graz nach Klagenfurt ist insgesamt 130 Kilometer lang, davon verlaufen in Summe rund 50 Kilometer in Tunnels. Die Gesamtkosten des Projekts belaufen sich laut ÖBB-Angaben auf rund 6,1 Milliarden Euro. Teilstücke der neuen Koralmbahn werden bereits vom Regionalverkehr bedient, sowohl auf steirischer als auch seit Dezember 2023 auf Kärntner Seite.