Es gleicht der Suche nach der sprichwörtlichen Nadel im Heuhaufen, die ein Forschungsteam mit Beteiligung aus Österreich auf Basis von Bildern des Hubble Space Telescope aus den vergangenen 20 Jahren hinter sich hat.
Daten der Bewegungen von 1,4 Millionen Sternen lassen auf die Existenz eines Schwarzen Lochs mittlerer Masse schließen, das sich näher an der Erde befindet als das supermassereiche Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße, so die Forscher im Fachblatt „Nature“.
Bleibt man beim Bild mit der Nadel im Heuhaufen, so kommt in der astronomischen Version davon erschwerend dazu, dass die Nadel unsichtbar ist. Das heißt, dass ein Schwarzes Loch nur indirekt „gefunden“ werden kann, indem Sterne von seiner Anziehungskraft ungewöhnlich rasch bewegt werden.
So konnte vor wenigen Jahren auch das erste Bild von dem supermassereichen Schwarzen Loch im Zentrum unserer Galaxie – der Milchstraße – nur indirekt erstellt werden. Selbiges hält sich in sicherer Distanz zur Erde in ungefähr 27.000 Lichtjahren Entfernung auf.
Dass sich eine solche Masseansammlung auch etwas näher an unserem Heimatplaneten im Bereich von Omega Centauri, einer markanten Ansammlung von rund zehn Millionen Sternen, befinden könnte, vermuteten Astronomen schon länger, wie es am Mittwoch in einer Aussendung des Max-Planck-Instituts für Astronomie (MPIA) in Heidelberg (Deutschland) und der Universität Wien heißt.
Mehr als 500 Aufnahmen des Hubble-Teleskop analysiert
Den Kugelsternhaufen nahmen die Wissenschafter nun anhand von mehr als 500 Aufnahmen genau unter die Lupe, die über viele Jahre vom Hubble-Teleskop von der in den südlichen Breitengraden am Nachthimmel mit freiem Auge auszumachenden Ansammlung angefertigt wurden.
Unter der Leitung von Maximilian Häberle analysierten Wissenschafterinnen und Wissenschafter, ob sich auf den Bildern tatsächlich Sterne finden, deren Position sich relativ schnell verändert. In akribischer Kleinarbeit offenbarten sich unter den 1,4 Millionen näher untersuchten Himmelskörpern sieben als sogenannte schnelle Sterne, „deren Geschwindigkeit nur dadurch erklärt werden kann, dass sie an ein massereiches Schwarzes Loch gebunden sind“, schreiben die Forscherinnen und Forscher in ihrer Arbeit.
18.000 Lichtjahre von der Erde entfernt
Aus den Informationen zu den beobachteten Bewegungen lasse sich das untere Limit seiner Masse mit 8.200 Sonnenmassen und die Entfernung zur Erde mit rund 18.000 Lichtjahren angeben. Damit habe man es hier mit dem ersten Nachweis eines mittelgroßen Schwarzen Loches, von dem man zwischen 150 und 100.000 Sonnenmassen spricht, zu tun.
Überdies könne man durch die neuen Analysen die Vermutungen bestätigen, dass es sich bei Omega Centauri tatsächlich um eine einst eigenständige Galaxie handelt, die sich die Milchstraße vor Milliarden Jahren sozusagen einverleibt hat.
Die Sternenansammlung sei jedenfalls „etwas ganz Besonderes. Als Kern einer ehemals selbstständigen Galaxie, die dann mit der Milchstraße verschmolz und dabei alle Sterne außer jenen der Kernregion verlor, ist Omega Centauri eine Art Momentaufnahme aus der Galaxienevolution“, so Glenn van de Ven, Studien-Co-Autor vom Institut für Astrophysik der Uni Wien. Die Wissenschafter gehen zudem davon aus, dass das Schwarze Loch inmitten von Omega Centauri seit der Fusion mit unserer Heimatgalaxie auch nicht weiter angewachsen ist.
Erster Beweis für mittelgroße schwarze Löcher
Die Entdeckungen werfen überdies neues Licht auf Theorien zu Entstehung von supermassereichen Schwarzen Löchern: Es sei nämlich möglich, dass sie aus Verbindungen mehrerer mittelgroßer Exemplare hervorgehen können. „Wir haben nun den ersten Beweis gefunden, dass es solche mittelgroße Schwarze Löcher tatsächlich gibt“, so Uni Wien-Forscherin Anja Feldmeier-Krause.
In einem Perspektivenartikel konstatieren auch Daryl Haggard von der McGill University und Adrienne Cool von der San Francisco State University (beide USA) den Autoren der neuen Studie „die besten Beweise bisher“ zusammengetragen zu haben, dass Omega Centauri ein Schwarzes Loch beherbergt. In Zukunft wollen die Wissenschafter etwa mit dem James Webb-Weltraumteleskops (JWST) noch genauer auf diese Region im All schauen.