Die Asfinag bleibt dabei: Eine Tunnelvariante statt der Erneuerung der Tiroler Luegbrücke auf der Brennerautobahn (A13) ist nicht drin. Das sei aus „technischer, fachlicher und sachlicher Einschätzung ausgeschlossen“, das Zeitfenster dafür längst geschlossen, sagte Geschäftsführer Stefan Siegele im APA-Interview. Der schlechte Zustand der Brücke sei in Österreich einzigartig. Ab 2040 muss auch die Europabrücke saniert werden.
Pfeifender Wind und Kälte trotz herbstlich milder Temperaturen empfangen Siegele unter der Luegbrücke im Zuge eines APA-Lokalaugenscheins. Stolz ragt das Tragwerk der Ende der 1960er-Jahre errichteten Trasse auf einer Seehöhe von 1.300 Metern empor. Trotz ihres wegen ihrer zwei Kilometer Länge imposanten Erscheinungsbildes ist die Brücke jedoch laut Asfinag „am Ende der Lebensdauer“ angekommen und muss neu gebaut werden. Das sorgt seit Jahren für ein „Theater und Hickhack“ um die längste Brücke der A13, das sich Siegele gerne erspart hätte – und das ihn seit 2019 immer wieder einholt, als auf einer Bürgerversammlung erstmals als Alternative der Bau eines Tunnels gefordert worden war.
Auch an diesem Herbstmorgen führt die Begehung den Alpenstraßen-Chef just zur Bushaltestelle „Lueg Mühlsteiger“ – fast wie ein Wink des Schicksals. (Mit-)verantwortlich für die andauernde auch rechtliche Auseinandersetzung zwischen der Autobahngesellschaft und der Gemeinde Gries am Brenner ist immerhin der streitbare Grieser Bürgermeister Karl Mühlsteiger, vehementer Verfechter der Tunnelvariante. Jüngst auch von FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl im Wahlkampf erhobene Ankündigungen, im Falle einer Regierungsbeteiligung doch auf eine Tunnelvariante umschwenken zu wollen, erteilt Siegele indes zumindest aus „technischer, sachlicher und fachlicher Einschätzung“ eine Absage.
Neben betrieblichen Gründen – wie dem schwierigen Umgang mit Stau bei einer Tunnellösung und der Steigung – ist dabei vor allem eines ausschlaggebend: Das längst geschlossene Zeitfenster für eine Tunnellösung. Würde eine solche angegangen, vergingen selbst im reibungslosen Fall wegen nötiger Verfahren wie der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) zehn bis 15 Jahre bis zur Fertigstellung: „Das wird die Brücke nicht halten“.
Denn die Brücke – laut Kickl ein „schiaches, grausliches Betonmonster“ – ist laut dem Betreiber in einem österreichweit so einzigartig schlechten Zustand, dass ab Jahresbeginn 2025 zwingend Einspurigkeit erforderlich ist. Und das unabhängig von einer ab Frühjahr dort geplanten Baustelle für einen Neubau bzw. eine Generalerneuerung, wie die Asfinag das 300 Millionen Euro teure Projekt bezeichnet. An besonders verkehrsreichen Tagen – konkret an rund 170 – will man immerhin durch ein Umlenken des Lkw-Schwerverkehrs auf den linken Fahrstreifen und damit die Fahrbahnmitte eine Zweispurigkeit ermöglichen. Damit gehe man an das Maximum dessen, was die Brücke aushalte, betont Siegele. Denn Sicherheit sei das oberste Gebot – und diese könne man mit dem jetzigen Vorgehen noch garantieren.
Gebaut werden soll an der Luegbrücke jedenfalls ab dem Frühjahr, man sei diesbezüglich „sehr zuversichtlich“, meint der Alpenstraßen-Chef später im ausführlichen Gespräch in der historischen, sich immer noch in Betrieb befindlichen Autobahnmeisterei Plon, an dessen knallig-oranger Fassade der ursprüngliche Schriftzug „Brenner Autobahn“ prangt. Es seien zwar noch Behördenverfahren offen, davon erwarte man sich jedoch eher mögliche zusätzliche Auflagen, keine Verzögerung des Projekts. Denn den Trassenbescheid habe man „unwiderruflich“ in der Tasche. Alsbald will sich die Asfinag also an den Neubau des Tragwerks neben der bestehenden Brücke machen. 2027 soll dieses als erster Meilenstein fertiggestellt und der Verkehr darauf umgeleitet werden. Dann bleibt noch die bestehende Brücke abzureißen und an gleicher Stelle ein zweites Tragwerk zu errichten, um 2030 die gesamte Brücke mit zwei Fahrspuren samt Pannenstreifen pro Richtung auf zwei Tragwerken fertigstellen zu können.
Eine Tunnelvariante wäre indes auch aus betrieblichen Gründen ein „Nachteil für alle Wipptalerinnen und Wipptaler“, verweist Siegele auf örtliche Gegebenheiten. Denn die Strecke ist mit zwei Kilometern nicht nur besonders lang, sondern befinde sich auch in einem Steigungsbereich. Bereits jetzt habe man auf der Luegbrücke nachweislich an 160 Tagen im Jahr Rückstau. Bei einem Tunnel müsste dann jedoch die Ampel auf Rot springen, der Verkehr würde sich in die Steigung zurückstauen. Der folgende „Stop-and-go“-Verkehr wäre gerade wegen des Lkw-Schwerverkehrs eine Belastung. „Und dann lassen wir es vielleicht noch schneien. Wir wissen alle, dass das Konzept dann nicht mehr funktionieren kann“, seufzt der Tiroler Autobahn-Chef, der von dem beißenden Wind rasch wieder in die schützende Umgebung seines Autos getrieben worden war.
Freundlicher präsentiert sich im Zuge der Begehung indes die – aufgrund ihrer Höhe weit imposantere – Europabrücke. Bei strahlendem Sonnenschein blickt Siegele vom südlichen Aussichtspunkt auf das 190 Meter hohe und nicht akut sanierungsbedürftige Bauwerk hinab. Sehr wohl ist die Brücke indes als Teil der Brennerautobahn unter Beobachtung und nach 2040 zur Sanierung vorgesehen. Davor soll hier „zwischensaniert“ werden. „Peu à peu“ erhält die in den 1960er-Jahren erbaute Strecke nun ein neues Gesicht und zusätzliche Stabilität. Ein Ende der Sanierungsphase ist indes nicht in Sicht: „Wenn wir fertig sind, fangen wir wieder von vorne an“, beschrieb der Autobahnchef den ewigen Kreis im Straßenbetrieb.
Weit vor der Europabrücke sind nun zeitnah die Mietzener Brücke und die Gschnitztalbrücke an der Erneuerungsreihe. 250 bis 350 Millionen Euro fließen seitens der Asfinag jährlich in Tirol in die Infrastruktur. Eine Gesamtsumme für die Generalsanierung der Brennerautobahn lasse sich indes nicht nennen – wohl aus oben genannten Gründen. Künftige „in der Pipeline“ befindliche Projekte lassen Siegele indes auf ein einfacheres Vorgehen wie bei der Luegbrücke hoffen: „Es wird keinen Tunnel geben“, meint der Asfinag-Manager mit Bezug auf die Europabrücke. Ebenso keine dritte Fahrspur für die A13. Sicher ist auch: Siegele wird wohl keinen Sprung von der von hier aus sichtbaren Bungee-Jumping-Ausstiegsstelle an der Seite der Europabrücke wagen: „Das ist gegen die Natur“, schmunzelt der Geschäftsführer und macht sich nach einem kurzen Abstieg auf zum nächsten Termin.
Eine politische Reaktion kam indes am Sonntag von den oppositionellen NEOS. „Ob es jetzt definitiv schon zu spät ist, auf eine Tunnel-Variante umzusteigen, wissen wir nicht, da wir lediglich die Meinung der Asfinag kennen“, wurde die Landtagsabgeordnete Birgit Obermüller in einer Aussendung zitiert. „Die Tiroler Landesregierung hat es zu keinem Zeitpunkt zugelassen, die Befürworter eines Lueg-Tunnels samt ihrer Expertise zu hören und beide Möglichkeiten gegenüberzustellen“, kritisierte Obermüller. „Objektive und transparente Politik schaut anders aus“, nahm die Landtagsabgeordnete auch Verkehrslandesrat Rene Zumtobel (SPÖ) in die Pflicht. Ein Dringlichkeitsantrag der Pinken mit dem Begehren eines Runden Tischs in der Causa war indes in der Landtagssitzung in der vergangenen Woche an den Ausschuss verwiesen worden.