Bischof Manfred Scheuer hat den Linzer Mariendom als „Stein gewordenen Glauben“ gewürdigt. Beim Festgottesdienst „100 Jahre Weihe des Mariendoms“ am Sonntag wies der Linzer Bischof auf die vielfältigen Funktionen des Gotteshauses hin, dieser sei Ort des Glaubens und des Gebets, aber auch Wohlfühlraum für Jugendliche, wie die kürzlich stattgefundene „SpiriNight“ mit mehr als 1.000 Firmlingen gezeigt habe.
Ebenso sei er Ort der Architektur und der Musik, wies Scheuer auch auf den Komponisten Anton Bruckner hin, der seit seiner Grundsteinlegung 1862 mit dem Dom verbunden sei.
Der Dom habe in seiner Geschichte vieles erlebt und gesehen, so Scheuer. „In das Gedächtnis des Mariendoms haben sich die Ereignisse der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, der Erste Weltkrieg, die Urkatastrophe, die heftigen Auseinandersetzungen zwischen den Sozialdemokraten und den Christlich Sozialen, mit dem Antisemitismus, der auch im kirchlichen Denken verankert war.“
Die Reliquien im Neuen Altar und das Gedächtnisbuch im Mariendom vergegenwärtigten Opfer und Täter in den Konzentrationslagern Mauthausen und Gusen, Ebensee und in Hartheim, erinnerte der Bischof.
Spuren hinterlassen hätten viele negative Dinge, wie Krieg, Elend, Verfolgung, aber auch Missbrauch und Gewalt in der Kirche, mahnte Scheuer. Aber auch vieles positive habe der Dom erlebt, etwa Integration, Liebe und Heimat, Barmherzigkeit, Humanität und Hoffnungsgeschichten im Allgemeinen. So sei die Geschichte des Mariendoms immer eine von „Sternstunden und Abgründen, eine Vorahnung von Versöhnung und Erlösung und vielleicht auch mystische Erfahrungen der Gottsuche“ gewesen.
Das Jubiläum der Domweihe gebe Anlass, ein Fest zu feiern, auch wenn weitaus nicht alles perfekt sei, so Scheuer. „Der derzeitige Zustand von Kirche und Gesellschaft ist alles andere als vollkommen.“ Es gelte, die Geschichte nicht zu verdrängen. Bei einem „Fest“ dürfe aber das Ganze des Lebens zur Sprache kommen: „Tod, Heil, Leid, Glück, Versagen, Verbindlichkeit, Gemeinschaft, Hoffnung, Liebe.“
So sei ein Fest auch immer eine Unterbrechung. „Es geht um einen Tag der Freude, des Dankes, der Gemeinschaft und Freundschaft, um das Zuteilwerden von etwas Geliebtem.“ So drücke es aus, „dass der Glaube zuerst einmal eine frohe und freimachende Botschaft ist“.
Letztlich gelte es, die Frage zu stellen „wozu ist der Mariendom da? Wozu sind wir als Kirche in Oberösterreich gut?“. Der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer habe bereits 1942 gefragt „sind wir noch brauchbar?“, so Scheuer. Letztlich sei der Dom „ein von Gott gegebener und geschenkter Ort“, so Scheuer.
„Bei einer Domweihe ist eine ganz starke Symbolik für die Kirche und für die Gesellschaft präsent.“ So gelte es, für den Mariendom „und damit für das Bauwerk unseres Lebens“ zu beten. Für „unserer Beziehungen, für die Kirche, für die Demokratie und für die Gesellschaft, für die Wirtschaft, für das Miteinander der Kulturen, Religionen und Nationen, für das Gehäuse des Menschen und der Schöpfung“, so Scheuer abschließend, “dass sie nicht zusammenfallen, nicht zusammenkrachen, nicht zusammenstürzen“.
Am 29. April 1924 wurde der Mariendom Linz nach 62-jähriger Bauzeit geweiht. Das Jubiläumsjahr anlässlich des 100-Jahr-Jubiläums wurde mit einem „Tag des offenen Doms“ und einem von Bischof Manfred Scheuer geleiteten Festgottesdienst am 28. April gestartet.
Daran schließt sich ein bunter Veranstaltungsreigen an: Die Diözese Linz kündigte u.a. Querverbindungen zum vor 200 Jahren geborenen ehemaligen Domorganisten Anton Bruckner, eine Sonderbriefmarke, Domcenter-Eröffnung mit multimedialen Rundgängen und das Projekt “DonnaStage“ mit feministischem Anspruch an.
Weitere Infos: www.100jahremariendom.at