140 neue Wohnplätze für Menschen mit Beeinträchtigung und eine Verbesserung der Chancen der Betroffenen, im ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, sind Schwerpunkte im Sozialressort des Landes im kommenden Jahr.
„In Oberösterreich wird die soziale Verantwortung gegenüber jenen, die nicht die gleichen Startvoraussetzungen haben, wahrgenommen“, betont Sozial-Landesrat Christian Dörfel am Montag: „Wir wollen, dass Menschen mit Beeinträchtigungen ein möglichst selbstbestimmtes Leben führen können. Dabei geht es um Menschenwürde und Teilhabe an der Gesellschaft. Und es geht um die Sicherheit für die Familien und Angehörigen.“
Wohnplatz spätestens bis zum 40. Geburtstag
„Die Lebenshilfe OÖ kämpft seit der Gründung 1964 für die Schaffung von Wohnplätzen und hat dabei schon viel erreicht. Wir sind uns mit der Politik einig, dass es wichtig ist, dass das Ausbauprogramm für Wohnplätze für Menschen mit Beeinträchtigungen fortgesetzt wird. Als starker Angehörigenverein ist es unser Ziel, dass jeder Mensch mit Beeinträchtigung zumindest bis zum 40. Geburtstag einen Wohnplatz hat und nicht mehr bei seinen dann bereits betagten Eltern leben muss“, sagt Stefan Hutter, Lebenshilfe OÖ-Präsident.
„Die Caritas setzt sich dafür ein, dass Menschen mit Beeinträchtigungen nicht länger am Rand des Arbeitsmarktes stehen müssen, sondern die Chance bekommen, ihren Platz mitten in der Gesellschaft einzunehmen. Denn Arbeit ist mehr als Einkommen – sie bedeutet Würde, Sicherheit und die Möglichkeit, Teil einer Gemeinschaft zu sein. Jeder Mensch verdient die Chance, mit seinen Fähigkeiten zu glänzen und Wurzeln in einem stabilen Alltag zu schlagen“, betont Stefan Pimmingstorfer, Vorstandsmitglied Caritas OÖ.
Insgesamt 628,7 Mio. Euro, knapp zwei Drittel des Sozialbudgets des Landes, stehen für Leistungen nach dem Chancengleichheitsgesetz (Oö. ChG) und damit für Menschen mit Beeinträchtigungen zur Verfügung. Unterstützt werden dadurch 13.326 Personen u.a. in den Bereichen Wohnen, Arbeit und fähigkeitsorientierte Aktivität, mobile Betreuung und persönliche Assistenz sowie Sucht/psychosoziale Dienste.
Derzeit stehen in Oberösterreich insgesamt 4.655 Wohnplätze für Menschen mit Beeinträchtigungen zur Verfügung. Insgesamt 23,9 Mio. Euro sieht der Oberösterreich-Plan für den laufenden Betrieb von Wohnplätzen für Menschen mit Beeinträchtigungen vor. Das von LH Thomas Stelzer angekündigte Ausbauprogramm wird auch im kommenden Jahr konsequent fortgesetzt.
Insgesamt 140 Wohnplätze sollen durch Wohnbauträger und Träger nach dem Oö. ChG 2025 errichtet werden, zwei zentrale Partner sind dabei die Caritas und die Lebenshilfe, die gemeinsam 85 der 140 Plätze realisieren. 103 Wohnplätze entstehen im vollbetreuten Wohnen, 25 Plätze im Bereich Begleitetes Wohnen, und 12 Plätze im Bereich Alternative Wohnformen
Schwerpunkt Chancen am 1. Arbeitsmarkt
Der Prozess „Arbeit und Inklusion“ soll den Weg in den ersten Arbeitsmarkt ermöglichen. Insgesamt 168,5 Mio. Euro sieht das Budget des Sozialressorts für Maßnahmen vor, die Menschen mit Beeinträchtigung die Möglichkeit einer Arbeit bzw. Beschäftigung geben. Das kann entweder in Form einer fähigkeitsorientierten Aktivität in Werkstätten oder Einrichtungen der Träger sein, in Form einer integrativen Beschäftigung direkt in Betrieben, in Form einer geschützten Arbeit oder einer beruflichen Qualifizierung. Derzeit gehen 6.778 Klienten in 686 Kooperationsbetrieben einer solchen Tätigkeit nach.
Die Integrative Beschäftigung, bei der die Caritas als Vertragspartner fungiert, ermöglicht Menschen mit Beeinträchtigung, in Unternehmen zu arbeiten – ohne Angestelltenverhältnis. Die Beschäftigten werden dabei von der Caritas begleitet. Aktuell sind dies 156 Menschen.
„Die Rückmeldung der Betriebe ist, dass sie merken, wie sich durch die Integration von Menschen mit Beeinträchtigungen das Klima in der Firma zum Positiven verändert, soziale Kompetenzen der eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern steigen“, so Caritas-Vorstand Pimmingstorfer.
Derzeit kooperiert die Caritas in diesem Bereich mit 48 Betrieben. Ziel für 2025 ist es, noch mehr Menschen mit Beeinträchtigung Chancen am 1. Arbeitsmarkt zu geben. Gemeinsam mit der Wirtschaftskammer OÖ, Trägerorganisationen und weiteren Beteiligten wurde der umfassende Prozess „Arbeit und Inklusion“ gestartet, um die Teilhabe von Menschen mit Beeinträchtigungen am ersten Arbeitsmarkt zu verbessern und Arbeits- und Tätigkeitsmodelle direkt in Betrieben auszubauen. Als Ergebnis wurden sechs Handlungsfelder mit insgesamt 25 Maßnahmen präsentiert, die sich derzeit in Umsetzung befinden und 2025 erste Erfolge bringen sollen.
OÖ Inklusionszuschuss
Unternehmen bzw. Gemeinden, die Menschen mit Beeinträchtigungen am ersten Arbeitsmarkt anstellen, wird ein Inklusionszuschuss in Höhe von bis zu 1.276 Euro pro Monat gewährt. Erste Anträge für die Ausbezahlung eines Inklusionszuschusses wurden bereits gestellt.
Beschäftigungsmodell „Arbeitskräfteüberlassung Inklusiv“
Beschäftigungsmodell „Arbeitskräfteüberlassung Inklusiv“ als „Probezeit“ ohne Risiko für Betroffene und Unternehmen: Zielgruppe sind z. B. Personen in der Fähigkeitsorientierten Aktivität (Werkstätten oder Betriebe), Geschützten Arbeit (Werkstätten), welche als Leasingkräfte in Unternehmen am 1. Arbeitsmarkt befristet auf ein Jahr Anstellung finden. Nur geleistete Stunden werden gegenüber den Unternehmen verrechnet, die
„Arbeitskräfteüberlassung Inklusiv“ ist für Unternehmen wesentlich günstiger als die üblichen Tarife für Leasingkräfte, die Differenz wird vom Land OÖ finanziert. Unternehmen haben kein Risiko bei z.B. krankheitsbedingten Ausfällen, sowohl Unternehmen als auch Arbeitnehmer können über einen einjährigen Zeitraum beurteilen, ob die Tätigkeit für beide gut passt
Seit Juni 2024 betreibt die Caritas mit der Kontur GmbH mit zwei Standorten in Linz und Ried die Inklusionsservicestelle OÖ, ein Service-Center für Unternehmen, u.a. zur aktiven Akquise von Arbeitsplätzen und als Anlaufstelle für Unternehmen: Das Betriebsservice Arbeit inklusiv ist beim bestehenden Betriebsservice des Sozialministeriumsservice angedockt und wurde inhaltlich um die Zielgruppe mit Vermittlungspotenzial nach dem Oö. ChG erweitert.
Dies hat den Vorteil, dass es für Unternehmen einen Ansprechpartner gibt, die Unternehmen nicht nach Zuständigkeiten differenzieren müssen und auf ein größeres Arbeitskräftepotential zurückgegriffen werden kann. Erstmals wurde mit der Inklusionsservicestelle eine einheitliche Anlaufstelle für Menschen mit Beeinträchtigungen und Firmen geschaffen.
In der Inklusionsservicestelle kooperiert die Inklusionsberatung für Menschen mit Beeinträchtigungen mit dem Betriebsservice ChG, das für die Firmenakquise zuständig ist, und den Arbeitskräfteüberlassern (AKÜ) JONA und FAB, die in der Funktion einer Leasingfirma mit den Betrieben am 1. Arbeitsmarkt zusammenarbeiten.
Diese einjährige „Probezeit“ soll es dem Betrieb leichter machen zu überprüfen, ob die Zusammenarbeit passt. Über die Inklusionsberatung wurden bis Mitte November 2024 bereits 34 Stellen akquiriert.