Bluttat im Mühlviertel – Jäger starb wohl bereits am Tattag

Nach der Tötung zweier Menschen im Mühlviertel Ende Oktober hat eine insektenkundliche Analyse nun Aufschlüsse gebracht, wann sich der Täter das Leben genommen hat: Laut „Vorab-Gutachten“ dürfte der Jäger am 28. Oktober – dem Tattag – gestorben sein, teilte die Staatsanwaltschaft Linz am Montag mit. Seine Leiche war erst am 2. November in Altenfelden gefunden worden. Bis dahin herrschte Ausnahmezustand, weil befürchtet wurde, der Bewaffnete könnte sich verschanzt haben.

In der Zusammenschau sämtlicher erhobener Befunde sei eine Liegezeit der Leiche von fünf Tagen als wahrscheinlich anzusehen, so die Staatsanwaltschaft. Vor allem aus entomologischer (insektenkundlicher) Sicht sei eine Leichenliegezeit von weniger als 48 Stunden vor dem Tag des Auffindens auszuschließen. Damit steht wohl fest, dass sich der Täter vor Auffinden seines Fluchtautos das Leben genommen hat.

Insektenlarven untersucht

Das Ergebnis des Vorab-Gutachtens basiere auf mehreren Befunden, erläuterte die Staatsanwaltschaft. So wurden am Auffindeort des Toten sowie im Zuge der Obduktion Larven sichergestellt und vom gerichtsmedizinischen Institut Salzburg für die weitere Untersuchung im forensisch-entomologischen Labor der Rechtsmedizin in Frankfurt am Main vorbereitet. Auch von der Leiche wurden Gewebeproben genommen, um den Proteinabbau zu rekonstruieren und so auf den Todeszeitraum zu schließen.

Der 56-jährige Jäger hatte am 28. Oktober zwei Männer umgebracht, mit denen er wegen jagdlicher Themen aneinandergeraten war. Innerhalb von eineinhalb Stunden tötete er in Fraunschlag (Gemeinde Altenfelden) einen Bürgermeister aus der Region und im benachbarten Arnreit (beides Bezirk Rohrbach) einen ehemaligen Jagdleiter mit gezielten Kopfschüssen. Der Täter flüchtete mit seinem Auto, dann verlor sich seine Spur.

Tagelang Ausnahmezustand in Altenfelden

Man ging sicherheitshalber davon aus, dass der Mann noch lebt, dass er bewaffnet und gefährlich ist und sich irgendwo, beispielsweise in seinem Jagdrevier, verschanzt haben könnte. 50 Personen aus seinem Umfeld standen zwischenzeitlich unter Polizeischutz, Allerheiligenprozessionen wurden abgesagt. In Altenfelden und Umgebung herrschte Ausnahmezustand. Ein Großaufgebot von schwer bewaffneten Einsatzkräften durchsuchte Wälder, teils auch Gärten und arbeitete Hunderte Hinweise aus der Bevölkerung ab.

Vier Tage nach der Tat wurde in einem Waldstück nahe dem ersten Tatort das Fluchtauto gefunden, noch einen Tag später einige hundert Meter entfernt die Leiche des Jägers. Er hatte sich selbst das Leben genommen, ergab eine Obduktion. Allerdings war es im Rahmen der Autopsie noch nicht möglich, belastbare Aussagen zum Zeitpunkt bzw. einem möglichen Todeszeitraum zu machen.

Fluchtauto blieb offenbar unentdeckt

Wann der Todesschütze gestorben ist, war vor allem deshalb interessant, weil die Polizei den Bereich, in dem das Fluchtauto gefunden wurde, bereits nach der Tat abgesucht, aber den Wagen nicht entdeckt hatte. Deshalb – und weil es eine Meldung eines Zeugen gab, der in der Nacht auf den 1. November ein Auto im Wald gehört hatte – war man zu dem Schluss gekommen, dass der Täter noch tagelang unterwegs war und erst kurz vor Auffinden des Wagens an den Tatort zurückkehrte. Das Gutachten spricht aber eher dafür, dass der Wagen schon länger im Wald gestanden ist und unentdeckt geblieben sein dürfte.

Einsatz wird evaluiert

„Eine Nachschau der Einsatzkräfte am 29.10.2024 gegen 10 Uhr in der Nähe der Örtlichkeit des späteren Auffindungsortes des Fahrzeuges des mutmaßlichen Täters verlief ergebnislos“, betonte die Landespolizeidirektion (LPD) Oberösterreich Montagnachmittag in einer schriftlichen Stellungnahme. Eine Evaluierung des Einsatzes sei bereits eingeleitet worden.

Die Situation vor Ort sei „sehr dynamisch“ gewesen, oberstes Ziel sei der Schutz weiterer gefährdeter Personen sowie der gesamten Bevölkerung gewesen, die Eigensicherung der Einsatzkräfte habe ebenfalls „eine sehr sorgsame Vorgangsweise“ erfordert, verteidigte die LPD den Einsatz. Der Gesuchte sei aufgrund der bereits verübten Taten als hochgradig gefährlich einzustufen gewesen. Etwa 400 Hinweisen aus der Bevölkerung sei nachgegangen worden. „Der Suchradius fokussierte sich zuerst auf das Gebiet zwischen Großer und Kleiner Mühl, weil für diesen Bereich einige Hinweise eingelangt sind“, während sich der Auffindungsort der Leiche im Bereich von Partenreit befunden habe. Zeitgleich sei ein rund 100 Quadratkilometer großes, teils schwer zugängliches Areal durchsucht worden, zudem sei „eine effiziente und sichere Durchsuchung von dichtbewaldetem Gebiet nur bei Tageslicht möglich“ gewesen.

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